Lieber Ulf,
Dein Post beschreibt recht gut dem Clash der beiden Welten. Die "Guten" und die "Bösen", warum ich auch so lachen musste als der Quhpilot "bösartig" schrieb. Gänseblümchen gegen die "born to be wild"... Das ist der vordergründige Gutmenschentümpel, aus dem die dumpfe Regelhörigkeit erwächst. Eine Gleichschaltungsorgie! Exakt genau so!
...und jetzt potenzier das Ganze noch mit der Dummheit, bei strömendem Regen mit einem Reifen zu fahren, bei dem man das Gewebe schon großflächig sieht.
Aber sicher doch! Es muss so 96 gewesen sein, kurz nach dem Erdbeben in Kobe, als es keine Reifen mehr gab und meine GSXF (137PS) alle 3000km einen 16 Zoll Schlappen wollte. Da sind wir halt mit dem letzten Rennreifen, den wir noch ergattern konnten, in Urlaub. Und die letzten 100 km mit 60 km/h nach Hause geschlichen, weil schon überall der Stoff rauskam. Eine wunderbare Zeit!
Aber es geht noch weiter: Nach dem ersten Mal, dass dir der Hintermann in den Vordermann gerutscht ist und du NICHT dazwischen gestanden bist, weil du eh immer an stehenden Autos vorbei fährst, hast du was gelernt. Das ist bei mir jetzt 30 Jahre her. Wie man an den Autos vorbei fährt, mit oder ohne Hirn, bleibt dem einzelnen überlassen. Nur stehen, bleibe ich hinter keinem Auto mehr!
... schnell und recht radikal, würde ich unterschreiben. Da faxe ich keine Sekunde! Hat den immensen Vorteil, nicht in toten Winkeln hängen zu bleiben und übersehen zu werden, wie es das brave Fahren dem Motorradfahrer "regel"-recht aufzwingt. Wie das nun konkret abläuft, mit oder ohne Hirn, hängt wieder nur vom Einzelnen ab. Wie meinet der englische Instruktor Nigel Bowers?
Watch the turn, not the speed!
Die Kreuze von verstorbenen Motorradfahrern am Straßenrand sprechen Bände.
Ja, just vor meiner Tür hier steht eins, R1200RT, Mann mit Frau auf Urlaubsdurchreise... Wir sassen noch auf dem Balkon und konnten alles mit ansehen. Sind einfach brav und gesittet in den Vordermann gekracht. Pro-aktives Fahren geht anders...
Deswegen werden die schönsten Strecken am Wochenende oder ganz gesperrt.
Da könnt Ihr echt stolz drauf sein.
Ach, "wir" sind das? Und ich dachte immer, das wären die ganzen Navifreaks, die pulkartig alle erschlossenen Routen überfallen, alle zur gleichen Reisezeit, alle die gleichen Wege, hunderte, nein, tausende am Stilfser Joch, auf der Schwarzwald Hochstrasse, auf der Grossen Dolomitenstrasse? Und es hat auch nichts mit der Reglementierungswut der genauso ordnungshörigen Bürokratie zu tun, alles und jedem gleich eine kollektive Lösung vor den Bug zu schiessen?
Nein Verehrter, das alles saugst du dir aus einem unlogischen Angstgespinst zusammen. Da ist er, der verklärende Kastenblick auf alles, was anders ist. Alles jugendliche Raser mit Ego Problemen? Klar doch! Träum' weiter!
Ich bin sehr viel unterwegs, seit inzwischen 30 Jahren, mit Vorliebe auf den schönsten Passstraßen dieser Welt, und "lese" scheinbar die Motorradwelt ganz anders als du. Denn wer mir in den letzten 10 Jahren auf der falschen Spur entgegenkommt, das sind leider die "Zahnärtzte". Die paar "Quhpiloten", wenn ich sie denn mal so nennen darf, gleichen eher den Lokalen - ob Motorräder, Autos oder Busse - immer ziemlich schnell unterwegs, aber immer auf der eigenen Spur (und am besten noch locker genug, um auch noch mitten in der Kurve die kleine Hand zum Gruss zu heben
). Ist mir alles irgendwie sympatischer, als die Ordnungsfanatiker. Wo ich doch mit zwei Uniabschlüssen, Frau und zwei Kindern eher in die "Zahnarzt"-Kategorie passen würde. Tut es aber nicht!
Dabei verbindet uns letzten Endes doch etwas, was es lohnen würde über den Tellerrand der Ordnungsliebe hinaus zu blicken:
Der eine Unfall, den ich hatte (190-er Benz nahm mir die Vorfahrt) wäre mit ABS durch mich zu verhindern gewesen.
Siehste, Unfälle finde ich auch blöd! Ich hatte noch nie einen, auch nicht mit dem Auto. Aber nicht weil man mir irgendein Gespinnst aus...
und er könnte noch leben und sich an seinen Kindern freuen
...vorhält. Sondern ganz allein wegen der eigenen Knochen.
So hat sich in den letzten 20 Jahren ein deutlich strafferer Stil heraus geschält, sehr viel "böser" als mit dem Auto z.B. und mit dem Ziel, sich immer aus allem raus zu halten, immer weg vom Schuss zu sein, wenn sich Dosen- und auch andere Träumer mal wieder auf die eigenen Füße treten. Und ganz voran auch immer die Überzeugung, dass man mit seinen Mopeds rutschen und schlittern können sollte, damit man im richtigen Moment gewappnet sei.
Selbst die jüngeren "Mädels" lachen nur noch drüber.
Ach, die eigene Tochter ist 17, findet das alles ganz ausgezeichnet und fährt auch gerne mit. Die Dame des Hauses wird bald 40 und sitzt genauso gerne hinten drauf - wo doch der Daddy so viel lieber alleine fährt... All das passt natürlich nicht in dieses entsetzliche Klischee, das auf dem Weg ist, immer homogener, immer Raum greifender zu werden.
LG
Z
(so, mal wieder meinen Teil fürs Sommerloch geleistet...
)