Mathematisch/physikalisch begabte Motorradfahrer?

Diskutiere Mathematisch/physikalisch begabte Motorradfahrer? im Motorrad allgemein Forum im Bereich Community; ich mache mich anheischig, eine Vielzahl von "vernünftigen Motorrädern" auf einer Vielzahl von "Qualitätsreifen" gefahren zu haben, und...
Uli G.

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Danke!

Es spiet beides eine Rolle und noch vieles mehr. Aber nicht alles in jedem Zusammenhang - die Schwierigkeit ist, die für ein gewisses fahrphysikalisches Phänomen verantwortlichen wesentlichen Faktoren und Ursachen herauszukristallisieren und damit eine sinnvolle Argumentation aufzubauen. Wenn ich oben geschrieben habe, "vergiss den Nachlauf", dann nur in dem Zusammenhang, in dem das gerade steht.

Der MOTORRAD-Artikel ist wie gewohnt von hoher Qualität, berücksichtigt aber die Kreiselkräfte nicht. Dies natürlich deswegen, weil es darin primär um Nachlauf und Lenkkopfwinkel geht und nicht um Handlichkeit. Für die unmittelbaren Auswirkungen der Lenkgeometrie braucht es den Kreisel eben nicht. Für die mittelbaren hingegen sehr wohl, aber das würde den Rahmen des Artikels sprengen. In einem entsprechenden Artikel über 'Handlichkeit' hingegen könnten/dürften die Kreiselkräfte nicht mehr außer acht gelassen werden, weil diese in diesem Zusammenhang eine wesentliche Rolle spielen.

Was erst mal bleibt, ist die Beobachtung, dass ein vernünftiges Motorrad auf neuwertigen Qualitätsreifen neutrale und stabile Kurvenbahnen zieht, nahezu frei von Lenkkräften. Das ist Fakt, und darüber diskutiere ich nicht. :)

Gruß
Serpel
ich mache mich anheischig, eine Vielzahl von "vernünftigen Motorrädern" auf einer Vielzahl von "Qualitätsreifen" gefahren zu haben, und widerspreche dieser Verallgemeinerung entschieden.
Im übrigen solltest Du, wenn schon verallgemeinernd, Verallgemeinerungen (einfach "Vereinfachungen") immer berücksichtigen, nicht immer nur an Dir/Deinen Thesen genehmen Stellen. Der "Latsch" ist ein relativ unbekanntes Gebilde bzgl. der innerhalb desselben auftretenden Kräfte, der "Aufstandspunkt" ist eine (fast jedermann verständliche zu machende) Vereinfachung, die eine näherungsweise Berechnung der physikalischen Auswirkungen ermöglicht. Kräfteverteilungen innerhalb des Latsches sind völlig nebensächlich, lediglich die nach "außen" auftretende Wirkung (Moment um die Lenkachse, hervorgerufen durch Krafteinwirkung am exzentrischen "Aufstandspunkt"), ist von Belang. Ebenso, wie auch der Einfluß des Nachlaufes (recht einfach zu berechnen bei bekannter Geometrie des Fahrwerks, mit der Unsicherheit der genauen Lage des "Aufstandspunktes" bei dynamischen Verformungen des Latsches), der immer eine Einfluss hat, nicht nur, aber auch in Schräglage.

Sorry,
aber wäre alles so einfach, wie Du es teilw.se versuchst darzustellen, hätte jeder MotoGP-Fahrer ein Display, in dem ihm positive/negative Beschleunigungen, Einlenkpunkte, erfordeliche Schräglagewinkel und die vorhandenen Abweichungen, sowie erforderlicher Korrekturmaßnahmen etc. angezeigt würden (o. der Bordcomputer würde die erforderlichen Änderungen der Fahrzustände selbsttätig einleiten ;)).
Ist aber nicht so (obwohl ebenda sicher mehr "mathemtisch/physikalisch" begabte "Koniferen" ;) unterwegs sind, als dahier).


