marss73
Themenstarter
Siebentausend Kilometer! Dabei hatte ich doch extra vor der Skandinavientour noch die 10.000er Inspektion machen lassen.
Als ich zurückkomme, liegt ein Brief meines BMW-Händlers im Briefkasten, abgeschickt kurz nach meiner Abreise: "...festgestellt, dass in einigen Fahrzeugen des Modells F 800 GS Steckachsen des Vorderrads mit Herstellungsfehlern verbaut sein können". Aha. "... starke Belastung... Beschädigung... im ungünstigsten Fall... Bruch...". Da hat man siebentausend Kilometer Glück, und weiß es noch nicht einmal.
Natürlich bin ich gleich... nein, bin ich nicht. Eigentlich hat die Achse ja sogar 16.500 Kilometer gehalten. So schwerwiegend kann es nicht sein. Als ich also nochmal 1.000 Kilometer später zum Händler gehe, steckt der irgendeine Prüflehre an meine Steckachse und sagt: "O ja, die müssen wir tauschen". Unverschämt viel Glück. Ich habe Urlaub und will dieses Jahr noch eine Woche auf Tour. Er hat keine Achse mehr da, also machen wir einen Termin aus. Drei Tage später, günstig direkt nach meinem Termin beim Reifenhändler gelegen.
Als ich mich dort gerade über das skurile Muster meiner neuen Scorpion Trail freue, fallen mir komische Flecken rechts am Motor auf. Und Feuchtigkeit. Nein, der Reifenhändler hat sich nicht an einer Motorwäsche versucht. Das ist Kühlflüssigkeit. Im Geiste gehe ich die - von jedem guten BMW-Fahrer - auswendig gelernte Aktionsliste durch. ABS-Sensor verlegt? Ja. Motorsteuerungs-Update? Keine Ahnung warum, meine ist nie ausgegangen. Aber dito. Kühlschlauch. Jepp, war auch dabei. Flansch aufrauhen und Schlauch ersetzen. Ganz sicher.
Also fahre ich vorsichtig zum meinem Achsen-Termin. Sofort ist der Schlauch identifiziert, der sich gerade vom sichtbar aufgerauten Flansch löst, und der Händler behält mein gutes Stück gleich da. Papierkram, und übrigens: Tankfüllstandsgeber. Hat zwar bisher einwandfrei funktioniert. Aber auch diese Aktion gilt also für mich und darf auswendig gelernt werden. Darum fahren so viele ältere Menschen BMW: Das ist ein Gedächtnistraining!
"Mal schauen, was wir als Ersatzfahrzeug dahaben. Mmmhh. Eine 1200 GS." Dr. Seltsam, jetzt komme ich! Ich Anfänger - vielleicht sollte ich nach 15 Monaten und 17.500 km Anführungszeichen verwenden? - also, ich "Anfänger" darf die Bombe reiten! Endlich. Das Motorrad aller Motorräder. Die einzige richtigterigtigiste aller BMWs. Ich armseliger, kleiner Paralleltwin-Fahrer!
Ich starte den Motor und... bin ich Shakin Stevens? Links. Bumm. Rechts. Bumm. Und wieder Links. Bumm. Was bei anderen Motorrädern Leerlauf heißt, fühlt sich hier eher nach irgendeinem instabilen Gleichgewicht an. Tauziehen der Pleuel, mit der Kurbelwelle als Schiedsrichter und mir als Zuschauer.
Ich fahre los, und während die Bombe und ich uns aneinander gewöhnen, danke ich an all das, was dieses Motorrad ausmachen soll. Und hake die Punkte nacheinander ab. Bremsen? Vertrauenserweckend. Das größte Lob, das ich einer Bremse aussprechen kann. Fahrwerk? Naja, fühlt erstmal anders an, aber nicht schlecht. Sitzposition. Geht gar nicht. Nicht umsonst habe ich wegen meiner 1,90m bei der 800er tiefe Fußrasten montiert. Mit dem Beinwinkel halte ich das keine 200km aus. Aber viel schlimmer: Die Zylinder und deren Ansaugung nehmen meinen Beinen ihre Freiheit. Ob ich meinen Fuß weiträumig um den Schalthebel herumführe oder an der Ampel schon beim Ausrollen mein Bein ein Stück nach vorne und unten ausstrecke: Immer ist mir was im Weg. Und hinten kommen schon die Soziusfußrasten. Ich fühle mich eingeengt.
Das Windschild ist genau falsch. Bei meinem ist wenigstens der ganze Helm im Wind, hier nur der halbe. Und wenn ich mit etwas höherer Drehzahl einkupple, will irgendjemand da unten in der Mechanik mir eine Rolle um die Längsachse aufzwingen. Ich bin doch kein Flugzeug.
Am meisten interessiert mich natürlich der Motor. Ich war schon immer ein Jünger des Drehmoments. Und 50% mehr, da muß was gehen. Ich warte also, daß der Motor meine Anfrage zur Drehzahlsteigerung prüft... sehr gründlich prüft... gleich fragt er mich nach meinem Führerschein... doch ja. Jenseits von 2500 ist wirklich Drehmoment da. Wie schön. Subjektiv vielleicht nicht so viel wie erwartet. Aber souveräne Kraftentfaltung kann man oft nur am Tacho erkennen. Aber unter 2500... nur Shaking Stevens.
Ein tolles Motorrad, wirklich. Die Bremsen hätte ich gerne. Das ein oder andere würde mir noch einfallen. Meine ist schließlich auch nicht perfekt. Vielleicht kaufe ich mir mal eine 1200 GS, weil es das beste Gesamtpaket ist. Aber verliebt habe ich mich nicht. Hoffentlich ruft gleich der Händler an. Ich will meine nicht-richtige BMW zurück.
