Hy!
Nach einem guten Jahr im Lager der GS-Fahrer und leider bisher nur guten 12.000 km möchte ich mal ein Resümee ziehen und ein paar Worte zu Maschine und Equipment verlieren:
Im Prinzip bleibe ich bei meiner von Beginn an geäußerten Meinung, dass die GS vom Start weg "Reisefertig" ist.
Klar, man kann immer noch ein Dutzend Anbauteile an die Maschine schrauben und natürlich passt mal hier eine Scheibe oder die Fußrasten nicht zur Fahrergeometrie und dort der Spritzschutz nicht zum ästhetischen Empfinden des Fahrers aber überlebensnotwendig ist das natürlich alles nicht wirklich.
Die Technik der GS begeistert mich aber nach wie vor auch wenn (und das ist ja ein Stück weit normal) hier oft und viel über die Qualität oder Umsetzung gescholten wird. So gewisse technische "Eigenarten" hat ja wohl jedes Motorrad und als langjähriger Fahrer verschiedenster Marken steigt die Schmerzresistenz diesbezüglich sowieso im Laufe der Jahre in ungeahnte Höhen. Bei der BMW ist das bisher aber alles noch erträglich und so kann ich bisher nur über Kleinigkeiten motzen. Zunächst konnte ich mich z.B. auch erst nicht mit den dicken, Wurstfinger-gerechten Bedienelementen an den Lenkerenden anfreunden. Heute muss ich ganz schön rumfingern, wenn ich mal wieder andere Moppeds „an der Hand“ hab. Von derlei Banalitäten abgesehen, macht die GS was sie soll und das gut so.
Die GS an sich passt zu mir und meinem Fahrstil wie die sprichwörtliche „Faust aufs Auge“, dass wusste ich schon gute 4 Jahre seitdem ich sie mal ausgiebig Probe gefahren habe. Von daher war die Entscheidung, die GSA Anfang letzten Jahres zu kaufen, absolut die richtige, wenn man das nach 12.000 km mal so sagen kann.
Im vergangen Jahr habe ich leider und bedingt durch meinen auch schon absolvierten ersten Crash mit meiner "Boxi"
http://www.gs-forum.eu/r-1200-gs-un...-00-uhr-war-alles-ordnung-109426/#post1504980 leider noch nicht ganz so viel erfahren dürfen wie geplant (dafür andere, ungeplante Erfahrungen gemacht) aber so ein bisschen konnte ich das zusätzlich erworbene Equipment als auch das eine oder andere Anbauteilchen schon testen:
Zunächst war es mein Plan, mich passend zur Maschine mit der BMW-Fahrerausstattung einzukleiden. Nicht, weil BMW drauf steht - das ist mir ja so was von egal - sondern weil ich es einfach optisch ansprechend und auch funktionell fand.
Es sollte so in die Richtung GS-Dry-Anzug, Endurohelm, Stiefel und usw. usf. gehen. Diesen Plan habe ich glücklicherweise verworfen, da es den Anzug in Herrengröße nicht in simplen Schwarz sondern nur in so Papageienfarben gab. Zur Zeit dieser Erkenntnis hatte ich aber bereits die Stiefel, den Helm sowie die Handschuhe der GS-Reihe eingekauft und den Kram möchte ich nun, nach über einjähriger Testphase mal beurteilen:
Ein nur durchwachsenes Urteil kann ich dem
GS Rallye Stiefel ausstellen:
Im Prinzip ist er gut verarbeitet und macht einen ordentlichen Eindruck. Auch, wenn das klassische Stiefelleder klar auf dem Rückzug und der Kunststoff auf dem Vormarsch ist.
Einerseits ist es der bequemste Enduro-Stiefel den ich jemals getragen habe. Dafür sorgen unter anderem auch die separaten Innenschuhe. Andererseits kann die "Bequemlichkeit" ja nur auf Kosten des Schutzes gehen:
Der Stiefel hat ein Drehgelenk auf Höhe des Fußgelenks welches ein sehr bequemes Laufen erlaubt. Da ich aber beim "offroaden" schon oft Stürze mit ansehen und auch selber erleben musste, welche massiv auf Fuß & Fußgelenk eingewirkt haben, halte ich von einer "Schwachstelle" in Form eines Gelenks in diesem Stiefelbereich nicht viel, zumal wenn es dabei nur zu Gunsten der Bequemlichkeit auf Kosten der Stabilität - und damit des Schutzes - geht. Der Schutzfaktor sollte hier bei weitem höher gewichtet sein als der Bequemlichkeitsfaktor.