Grüße
Uli
 
Serpel

Serpel

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Moin Uli,

bist du sicher, dass du verstanden hast, was ich geschrieben habe? :p

Gruß
Serpel
 
beiker

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Einfach "die Lösung" komplett darstellen ist wohl unmöglich weil es "die Lösung" nicht gibt;)
Aber es sind sehr interessante und (zumindest von mir) nicht berücksichtgte Sachen so einfach erklärt worden, dass auch ich sie mehr und mehr verstehe ....
Das find ich schon mal klasse:)
Ich denke, natürlich könnte man den Latsch erstmal vergessen wenn nicht....
Nochmal langsam:
Der Latsch besitzt für uns entscheidende Aufstandpunkte (Natürlich ist es ein Oval aber für uns entscheidend sind die Punkte rechts und links hier für uns entscheident)
Normalerweise könnte man davon ausgehen, die beiden Kräfte (ausgelöst durch die unterschiedlichen Radumfänge) heben sich gegneinander auf. Das tun sie aber beim Motorrad nicht.
Nochmal noch langsamer bzw. ich versuche nochmal weiter vorne zu beginnen:
Der Nachlauf löst zu geringen Teilen das aufrichten aus.
Der Rollwiderstand (je größer der Latsch umso größer der Rollwiderstand) ist in Schräglage auf der kurveninneren Seite und zieht damit die Lenkkräfte auch zum Kurveninneren, löst damit auch das Aufstellen aus.
Was serpel allerdings erklärt hat:
Der unterschiedliche Radumfang bei den beiden Aufstandspunkten (rechts und links, siehe weiter oben) löst das Aufstellen aus.
Normalerweise könnte man davon ausgehen, das sind nur zwei Kräfte die gegeneinander arbeiten und sich damit neutralisieren.
Da aber die kurveninnere Seite das Latsches (mit weniger Radumfang) im Kurveninneren ist, ist sie nur im Bezug auf das Motorrad weiter von der Drehachse vom Lenkkopf. Damit hat sie einen größeren Hebelarm zur Verfügung und wird damit das Aufstellen auchnoch fördern;)

Ich habe jetzt keine Ahnung ob ich mich verständlich ausgedrückt habe......auf korrekte physikalisch Fachausdrücke müsst ihr auf jeden Fall bei meinem Beitrag verzichten:cool:

Gruß
Berthold
 
Serpel

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So - endlich hab ich Zeit gefunden, die Parabelbahn noch weiter zu optimieren. Ich bin schlussendlich bei der Ellipse gelandet, von der ich glaube, dass sie bei diesem speziellen Problem die optimale Lösung darstellt, also nicht weiter verbessert werden kann. Im Unterschied zum Parabeloval, bei dem die resultierende Beschleunigung stets parallel zu einer der Koordinatenachsen wirkt, besitzt diese Kraft bei der Ellipse eine stärker eindrehende Komponente, wodurch Unstetigkeiten der zweiten Ableitung vermieden werden. Das spart weitere Zehntelsekunden!

Zum Vergleich die drei Bahnen:

vergleich2.png

Zur Erinnerung: Die (blaue) Biradialbahn ist in 14.2 s zu bewältigen, das (türkise) Parabeloval in deutlich schnelleren 13.2 s und die (rote) elliptische Bahn nun schließlich in ziemlich genau 12.9 Sekunden. Das liegt nur noch eine Zehntel Sekunde über dem theoretisch erreichbaren absoluten Minimum von 12.8 Sekunden!

Und ebenfalls zur Erinnerung: die drei Bahnen besitzen im Scheitelpunkt jeweils exakt die gleiche Krümmung.

Gruß
Serpel
 
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beiker

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Da sind nach bisheriger zusammengebrachter Theorie aber fehler drin?
Wenden geht mit niedriger Geschwindigkeit am schnellsten....
Beschleunigen in Schräglage am besten....
 