Martin
Als ich zurückkomme, liegt ein Brief meines BMW-Händlers im Briefkasten, abgeschickt kurz nach meiner Abreise: "...festgestellt, dass in einigen Fahrzeugen des Modells F 800 GS Steckachsen des Vorderrads mit Herstellungsfehlern verbaut sein können". Aha. "... starke Belastung... Beschädigung... im ungünstigsten Fall... Bruch...". Da hat man siebentausend Kilometer Glück, und weiß es noch nicht einmal.
Natürlich bin ich gleich... nein, bin ich nicht. Eigentlich hat die Achse ja sogar 16.500 Kilometer gehalten. So schwerwiegend kann es nicht sein. Als ich also nochmal 1.000 Kilometer später zum Händler gehe, steckt der irgendeine Prüflehre an meine Steckachse und sagt: "O ja, die müssen wir tauschen". Unverschämt viel Glück. Ich habe Urlaub und will dieses Jahr noch eine Woche auf Tour. Er hat keine Achse mehr da, also machen wir einen Termin aus. Drei Tage später, günstig direkt nach meinem Termin beim Reifenhändler gelegen.
Als ich mich dort gerade über das skurile Muster meiner neuen Scorpion Trail freue, fallen mir komische Flecken rechts am Motor auf. Und Feuchtigkeit. Nein, der Reifenhändler hat sich nicht an einer Motorwäsche versucht. Das ist Kühlflüssigkeit. Im Geiste gehe ich die - von jedem guten BMW-Fahrer - auswendig gelernte Aktionsliste durch. ABS-Sensor verlegt? Ja. Motorsteuerungs-Update? Keine Ahnung warum, meine ist nie ausgegangen. Aber dito. Kühlschlauch. Jepp, war auch dabei. Flansch aufrauhen und Schlauch ersetzen. Ganz sicher.
Also fahre ich vorsichtig zum meinem Achsen-Termin. Sofort ist der Schlauch identifiziert, der sich gerade vom sichtbar aufgerauten Flansch löst, und der Händler behält mein gutes Stück gleich da. Papierkram, und übrigens: Tankfüllstandsgeber. Hat zwar bisher einwandfrei funktioniert. Aber auch diese Aktion gilt also für mich und darf auswendig gelernt werden. Darum fahren so viele ältere Menschen BMW: Das ist ein Gedächtnistraining!
"Mal schauen, was wir als Ersatzfahrzeug dahaben. Mmmhh. Eine 1200 GS." Dr. Seltsam, jetzt komme ich! Ich Anfänger - vielleicht sollte ich nach 15 Monaten und 17.500 km Anführungszeichen verwenden? - also, ich "Anfänger" darf die Bombe reiten! Endlich. Das Motorrad aller Motorräder. Die einzige richtigterigtigiste aller BMWs. Ich armseliger, kleiner Paralleltwin-Fahrer!
Ich starte den Motor und... bin ich Shakin Stevens? Links. Bumm. Rechts. Bumm. Und wieder Links. Bumm. Was bei anderen Motorrädern Leerlauf heißt, fühlt sich hier eher nach irgendeinem instabilen Gleichgewicht an. Tauziehen der Pleuel, mit der Kurbelwelle als Schiedsrichter und mir als Zuschauer.
Ich fahre los, und während die Bombe und ich uns aneinander gewöhnen, danke ich an all das, was dieses Motorrad ausmachen soll. Und hake die Punkte nacheinander ab. Bremsen? Vertrauenserweckend. Das größte Lob, das ich einer Bremse aussprechen kann. Fahrwerk? Naja, fühlt erstmal anders an, aber nicht schlecht. Sitzposition. Geht gar nicht. Nicht umsonst habe ich wegen meiner 1,90m bei der 800er tiefe Fußrasten montiert. Mit dem Beinwinkel halte ich das keine 200km aus. Aber viel schlimmer: Die Zylinder und deren Ansaugung nehmen meinen Beinen ihre Freiheit. Ob ich meinen Fuß weiträumig um den Schalthebel herumführe oder an der Ampel schon beim Ausrollen mein Bein ein Stück nach vorne und unten ausstrecke: Immer ist mir was im Weg. Und hinten kommen schon die Soziusfußrasten. Ich fühle mich eingeengt.
Das Windschild ist genau falsch. Bei meinem ist wenigstens der ganze Helm im Wind, hier nur der halbe. Und wenn ich mit etwas höherer Drehzahl einkupple, will irgendjemand da unten in der Mechanik mir eine Rolle um die Längsachse aufzwingen. Ich bin doch kein Flugzeug.
Am meisten interessiert mich natürlich der Motor. Ich war schon immer ein Jünger des Drehmoments. Und 50% mehr, da muß was gehen. Ich warte also, daß der Motor meine Anfrage zur Drehzahlsteigerung prüft... sehr gründlich prüft... gleich fragt er mich nach meinem Führerschein... doch ja. Jenseits von 2500 ist wirklich Drehmoment da. Wie schön. Subjektiv vielleicht nicht so viel wie erwartet. Aber souveräne Kraftentfaltung kann man oft nur am Tacho erkennen. Aber unter 2500... nur Shaking Stevens.
Ein tolles Motorrad, wirklich. Die Bremsen hätte ich gerne. Das ein oder andere würde mir noch einfallen. Meine ist schließlich auch nicht perfekt. Vielleicht kaufe ich mir mal eine 1200 GS, weil es das beste Gesamtpaket ist. Aber verliebt habe ich mich nicht. Hoffentlich ruft gleich der Händler an. Ich will meine nicht-richtige BMW zurück.
Martin
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