Der Stiefel ist im unteren Bereich mit über dem Schaft getragener Hose nicht Wasserdicht - nicht mal nach dem späteren abdichten der Nähte - was bei einem hochwertigen Endurostiefel ja wohl nur als schlechter Scherz abgetan werden kann. Wohlgemerkt: Spritzwasser, kein Tauchwasser... Niemand erwartet eine "Gummistiefel-Funktion" aber ein paar harmlose Pfützen oder 1 Stunde Regenfahrt auf der Straße mit Hose über dem Schaft dürfte so ein Stiefel grade im Neuzustand schon trocken überstehen… Macht er aber nicht! Irgendjemand behauptete mal, dass es dafür ja den Neopren-Innenschuh gäbe. Ja und? Was kann der denn, außer eindringendes Wasser rasend schnell an den Fuß zu befördern sodass man dann in der warmen Grütze steht...?! Nene, das können Wettbewerber für 2/3 des Preises bei Weitem besser. Ganz ohne Feuchtwiesen-Feeling im Stiefel...
Eine absolute Katastrophe sind aber erst die Verschlüsse: Sie sind fummelig zu bedienen und versagen total wenn mal richtiger Dreck ins Spiel kommt, was ich auf einer anderen Maschine und auf sehr weichem Untergrund mal testen durfte. Man kann sich an den scharfen Alu-Kanten der Verschlüsse wenn auch nicht wirklich verletzen - unangenehm zu bedienen sind sie ohne Handschuhe aber allemal. Das schlimmste allerdings: Sie verstellen sich J E D E S Mal beim öffnen/schließen von alleine!
Den Idioten, der das entwickelt hat, sollte man an den Ohren durch die Stadt ziehen.
Eine wirklich unfassbar schlechte Konstruktion und bei häufigem Gebrauch für mich DAS K.O.-Kriterium für den Stiefel.
Offroad-Bekleidung muss schützen und zweckmäßig sein - beides halte ich bei dem GS Dry zumindest für fragwürdig. Der Stiefel geht meiner Meinung nach eher so in die Richtung "Schönwetter-Poser-Equipment" denn: Gut aussehen, dass kann er wohl - auch wenn nicht ganz soviel BMW-Branding hätte sein müssen.
Zusätzlich hatte ich noch die
Handschuhe aus er der 2014er GS Dry-Serie. Die fand ich sauber verarbeitet und angenehm zu tragen. Sie funktionieren zweckgemäß, sind aber - entgegen den - Versprechungen - auch nicht wasserdicht. Wenn die Käufer des GS Dry-Anzuges in diesem genauso wasserdicht verpackt sein sollen wie in den Handschuhen, dann mal Prost Mahlzeit…
Nun, letzten Endes haben sie aber ihren Dienst getan und mir bei einem Sturz Haut & Knochen gerettet. Was will man mehr?
Der
2014er GS-Enduro-Helm ist sein Geld durchaus wert. Wirklich wertig verarbeitet hat er ein angenehmes Futter, welches herausnehm- und waschbar ist. Die Umbau (Schild/Visier) geht in Sekundenschnelle und mit einer Münze. Das Visier ist allerdings in Kombination mit dem montierten Helmschild nicht immer dicht, es drückt Wasser von oben durch den Spalt zwischen Schale und Visier auf die Visier-Innenseite an der es dann wieder herunter läuft.
Ob das an der Kombination ADV-Scheibe mit Aufsatz und Helmschild liegt, kann ich nicht beurteilen. Der Verdacht drängt sich allerdings auf. Der Verschluss ist klassisch und funktional. Es gibt eine abnehmbare Kinnabdeckung, welche bei tieferen Temperaturen etwas Zugluft vom unteren Gesichtsfeld fern hält.
Das Visier ist soweit ich das beurteilen kann, einigermaßen kratzfest. Meine Putzattacken mit Küchentuch und viel Wasser erträgt es bisher ohne Kratzer. Gerade in den Sommermonaten fahre ich aber doch lieber mit Crossbrille. Da passen verschiedene Modelle wie z.B. Scott und Oakley ganz gut dran.