Serpel

Serpel

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Bisher zusammengebrachte "Theorie"? :rolleyes:

Lies dir nochmals die erste Antwort in diesem Strang durch - dort wird bereits festgehalten, dass man die Fragestellung nur unter idealisierenden Voraussetzungen mit vertretbarem Aufwand lösen kann. Diese Voraussetzungen müssen erstmal beinhalten, dass das Motorrad stets an der maximalen Haftungsgrenze unterwegs ist und dass diese konstant ist (ich hab mal 9.81 m/s^2 genommen).

Die bisher zusammengebrachte Theorie war großteils nur geeignet, das Thema so weit zu zerreden, bis am Ende jeder was gesagt hat, die Lösung des Problems aber in noch weitere Ferne gerückt ist als sie am Anfang bereits war, weil das Problem selbst gar nicht mehr klar definiert ist.

Also bitte immer konstruktiv bleiben, sonst wird das nix.

Gruß
Serpel
 
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TomTom-Biker

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Was bereits schätzungsweise 80 Beiträge weiter vorne schon so angedeutet wurde.

Gruß
 
Serpel

Serpel

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Ich hab oben als Begründung für das weitere Einsparen von 3 Zehntel Sekunden gegenüber der aus vier Parabelbogen zusammengesetzten Bahn das Fehlen von Unstetigkeiten der zweiten Ableitung (Beschleunigung) angegeben. Gemeint ist damit der abrupte Wechsel des resultierenden Beschleunigungsvektors von der y-Richtung zur x-Richtung beim Übergang der schmalen Parabelbogen zu den breiten, schwach gekrümmten. Somit bleibt die Geschwindigkeitskomponente in y-Richtung auf den letztgenannten konstant, d. h. der Fahrer muss hier vom Gas und kann nicht weiter beschleunigen.

Genau dieses wird bei der elliptischen Bahnkurve dadurch vermieden, dass nach Durchlaufen des Scheitelpunktes am Pylon nicht ganz so scharf ans Gas gegangen wird und der Bogen gerade so weit zu gemacht wird, dass bis zur Hälfte des Weges zwischen den Pylonen das Gas mehr oder weniger stehen gelassen werden kann. Erst beim Erreichen dieses zweiten Scheitelpunktes muss das Gas geschlossen und die Bremse gezogen werden. (Das ist dann natürlich auch eine Unstetigkeit der zweiten Ableitung).

Ich hab mal für das erste Viertel der Bahnkurve (blau) auch die Geschwindigkeit (rot) und die Beschleunigung (grün) geplottet. Entscheidend ist die konstante Länge des Beschleunigungsvektors, welche durch die kreisförmige Bahn mit konstantem Radius von 9.81 belegt wird. Die Geschwindigkeit variiert zwischen 28 km/h an der langsamsten Stelle bis 108 km/h an der schnellsten. Alle drei Kurven werden (simultan) im Gegenuhrzeigersinn durchlaufen.

s:v:a.jpg

Gruß
Serpel
 
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Uli G.

Uli G.

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Moin Uli,

bist du sicher, dass du verstanden hast, was ich geschrieben habe? :p

Gruß
Serpel
Yep,
zumindest was Dein letzte Einlassung angeht, bin ich ziemlich sicher: Du stellst eine -nicht bewiesene- These in den Raum und verweigerst die Diskussion, ohne dafür eine auf Formeln/Herleitungen/Zahlen basierende Begründung zu liefern.

Auch hier

So - endlich hab ich Zeit gefunden, die Parabelbahn noch weiter zu optimieren. Ich bin schlussendlich bei der Ellipse gelandet, von der ich glaube, dass sie bei diesem speziellen Problem die optimale Lösung darstellt, also nicht weiter verbessert werden kann. Im Unterschied zum Parabeloval, bei dem die resultierende Beschleunigung stets parallel zu einer der Koordinatenachsen wirkt, besitzt diese Kraft bei der Ellipse eine stärker eindrehende Komponente, wodurch Unstetigkeiten der zweiten Ableitung vermieden werden. Das spart weitere Zehntelsekunden!

