Hallo GS-Fahrer, nun habe ich mich schnell angemeldet, um einen kleinen Beitrag bei diesem Thema leisten zu können.
Ich arbeite in einer Firma, die Schmierstoffe herstellt und kann somit einen Hinweis an Interessierte geben, den aber jemand mit anderer Meinung nicht akzeptieren muss. Er kann es weiterhin so halten, wie er es für richtig hält und sollte meine Ausführungen nicht beachten. Allen Interessierten möchte ich aber gerne Hilfe bei der richtigen Schmierstoffanwendung geben.
Ach ja, nachdem ich nun die Möglichkeit habe:
www.powerboxer.de ist spitze!!! Eine tolle Seite, die mir schon mehrfach weitergeholfen hat. Danke an den Verfasser, der glaube ich Gerd ist, aber 100%ig sicher bin ich nicht
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Zur Sache der Radschrauben:
Das Drehmoment, das zum Anziehen der Schrauben vom Hersteller angegeben ist, bezieht sich auf einen bestimmten Reibwert. Der Reibwert ist das Verhältnis von Reibungskraft zu Anpresskraft der Schraube und deren Gegenkörper. Diese wird in µ angegeben, wobei µ übrigens entgegen der landläufigen Meinung auch größer als 1 sein kann.
Wenn eine Schraube angezogen wird, ist es ohne Schmierstoff nicht möglich, den Reibwert einzuhalten und die Schraube, die ja eigentlich nur über eine definierte Dehnung ihre Aufgabe des Zusammenhaltens erfüllt, richtig vorzuspannen. Die meiste Kraft wird bei der Kopfreibung verloren, gefolgt von der Gewindereibung. Deshalb versehen die Schraubenhersteller für den Fahrzeughersteller die Schrauben mit einem Gleitfilm, sei es ein Wachs oder Gleitlack, der auf der Schraube vorbeschichtet ist. Somit kann der Reibwert von den standardmäßigen 0,12µ eingehalten werden.
Nach dem Lösen der Verbindung (Radwechsel) ist die Beschichtung nicht mehr einwandfrei wie vorher- die Schicht ist zwar nicht ganz verbraucht, aber auch nicht mehr ganz intakt. Wenn man von nun an die Schrauben trocken anzieht, kommt es mit zunehmender Zahl von Schraubenanzügen zu sogenannten slip-stick-Effekten. Schaut euch mal die Koni der Schrauben nach ein paar Wechseln an, sie sind zerfurcht, haben Spuren, sind rauh. Das kommt daher, dass es zu Materialkaltverschweißungen und beim Öffnen der Verbindung zum Aufreißen dieser gekommen ist. Wenn die Schraube erneut zugezogen wird, verhindern die Gewindereibung und Kopfreibung der Verbindung Schraube-Gegengewinde, dass das korrekte Anzugsmoment erreicht wird. Da die Haftreibung einer Schraubenverbindung hoch ist und somit auch das Losbrechmoment, öffnet sich die Verbindung aber normalerweise trotz nicht optimaler Dehnung der Schraube nicht.
Deshalb nimmt man nach dem ersten Lösen der Schraube Kupferpaste oder Keramikpaste, schmiert das Gewinde und auch den Konus der Schraube ein und zieht dann auf das vorgeschriebene Drehmoment der Verbindung an. Nach ca 50km kann man mit dem Drehmomentschlüssel feststellen, dass die Schraube noch so fest ist, wie sie soll. Und beim nächsten Wechsel des Reifens wird man merken, dass die Schraube seidenweich aufgeht, obwohl sie vor längerer Zeit fest zugezogen wurde. Dafür sorgen die Festschmierstoffe in der Paste.
Fette (haben meist gar keine Festschmierstoffe) sind zwar beim Zuziehen der Schrauben auch hilfreich, jedoch sind die fehlenden Festschmierstoffe beim Lösen der Grund, dass das "Losbrechmoment" ein Vielfaches des Anzugsmoments entspricht und so doch nicht optimal war, Kaltverschweissen kann eingetreten sein und den Konus beschädigt haben.
Übrigens sind Pasten, deren Hauptbestandteil MoS2 ist, nicht für normale Schraubverbindungen geeignet, weil sie den Reibwert so stark herabsetzen, dass die Schraube beim Anzug überdehnt werden kann!