Der Belüftungsmöglichkeit auf der Helmoberseite kann ich selbst im Visierbetrieb keine wirkliche Funktion bescheinigen. Hingegen aufgefallen ist mir nach ein paar tausend Kilometern ein leichtes vibrieren & knarzen des gesamten Helmschildes auf dem Helm. Hier scheint die Scheibe der ADV bzw. deren Verwirbelungen doch ihren Tribut zu zollen und arg am Material zu zerren. Irgendwann leiert halt jedes Plastik mal aus. Ich habe dagegen 3 weiche Unterlegscheiben aus Kunststoff zwischen Helm und Helmschild geklemmt und schon ist wieder Ruhe. Die Lackierung bzw. das überlackierte Dekor ist soweit noch tadellos. Der Helm verrichtet weitestgehend unauffällig und zuverlässig seinen Dienst.
Soviel zu dem Equipment. Einen neuen Anzug hat es auch noch gegeben. Der Bericht steht hier:
http://www.gs-forum.eu/bekleidung-9...aengere-reisen-106616/index7.html#post1464637
Nach über einem Jahr könnte man auch mal über die Sinnhaftigkeit und Praxistauglichkeit diverser Anbauteilchen diskutieren:
Der
Eislöffel ist leider doch nicht so obsolet, wie zunächst gehofft und somit ist es das am meisten in die Hand genommene Bauteil meiner GS, was mal montiert, aber i.d.R. doch eher demontiert wird - das potthässliche Teil…
Und zwar, weil man sich über den
Innenkotflügel vom Wunderlichen streiten kann - denn helfen tut der auch nicht wirklich: Die GS & Fahrer sehen nach einer Regenfahrt von Kopf bis Felge trotzdem aus wie "Sau" - auch mit montiertem Eislöffel & Innenkotflügel. Wirklich nicht zu fassen bei einer Reisemaschine für 20.000 €. Das hat ja schon die A-Twin vor 20 Jahren besser hinbekommen.
Für wirklich sinnvoll halte ich nach wie vor den
Kardanschutz-Knubbel von TT, wobei der „Leverguard“ natürlich viel besser aussieht. Optisch wie so vieles zwar auch fragwürdig aber technisch ist das Teil von TT über jeden Zweifel erhaben. Das Ding hat mir viel Geld bei einem Ausrutscher auf der rechten Seite erspart. Auch den Schutz des ziemlich offen liegenden Drosselklappenpotis und seiner Verkabelung finde ich recht sinnvoll.
Der Austausch des billigen
Ölstopfens gegen ein wie auch immer geartetes Exemplar bringt wahrscheinlich genau nix - mir aber mehr gefühlte Sicherheit ggü. Vandalismus. Den
Schutz der Benzinleitungen über den Ansaugrohren kann man leiden mögen - brauchen tut man ihn wohl eher nicht.
Protektoren für das Rahmendreieck sind bei mir ein "must have", da die GS auch mal abseits geteerter Straßen bewegt wird. Da leistet der Lack der Rahmendreiecke ggü. den Endurostiefeln nur wenig Widerstand und wird schnell unansehlich, aber das lässt sich ja zum Glück verhindern. Die
Aluminium-Abdeckung für die hässlich verschraubten
Rahmendreiecke selbst muss nicht sein, hemmt aber zumindest meinen Würgereiz betreffend der Vorkriegs-Optik. Aber da muss es in der Entwicklungsabteilung sowieso irgendeinen Fetisch (oder eine Abmachung mit den Zubehör-Anietern) geben: Selbst bei der neuen LC ADV schaut man überall in irgendwelche offenen Rohrenden.
Sonstige "Schutzausrüstungen" der üblichen Verdächtigen habe ich bisher a der GS nicht vermisst und werden auch keine mehr montiert. Das ist natürlich absolut subjektiv und jedem selbst überlassen. Wenn jemand meint, die z.B. Krümmer der GS in Transformer-manier verkleiden zu müssen, dann soll er das machen… ;-)
Den zwar effektiven aber gruselig-hässlichen
Aufsatz für das Windschild von TT konnte ich leider doch nicht wieder demontieren, da eine größere Sitzhöhe durch die neue Kahedo-Sitzbank und das ganz abgesenkte Windschild doch nicht die erhoffte Lösung bzgl. der Verwirbelungen brachte. Schade! Andere Windschilde gefallen mir aber optisch auch nicht. Die Original-Scheibe einfach 5-7 cm höher, das wärs...