Zum Vergleich die drei Bahnen:

Anhang anzeigen 113108

Zur Erinnerung: Die (blaue) Biradialbahn ist in 14.2 s zu bewältigen, das (türkise) Parabeloval in deutlich schnelleren 13.2 s und die (rote) elliptische Bahn nun schließlich in ziemlich genau 12.9 Sekunden. Das liegt nur noch eine Zehntel Sekunde über dem theoretisch erreichbaren absoluten Minimum von 12.8 Sekunden!

Und ebenfalls zur Erinnerung: die drei Bahnen besitzen im Scheitelpunkt jeweils exakt die gleiche Krümmung.

Gruß
Serpel
fehlen Formeln u. Zahlen. Es kann doch nicht so schwer sein, Ableitungen des Ortes nach der Zeit bis zur dritten Ableitung darzustellen, auch wenn der Zeichensatz dahier das nicht hergibt, oder? Komplette Formeln o. Näherungen zu liefern, mittels derer Du Dir die fahrphysikalischen "Einsichten" verschafft hast?

Und, nur zum allgem. Verständnis: Was bitte verstehst Du unter "Was erst mal bleibt, ist die Beobachtung, dass ein vernünftiges Motorrad auf neuwertigen Qualitätsreifen neutrale und stabile Kurvenbahnen zieht, nahezu frei von Lenkkräften. Das ist Fakt, und darüber diskutiere ich nicht. :)"

In einem anderen Fred hast Du Dich ja schon mal zu -der auch dort unbegründeten- Behauptung verstiegen"Aber um so was zu verifizieren, braucht 's ein richtiges Motorrad. Nicht so wackliges Doppelschleifen-Gelumps ... ".
Wie gewohnt :rolleyes:, ohne eine wirkliche Begründung zu liefern (R69S, Federbettrahmen, R90.... sind also wackliges Gelump? Na "Danke"! Das zeigt allerdings lediglich auf, daß Du "wackliges Gelump" noch nicht gefahren hast. Die Gnade der späten Geburt??? Kawa H1 Mach123, 900 Z1, Goldwing der ersten Stunde, andere Hersteller standen nur selten nach:().

Also "Butter bei die Fische", Formeln, Zusammenhänge, konkretes, nicht nur "ich bin zu der Einsicht gelangt" (genauer Text: " von der ich glaube, dass sie bei diesem speziellen Problem die optimale Lösung darstellt, also nicht weiter verbessert werden kann").
Was also willst Du uns sagen, ohne dabei etwas zu sagen?

Grüße
Uli
p.s.
Dachförmige Reifen waren, wenn auch nicht für jedermann:rolleyes: fahrbar, eine zeitlang das Nonplusultra für Rennreifen. Nat. war das weit vor Deiner Zeit, so etwa, als es noch keine "Qualitätsreifen", und nur "wackliges Gelump" als Fahrwerk gab:cool:.

@beiker
Falscher Ansatz!
Es ist absolut egal, wie die Kräfteverteilung im Latsch ist!
Einzig entscheidend (und wirksam) ist die Summe der im Latsch wirkenden Kräfte, wobei wir dann wieder beim fiktiven "Aufstandspunkt" wären. Die dort bzgl. der Lenkachse wirkenden Kräfte (als Summe der im Latsch wirkenden solche) spielen eine Rolle und tragen zum Aufstellen bei (wenn "beschleunigte" Fahrt, "BREMSEN" vorliegt), oder auch nicht. Der "Aufstandspunkt" wiederum ist von vielen Dingen abhängig, als da wären Reifencontour, Luftdruck im Reifen, wirkende Gewichtskraft der Maschine, Steifigkeiten sowohl in Karkasse/Lauffläche als auch den Reifenflanken etc. Da ist keine einfache Lösung im "Hausfrauendreisatz" möglich:(, auch wenn man Dir das mit (zumindest bisher) nicht sichtbar schlüssig begründeten Behauptungen weismachen will:rolleyes:.
 
