Zeltwochenende in Dänemark

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Svendura

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Mit einem fiesen Rrrrtsch zerfetzt der
stürmische Ostwind die nagelneue Landkarte,
die ich eben erst beim Tanken gekauft habe.
Willkommen in Dänemark. Es ist das lange
Maiwochenende und ich bin unterwegs nach
Norden zum Ringkøbing Fjord. Ein letztes Mal
möchte ich meine Ausrüstung checken, bevor ich
Ende Mai für einen Monat nach Irland fahre.


Bis dahin muss alles perfekt sein und gerade meinem neuen Zelt, dem
Denali III von Salewa, traue ich noch nicht so recht. Taugt es etwas, oder
nicht?




Bei ARAL in Flensburg tanke ich den winzigen 7,7 Liter Tank der KLX noch
einmal randvoll mit dem guten Ultimate 102. In Dänemark gibt es nur
Schonkost für die kleine Kawa. Mehr als 95 Oktan sind selten zu
bekommen und sie ist besseres gewöhnt.

Puh, ist das kalt und windig. In Ribe halte ich an, um eine Tasse heißen
Kaffee zu trinken und bei der Gelegenheit gleich meine Fleecejacke
unterzuziehen. Der Imbiss in Ribe ist wirklich eine Institution. Direkt an
der Durchgangsstraße gelegen bietet er nicht nur ausgezeichnete HotDogs
und Pommes, sondern verblüfft auch mit unglaublich reichhaltigen
Portionen. Wenn ich hier vorbeikomme, dann esse ich jedesmal hier. Aber
heute bleibt es beim Kaffee. Ich will für die Tour in vier Wochen noch ein
paar Kilo abnehmen. Dann reist die Campingausrüstung gewissermaßen
'für Lau' mit.

"Ist hier noch frei?" fragen mich zwei kleine Mädchen von vielleicht 8
Jahren und sehen mich erwartunsvoll an. "Ja, gerne. Nehmt
Platz."erwidere ich und schaue neidisch auf die unglaubliche Riesenportion
Pommes Frites auf einer ovalen Servierschale, die die beiden zwischen
sich auf den Tisch stellen. Es sind die dicken dänischen Pommes mit dem
Wellenschnitt und sie sehen perfekt aus und sie dampfen und... Nein, ich
esse heute abend. Grmpff...



Die nächsten Kilometer sind ebenso eintönig und ereignislos wie die ganze
Strecke durch Dänemark. Wie mit dem Lineal gezogen, verlaufen die
Straßen schnurgerade bis zum Horizont. Der stramme Ostwind nervt und
ich segele bei Seitenwind in leichter Schräglage stur mit 94 km/h
Kilometer um Kilometer vor mich hin. Der Drehzahlmesser der KLX steht
bei 6.000 U/min und damit gute 4.500 Umdrehungen unterhalb der roten
Marke.

In Varde fahre ich zum Tanken auf eine SHELL-Station. Wie so oft in
Skandinavien ist es eine Automatentankstelle, mit denen ich schon
häufiger Probleme hatte, weil ich einfach nicht begriffen habe, wie man sie
bedient. Misstrauisch stehe ich vor dem Automaten und studiere die
Bedienungsanleitung. Ein Däne, dessen Auto gerade in der Waschanlage
bearbeitet wird, hat wohl meine Ratlosigkeit bemerkt und kommt zu mir
herüber: "Brauchst du Hilfe?", fragt er mich und spricht es wie "Hieelfe"
aus, was total süß klingt. "Ja, bitte.", freue ich mich. VISA-Card rein,
Sprache deutsch wählen, Tanksäule #2, Rüssel rein und...nix. Ach ja, an
der Zapfpistole noch die Oktanzahl wählen: 95. Alles ganz einfach, aber
man braucht eine VISA-Karte mit PIN, die ich mir nach meiner
Schwedentour im letzten Jahr extra zum Tanken in Skandinavien besorgt
habe.

Obwohl es sicher 12° C sind, ist mir kalt. Das macht vermutlich der starke
Wind. Ich bin froh, als ich in Varde an einem Supermarkt vorbeikomme.
Das ist die Gelegenheit, mich etwas aufzuwärmen und gleich noch ein paar
Kleinigkeiten fürs Abendessen zu besorgen. Obwohl Sonntag ist, haben die
Supermärkte geöffnet.

