Anfang Januar 2014. Ich erwäge, meine fast 20 Jahre alte K1100 gegen eine (fast) neue GS zu tauschen. Ich betrete den Glaspalast, quatsche kurz mit dem MA vom Teileverkauf, den man als K1100 DIY Nutzer natürlich besser kennt, als viele enge Freunde. Dann gehe ich in die Ausstellung der Neu- und Gebrauchtfahrzeuge, die zwar durch zwei Fachverkäufer an Schreibtischen besetzt war, nicht jedoch durch andere Kunden. Beide führten wichtige und lange Telefonate, und würdigten mich keines Blickes. Nach 10 Minuten wechselte ich in die Etage mit den Gebrauchten. Hier war ich ganz allein. Ich schnupperte an der delikat ausgelegten Ware, prüfte Sitzpositionen, bewunderte die Qualität der Aufbereitung - alles Gebrauchte sah aus wie frisch aus dem Prospekt. Meine Endorphine waberten, und mein Geist nahm die hochgefährliche, vollkommen unkritische Käuferhaltung ein, zu der ich nur selten fähig bin. Keine Frage, ich würde hier fündig - wenn man mich denn ließe.
Eine junge Frau schwirrte diametral auf mich zu - und an mir vorbei. Dann bremste sie doch ab, und fragte mich nach meinem Begehr. "Ich würde gerne eine Kuh kaufen. Hier und jetzt". Jetzt erfuhr ich, dass sie leider nur für Bekleidung zuständig wäre - und dass sie direkt jemandem Bescheid geben würde. Die telefonierenden Verkäufer für Neufahrzeuge wären auch für die jungen Gebrauchten zuständig. Ein schnelles Lächeln, und weg war sie.
Niemand kam.
Nach 45 Minuten traf ich ein bekanntes Pärchen vom Aachener Stammtisch. Auch sie wollten sich zweiradtechnisch neu ausstatten, und auch sie waren dabei bislang völlig erfolglos. Nach 10 Minuten gingen wir gemeinsam in den Neufahrzeugbereich, und guckten den beiden Anzugträgern weitere 10 Minuten beim telefonieren zu. Meine Käuferposition war längst verschwunden, und hatte meinem großen Interesse an skuriller Realsatire Platz gemacht. Die Geisteshaltung war aber völlig bedeutungslos, denn wir wurden weiterhin ignoriert. Ich fuhr nach Hause.
Zwischen Januar und März besuchte ich diesen Händler zwei weitere Male. Das Ergebnis wurde nicht besser. Am Ende des letzten Versuchs sprach ich den MA im Teileverkauf auf meine Erlebnisse an. Dies bekam ein in der Nähe sitzender Meister mit, der sich hurtig und mit hochrotem Kopf in Richtung Fahrzeugverkauf auf machte. Ich will nicht behaupten, dass er den edel bezwirnten Verkäufer an den Ohren heran zog, aber er schaffte ihn ran. An seinem Schreibtisch erklärte ich mein Begehr und mein Budget, und ich erwartete Fakten. Die bekam ich aber nicht - abgesehen vielleicht von der Aussage, dass er auf jeden Fall etwas für mich hätte. Man hätte gerade in Spanien 20 GS aus Leasingverträgen zurück gekauft, von denen mehrere auf meine Wünsche passen würden. Sie wären allerdings noch nicht in der Warenwirtschaft erfasst. Er würde mich zeitnah telefonisch kontaktieren, und dann könnten wir loslegen. Mir wurde sehr warm ums Herz.
Bis zum 10. April hat mein Telefon nicht geklingelt. Für relativ kleines Geld kaufte ich eine GS von privat in München, und hatte bereits mehr als 2000 km auf ihr zurück gelegt, als mein Telefon läutete. "Jetzt könnten wir loslegen". Als ich ihm mitteilte, dass es "jetzt" leider zu spät sei, schien er noch nicht mal betrübt.
Ich vermutete fast, dass die Motorradsparte nicht maßgebend für die Füllung des Geldspeichers der Familie Klatten ist. Andererseits wimmelt es in der Welt von GS. Wie und wo um Himmels Willen haben die alle ihre Kisten gekauft? Haben sie Füße geküsst, um ihre nicht unüppigen Geldbestände abgeben zu dürfen? Man weiß es nicht.
Nachdem meine erste GS im Juli 2017 geklaut wurde, habe ich mir Ersatz im UK besorgt. Bei Balderston Motorcycles. Keine BMW PKW, ausschließlich Moppeds. Jede(r), vom Azubi bis zum Chef, ist selbst Biker(in). Granatenguter Service von der ersten Sekunde an. Offensichtlich braucht es dafür ein Land, in dem nicht jede(r) automatisch eine BMW kauft. Und ausgerechnet die treten jetzt aus der EU aus. *gnampf*