beiker

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Naja, ich nehme für mein physkalisches Halbwissen auf jeden Fall al den 50/50 Joker...daher hab ich auch mein Halbwissen:cool:

Ich habe auf jeden Fall noch nie ein Moped gefahren, was eine gleichmäßige Kurvenbahn ohne Einfluss weiter fährt...meine Mopeds habensich immer aufgerichtet;)
Ich habe auch noch nie ein einzelnes Rad gesehen, was bei ausreichend Geschwindigkeitsich nicht wieder aufgerichtet hat....
Fast gleichmäßige Kurven sind nur in der Endphase des Rollens zu beobachten;)

Gruß
Berthold
 
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Moin Uli,

wenn du Probleme mit dieser etwas provokanten These hast, nimm es einfach umgekehrt als Definition eines "vernünftigen" Motorrads auf "Qualitätsreifen". Motorräder, die in Schräglage kräftefrei am Lenker sind, gehören dazu, alle anderen nicht. Und da es mit der S 1000 RR mindestens ein Motorrad gibt, das gemäß dieser Definition nachweislich vernünftig ist, macht sie sogar Sinn.

Falls du noch nie in den Genuss kräftefreien Kurvenzirkelns gekommen sein solltest, hast du echt was versäumt und vermutlich das falsche Motorrad. In dem Fall kann ich dir nur empfehlen, schnellstmöglich auf ein vernünftiges Motorrad mit neuwertigen Qualitätsreifen umzusteigen. Es lohnt sich.

Damit ist auch die Frage nach dem "wackeligen Doppelschleifen-Gelumps" einer Kawasaki W 650 beantwortet.

Was die Formeln und Zusammenhänge betrifft: Ich nehme an, du kennst dich mit Differentialgeometrie aus, sonst würdest du dich nicht auf eine Diskussion zu diesem Thema einlassen. Das Problem war, eine Parametrisierung der Ellipse zu finden, die einen Beschleunigungsvektor konstanter Länge (9.81 m/s^2) besitzt. Das ist von der Theorie her ganz einfach, die Berechnung dafür allerdings nur rechnergestützt möglich und kann hier nicht so einfach wiedergegeben werden. Den Ortsvektor zweimal ableiten geht noch, aber beim Betrag wird’s echt heftig. Und dann die Parametrisierung so anzupassen, dass dieser den konstanten Wert 9.81 liefert, dazu bedurfte es bereits des Einsatzes mittelschwerer Geschütze aus der numerischen Mathematik.

Aber guck dir nochmals das letzte Diagramm mit Orts-, Geschwindigkeits- und Beschleunigungsvektor für das erste Viertel der Bahnkurve an - vielleicht hilft’s.

Gruß
Serpel
 
Serpel

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Weil vermutlich nicht alle damit vertraut sind, solche Diagramme zu lesen, hab ich mal die Geschwindigkeits- und Beschleunigungsvektoren für fünf ausgewählte (Zeit-)Punkte hergenommen und an die entsprechenden Punkte der Bahnkurve gelegt. Das wirkt dann gleich viel anschaulicher und kann intuitiv erfasst werden.