Ich stelle das Motorrad neben dem Eingang zwischen den Gartenartikeln
ab, hänge Helm und Handschuhe an den Lenker und stiefele in den Laden.
Gleich hinter dem Drehkreuz haben die Smørrebrøds, wie ich die Dänen
insgeheim liebevoll nenne, ganz hinterhältig eine Truhe mit besonderen
Spezialitäten zur Eröffnung der Grillsaison platziert. Die Entrecotes sehen
anbetungswürdig aus.

Ich habe zwar Grillfleisch von zuhause im Tankrucksack, aber das können
dir mir im Laden ja nicht beweisen und so lege ich mit Unschuldsmine,
gerade so, als sei es die normalste Sache der Welt, ganz beiläufig ein paar
Entrecotes in den Einkaufskorb. Auf Brot verzichte ich, weil ich auf Diät bin
und lege stattdessen nur eine Flasche Sauce Bernaise dazu. So ein
Blubberlutsch kann eigentlich nicht viele Kalorien haben und außerdem
ist der ja mit Kräutern.



Jetzt ist es nicht mehr weit zum Campingplatz. Im Internet habe ich mir
mit Google Maps und Street View einen besonders kleinen und
abgeschiedenen Platz ausgesucht. Vesterlund Camping ist ein Platz nach
meinem Geschmack: Er bietet nichts außer Ruhe, Frieden und einer
weichen, dick bemoosten Wiese mit vielen Gänseblümchen. Kein
Freizeitangebot, kein großer Spielplatz, kein Remmidemmi. Das Gelände
grenzt direkt an einen Truppenübungsplatz an, was sehr interessant ist,
denn ich wusste gar nicht, dass die Dänen auch so eine Art Armee haben
mit richtigen Schießgewehren, Panzern und dem ganzen Zeug.

Ich wähle mir den am weitesten entlegenen Platz ganz hinten am
Waldrand und habe das riesige Gelände für mich allein. Ich bin die einzige
mit einem Zelt und die nächsten Nachbarn stehen mit ihrem Wohnwagen
ein halbes Fußballfeld weit weg. Nach meiner Erfahrung in Schottland
letztes Jahr, als das Wasser von unten durch den Zeltboden gedrückt hat,
habe ich mir für das neue Salewa einen Unterboden besorgt. Das heißt,
Claudia hat mir einen genäht, der besser ist, als jeder gekaufte mit
verstärkten Ecken, den passenden Ösen und sogar mit farbigen
Markierungen.

In dem Augenblick, als ich das Ground Sheet ausgebreitet und mit vier
Erdnägeln im Gras befestigt habe, beginnt es zu regnen und die Tropfen
prasseln energisch auf die Unterlage. Die Situation kommt mir sehr
bekannt vor und ich beeile mich, das Zelt aufzustellen, bevor alles
nassregnet.



Mit Schwung werfe ich die Gepäckrolle und alle meine Klamotten ins Zelt,
krabbele eilig hinterher und mache alle Reißverschlüsse von innen zu. Der
Regen trommelt sanft aufs Zelt, während ich die Therm-A-Rest aus dem
Rack Pack nehme und das kleine schwarze Ventil öffne. Leise zischend
strömt Luft in die Matte. Zwei, drei Atemstöße und sie ist perfekt
aufgepustet. Ich zerre den dicken Daunenschlafsack aus dem Stopfsack
und breite ihn auf der Matte aus. Fertig ist mein Bett. Darauf freue ich
mich schon, denn ich werde ganz sicher nicht friefen. Den Schlafsack hat
Claudia sich bei Kugler in München nach eigenen Vorgaben für ihre
Trecking Touren in der Arktis anfertigen lassen. Er ist mit 1,3 Kilo Daunen
der Kanadagans gefüllt. "Unter -20° solltest du den Reißverschluss
zumachen, oder zumindest einen Pyjama anziehen." hatte Claudia mich
instruiert. Für Dänemark der reinste Overkill, aber ich friere eben schnell.



Inzwischen hat der Regen aufgehört und ich mache mich daran, die
Sturmleinen zu spannen, die ich selten benutze, aber der Ostwind zerrt an
diesem 29. April doch mächtig am Zelt.