Apropos: Die Sitzbank
Das BMW-Original ist zunächst (beim probesitzen im Showroom sowie auf den ersten Metern Fahrt) ja noch recht bequem, mutiert aber zumindest bei meinem knochigen Hintern nach 2 Stunden Fahrt eher so in den Aggregatzustand "durchgesessenes Sofakissen auf nacktem Rahmenheck".
Die
Kahedo-Bank ist das genaue Gegenteil: Man setzt sich darauf und denkt "Uhhh… ganz schön straff…“ Nur, um sich 2 h später zu freuen, dass man eins mit der Maschine geworden ist und man einfach nur gut sitzt - ohne "wenn und aber". Und noch mal 2 h später... und noch mal und dann hat man irgendwann auch mal Hunger und steigt freiwillig ab.
Und es ist ja auch nicht nur die größere Härte der Kahedo-Sitzbank: Ergänzend zu dem natürlich subjektiv viel besseren Sitzkomfort kommt durch die 2 cm höhere Sitzposition der höheren Bank auch ein angenehmerer Kniewinkel zustande, der mir ein stundenlanges, entspanntes fahren erlaubt. Trotzdem komme ich nach wie vor gut bzw. sogar besser mit den Füßen auf den Boden, da die Bank einen anderen Schrittbogen haben muss - sie ist vorne etwas schlanker als das Original. Das macht sich auch positiv bemerkbar beim fahren im stehen auf losem Untergrund.
Die Bank ist sauber verarbeitet und hat eine ordentliche Arretierung welche sich dem bordeigenen Mechanismus weitestgehend anpasst. Ohne TT-typisches „abgekantetes Blechteil“ sprich: eine zusätzliche Arretierung geht es zwar auch hier nicht, aber es macht fast alles einen durchdachten Eindruck.
Warum man allerdings bei der Befestigung der Arretierung an der Gepäckbrücke aufgehört hat zu denken und einen 7 mm überstehenden Schraubenkopf mittig auf dieser platziert hat, weiss wohl nur TT. Nicht jeder fährt mit Zusatzbrücken oder TC-Träger herum und würde seine Gepäckbrücke gerne vollflächig und ohne Schraubenkopf darin nutzen.
Von diesem kleinen Fauxpas mal abgesehen will ich eigentlich gar nicht mehr runter steigen von dieser jetzt quasi perfekten Kombination aus Sitzbank/Lenker/Windschutz. Was so ein banale Sitzbank doch alles verändern kann…?!
Rein von der Optik her finde ich die Kahedo-Bank mit ihrem satten Schwarz und der raueren Oberfläche auch viel besser zu der Triple Black passend als das Original aber auch das ist wieder subjektiv, klar. Meine bessere Hälfte meinte dazu bloss, die originale Sitzbank sähe konservativer aus, die neue wäre schnittiger und moderner. Na dann!
Kurz: Die bisher beste und sinnvollste Investition und für mich DAS elementare Austauschteil an der GS, da ich damit mindestens 2 grundlegende Probleme an meiner GS als Tourenmaschine lösen konnte:
- komfortables, langes sitzen
- angenehmerer Kniewinkel
Dazu kommt irgendwie noch die rein subjektiv bessere Optik.
Aber um schliesslich mal wieder auf die Ausgangsfrage in der Überschrift dieses Threads zurück zu kommen:
Ja, ich bin wie erhofft angekommen!
Die GS macht mir bei jeder Fahrt eine RIESEN Freude! Auch, wenn sie mittlerweile nicht mehr die stärkste unter den Reiseenduros ist, die schönste war sie eh noch nie - dafür hat sie aber Charakter.
Für mich stellt sie mit ihrem Kardan, dem in jeder Hinsicht "bärigen" Motor, dem souveränen, wenn auch etwas groben Fahrwerk und dem guten Wetterschutz, der ordentlichen Reiseausstattung und vor allem der Reduzierung auf das technisch Notwendige mit nur wenig elektronischen Firlefanz meine ganz persönliche Spitze der Reiseenduro-Evolution dar und so freue mich auf weitere Jahre mit der "Boxi" und dem ganzen "drum herum".
Ein zufriedener
Jan