s:v:a Pfeile.jpg

Die Geschwindigkeitsvektoren (rot) sind selbstverständlich tangential zur Kurve und ihre Länge wächst von knapp 8 m/s = 28 km/h im Scheitelpunkt am Pylon zum schnellsten Punkt der Kurve mit etwa 30 m/s = 108 km/h. Die resultierende Beschleunigung (grün) ist während der gesamten Bewegung am äußersten Limit des Kammschen Kreises mit 9.81 m/s^2, aber die Richtung variiert. Wird im Umkehrpunkt der Bahn bei den Pylonen die gesamte Haftreibung der Reifen dafür gebraucht, die nötige Schräglage von 45° zu halten, so dreht sich diese Kraft im Verlauf der Bewegung weiter in Richtung der Fahrtrichtung. Und zwar gerade so viel, dass einerseits ein möglichst großer Anteil in Richtung des anderen Pylonen hin wirkt, und andererseits die "Kurve" im dazwischen liegenden Scheitelpunkt - im Gegensatz zur Parabelbahn - gerade noch "gekriegt" wird. Auf diese Weise wird der Anteil der Kraft, der das Motorrad möglichst rasch in Richtung des jeweils anderen Pylonen hin beschleunigt bis zum Schluss aufrechterhalten und gleichzeitig der Anteil, der lediglich dazu dient, das Motorrad "umzudrehen", gleichmäßig über den gesamten Verlauf aufgeteilt, was der Rundenzeit offenbar zuträglicher ist als dieses "in Portionen zu bündeln".

Als nächstes werde ich den Winkel zwischen den roten und grünen Pfeilen genauer unter die Lupe nehmen - der sieht über einen weiten Bereich ziemlich konstant aus.

Gruß
Serpel

- - - Aktualisiert - - -

Dieser Winkel lässt nämlich direkte Rückschlüsse auf die gefahrene Schräglage zu. Hier für das erste Viertel der Bewegung, also für die ersten 3.22 Sekunden. Nach rechts die Zeit, nach oben die Schräglage des Motorrads:

schraeglage.jpg

Im Scheitelpunkt am Pylon wird die maximale Schräglage von 45° erreicht, danach nimmt sie rasch bis zum Minimalwert von 27.5° ab, um danach wieder bis 33° am schnellsten Punkt der Strecke anzusteigen. Das bedeutet, dass die größte Beschleunigung in Fahrtrichtung nach 2.25 Sekunden erreicht wird, um bis zum zweiten Scheitelpunkt wieder leicht abzunehmen. Dort wird die restliche zur Verfügung stehende Haftung also benutzt, um die Kurve zum zweiten Pylon noch zu kriegen.

Das widerspiegelt die Erfahrung, dass niedrige Geschwindigkeiten nach Möglichkeit zu meiden sind und dafür lieber ein kleiner Umweg mit höheren Geschwindigkeiten in Kauf genommen wird. Allerdings nur ein kleiner.

Ganz schlecht für Rundenzeiten sind Kreisbogen - wer auf kurvenreichen Straßen einen Kreisbogen nach dem anderen auf den Asphalt zaubert, darf sich nicht wundern, wenn er von der "Ellipsenfraktion" locker aufgeschnupft wird, selbst wenn er mit maximaler Schräglage unterwegs ist. Maximale Schräglage nur kurz im Kurvenscheitelpunkt - davor und danach wird die Reifenhaftung gewinnbringender für Beschleunigung in Fahrtrichtung eingesetzt. Allerdings nur bei sehr leistungsstarken Motorrädern, die Beschleunigungen wie für das Beispiel vorausgesetzt auch erlauben.

Insgesamt eine äußerst komplexe, schillernde und interessante Thematik.

Gruß
Serpel
 
Serpel

Serpel

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Die Kurve kann in jedem beliebigen Punkt beliebig weiter geführt werden. Richte die Maschine im Punkt (0,17.627) auf und fahre geradeaus weiter, dann sind deine Vorgaben erfüllt. Der kurze Moment des Aufrichtens ist in den Berechnungen selbstverständlich nicht berücksichtigt und wird in der Praxis etwas geglättet, was sich im Zehntelsekundenbereich vermutlich aber noch nicht bemerkbar macht.

Bei der betrachteten Bahnkurve ist in eben diesem Punkt ohnehin eine Unstetigkeitsstelle der zweiten Ableitung (Beschleunigung) vorgesehen, die durch den abrupten Wechsel von Gas zu Bremse zu Stande kommt.

Gruß
Serpel
 
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