Als alles aufgebaut und jedes Teil an seinem Platz ist, mache ich einen
Rundgang durchs Camp. Nur einige Dänen, Deutsche und Holländer
stehen mit weißer Ware auf dem Platz verstreut. Am liebsten stehen sie
ganz nah beieindander. Zelten scheint nicht mehr in Mode zu sein. In den
letzten Jahren habe ich mehrfach beobachtet, wie Campingplätze ihre
Zeltwiesen immer mehr verkleinert haben und stattdessen Parzellen mit
Stromanschluss eingerichtet haben. Egal, ich zelte noch immer gerne und
wenn man erst mal total alt ist, vielleicht 30 oder so, dann hört das
irgendwann sowieso von alleine auf.

Weil es so kalt und windig ist, verlege ich die Küche in die Apsis. So liebe
ich es, mit dem Dubs innen auf dem kuscheligen Schlafsack sitzen und
draußen brutzeln die Rib Eye Steaks, wie man Entrecote auch nennt. Das
ungemütliche Wetter hat aber den großen Vorteil, dass auch die Mücken,
Fliegen und anderes Geziefer noch nicht unterwegs sind und ich in Ruhe
im offenen Zelt sitzen kann.

Die Steaks sind innerhalb weniger Minuten knuspig lecker gebraten. Das
Fettauge in der Mitte, das Gütezeichen des Entrecote, lasse ich mir bis
zum Schluß und zwei kleine Dosen Bier habe ich auch noch im
Tankrucksack. Viel mehr braucht es nicht zum Glücklichsein.








Nach dem Essen gehe ich zum Waschhaus, spüle die Pfanne und das
Geschirr und mache mich anschließend fertig für die Nacht. Die
Waschräume auf Vesterlund Camping sind geheizt und angenehm warm.
Die Waschbecken hingegen sind voll auf Energiesparen ausgerichtet. Man
drückt auf den Knopf am Wasserhahn und hat dann für genau drei
Sekunden Wasser. Ich lerne schnell, mit einer Hand den Knopf
niederzuhalten, während ich die andere Hand wasche. Noch habe ich den
Baumstreichlern ein paar Tricks voraus.

Gerade merke ich, dass ich meine BeBe Abschminktücher vergessen habe
und die Wimperntusche nicht loswerde. Entweder sehe ich morgen früh
aus, wie die Tante von Nosferatu nach einer durchsoffenen Nacht, oder ich
schaffe es, regungslos auf dem Rücken liegend zu schlafen, ohne mich
einmal umzudrehen. Ich tippe schon jetzt auf Lösung A.

Ich verziehe mich schon ganz früh ins Zelt und mache alle Klappen und
Reißverschlüsse von innen zu. Ich hätte nicht gedacht, dass es im April in
Dänemark so kalt sein kann. Ich ziehe mich bis auf die
Thermounterwäsche aus und schlüpfe in den Daunenschlafsack. Eigentlich
möchte ich noch ein wenig lesen, aber dazu kommt es an diesem Abend
nicht mehr. Das Kindle liegt noch eingeschaltet auf meinem Bauch, als ich
einschlafe und es irgendwann später sanft auf den Zeltboden gleitet.



Wird fortgesetzt...

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AmperTiger

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wie immer Svenja, schön und bildhaft geschrieben, persönliches und Bilder eingeflochten, kurzweilig zu lesen. Gerne mehr davon.
 
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GSATraveler

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Genau, danke Svenja. Hatte mir in der Vergangenheit auch schon Diverses von Deiner Hompage abgekupfert, immer wieder gute Ideen und Erfahrungsberichte, von der Machart ganz zu schweigen.
Viel Vergnügen dann in Irland, Gruss Rolf
 
Christian RA40XT

Christian RA40XT

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Irgendwie krieg ich immer Kohldampf wenn ich Deine Reiseberichte lese ..:D


Immer schön von Dir zu lesen weil Du genauso gerne zeltest wie ich, ich schlafe nirgendwo so gut wie im Zelt... Aber stimmt schon... die Zeltflächen werden immer kleiner......


Freu mich schon auf die Fortsetzung......
 
Knobi

Knobi

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Schöner Bericht.
In der Ecke hab ich mich auch schon herumgetrieben.
Ich warte auf weitere Zeilen.
 
Frosch'n

Frosch'n

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schöner Bericht...Reisen wie ich es mag und auch praktiziere....mehr bitte..
..ööhm...mit 30 hört das mit dem Zelten übrigens nicht auf..kommt immer auf die
Pflegestufe an..:D:D
 
Torfschiffer

Torfschiffer

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Hej Svenja,

wie immer klasse zu lesen :cool: nur, ...... wo bleibt die Fortsetzung? :eek:
 
K

Knut-Wi

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Mal wieder ein typische superber Svendura-Bericht!
Mädel, da kann dich keiner überholen!
Das Wochenende, das merkwürdiger Weise an einem Sonntag begann, diente doch der Erprobung des neuen Zeltes. Und? Hat es sich bewährt?
Dein Urteil interessiert mich sehr, da ich weiß, dass bei dir wirklich Kompetenz vorhanden ist.
Gruß
Knut-Wi
 
G

Gast24424

Gast
Hey Svenja,

ich hätte auch gerne die Fortsetzung gelesen;)
 
thomasL

thomasL

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:-( Fahrrad :-(
...ja wie? "...wenn man ganz alt ist...mit 30 oder so..." ??? :D:D

Also bei mir hat der Spaß am Zelten noch nicht aufgehört. Ganz im Gegenteil. Es gab "zwischendrin" mal einige Jahre wo ich mit'm Zelt nix mehr am Hut hatte. Zum Glück hat sich das wieder geändert und ich hoffe das bleibt noch lange so... ;)

Mir sind auch die kleineren, eher unscheinbaren, abgelegenen Campingplätze am liebsten wo es kaum etwas gibt außer .....RUHE!

Wieder ein prima Bericht, Svenja. Nur leider .... so kurz :(

Schöne Grüße
Thomas
 
Svendura

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Danke für die vielen positiven Posts, ihr Lieben.
Dänemark ist ein so kleines, unscheinbares Reiseland und kann
trotzdem so viel Spaß machen. Und deshalb geht s auch gleich weiter...

 
Svendura

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Rund um den Ringkøbing Fjord

Ganz sanft komme ich aus dem Tiefschlaf an die Oberfäche. Ich habe super geschlafen,
aber jetzt wird mir eindeutig zu heiß. Die Sonne scheint strahlend hell und es ist brutig
warm im Zelt.




Meine Güte, schon halb neun. Jetzt aber los ins Waschhaus und auf dem Rückweg gleich die beiden
Mohnbrötchen abholen, die ich gestern beim Einchecken bestellt habe. Die Frau in der Rezeption weiß
sofort wer ich bin und reicht mit einem freundlichen Guten Morgen eine kleine braune Brötchentüte
über den Tresen.

Dazu bekomme ich noch eine kostenlose Landkarte der Umgebung, in die sie mit Kugelschreiber ein
Kreuz zeichnet, das den Campingplatz markiert. "Du er her." fügt sie erklärend hinzu. Ich bedanke
mich und gehe zurück zum Zelt, um zu frühstücken. Ich hänge den Schlafsack in die Sonne und setze
mich mit der Isomatte ins Gras. Die dänischen Brötchen schmecken echt klasse. Ich mag sie sogar
lieber als unsere zuhause.

Welch ein herrliches Wetter. Ich hätte nicht gedacht, dass Dänemark im April schon so warm sein kann.
Keine Wolke am strahlend blauen Himmel und sicher bekommen wir später 20°. Heute möchte ich
eine Rundtour um den Ringkøbing Fjord fahren. Das sind ungefähr 100 km. Vom Camp aus fahre ich
auf der schmalen Asphaltstraße weiter ins Vogelschutzgebiet hinein.

Nach wenigen Kilometern erreiche ich Bork Havn, ein Fischerdorf mit einem malerischen kleinen Hafen,
der an diesem Morgen gerade erwacht.



Ein rostiger, alter Bagger steht auf einer Schute im Hafenbecken und baggert emsig die Hafenzufahrt frei.
Ich sehe, dass es höchste Zeit wird, denn die Schaufel verschwindet keinen Meter tief im Wasser, bevor
sie mit pechschwarzem Schlamm beladen triefend wieder an die Oberfläche kommt.





An den Booten bereiten Fischer ihre Ausrüstung vor. Sie stapeln blaue Fischkisten mit der Aufschrift
Dansk Fisk übereinander und legen auch andere Gegenstände bereit, die ich aber nicht zuordnen kann.



Als um 11 Uhr der Hafenkiosk öffnet, hole ich mir für 10 Kronen einen Becher Kaffee, der gerade frisch
durchgelaufen ist. Der Kaffee in Dänemark schmeckt wirklich total lecker. Guter Filterkaffee ohne
irgendwelche Gimmicks, wie Latte, Moccacino, oder anderen Modekram, den ich bis heute nicht begriffen
habe. Einfach Kaffee eben.

Während ich draußen unter dem großen Sonnenschirm mit der Aufschrift Premier Is sitze und meinen
Kaffee schlürfe, kommt ein alter Mann mit Hund und verschwindet im Kiosk. Der Hund wartet geduldig,
bis sein Herr nach wenigen Augenblicken mit einer eiskalten Flasche Faxe wieder herauskommt. Er
setzt sich in die Sonne und trinkt sein Bier. Die Flasche ist total beschlagen und nach einer Weile rinnen
dicke Wassertropfen außen runter und hinterlassen eine Spur. Ich bekomme Durst. Das kriegt die
Bierwerbung im Kino nicht besser hin.

Erst am Mittag fahre ich weiter, halte aber noch im Ort bei SPAR an, um mir auch so ein Bier zu kaufen,
auch wenn ich es erst abends am Zelt trinken kann. Werbung wirkt eben doch. Im Supermarkt
entscheide ich mich allerdings für ein Tuborg Super Light, das nur 17 kcal mehr als Mineralwasser hat.



Von Bork Havn aus fahre ich entgegen dem Uhrzeigersinn weiter um den Ringkøbing Fjord. Am
schilfigen Ufer wird Rohr geschnitten, zu großen Bündeln Reet gebunden und zum Trocknen in die
Sonne gelegt. Damit werden später einmal die teuren Reetdachhäuser auf Sylt und anderswo
eingedeckt.



Kurz darauf komme ich durch ein großes Naturreservat und Vogelschutzgebiet. Überall stehen Leute
herum und glotzen durch ihre Ferngläser irgendwelche Vögel an. Wenn die wüssten, was Svenduras
Definition von Naturschutzgebiet ist:

Naturschutzgebiet, das. (n), (Abk. NSG): Hammergeiles Offroad Gelände, in
dem man super Enduro fahren könnte, aber leider nicht darf. Mist.

Schade, dass ich hier keine Runde drehen darf. Entäuscht, aber dafür umso entschlossener düse ich
weiter und spiele wenigstens einmal La Cucaracha auf meiner Hupe. Hui, jetzt kommt aber Bewegung
in die Vogelkolonie. Die Baumstreichler sind total aufgeregt und einige winken sogar zu mir rüber.
Jetzt bloß die Karre nicht abwürgen.



Mein nächster Halt ist Ringkøbing. Der Weg zum Hafen führt mich durch eine hochmoderne Automeile,
wie ich sie in Deutschland noch nicht gesehen habe. Gerade als ich das Gefühl bekomme, mich verfahren
zu haben, erreiche ich den Hafen, den ich aber weniger interessant finde, als den in Bork Havn. Alles ist
frisch renoviert, es gibt viele neue Häuser und dazu ein Parkleitsystem zu den Großparkplätzen Nord
und Süd.



Ich halte mich nicht lange in Ringkøbing auf. Aus dem Grillimbiss am Hafen riecht es so verführerisch
nach heißem Fett, dass ich Hunger bekomme und mir die Entrecotes einfallen, die im Camp
auf mich warten. Ohne weitere Verzögerung mache ich mich auf dem schmalen Küstenstreifen
zwischen Fjord und Nordsee auf den Weg zurück zum Zelt.

Der Rückweg ist grottenlangweilig und kommt mir heute endlos vor. Vielleicht habe ich aber
auch nur Hunger. Kilometer um Kilometer geht es stur geradeaus mit 94 km/h. Mehr als einmal
werde ich recht zügig von Dänen überholt. Was ist bloß aus den guten alten 80 km/h geworden, die
hier früher so penibel eingehalten wurden?



Den Nachmittag verbringe ich sonnend und lesend am Zelt. Aber zuerst werfe ich den Kocher an, gieße
etwas Biskin in die Titanpfanne und brate die Steaks, die ich in Varde gekauft habe. Die sind fast noch
leckerer, als das Fleisch, das ich von Zuhause mitgebracht habe. Das Schild auf der Verpackung
nennt als Herkunftsort Tyskland. Keine Ahnung, wo das genau liegt, aber es müsste irgendwo in
der Nähe von Odense sein. Auf jeden Fall machen die dort erstklassiges Fleisch.

Wird fortgesetzt...
 
Torfschiffer

Torfschiffer

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:D .....wieder mal sehr sehr schön geschrieben, du Vogelschreck!! :D:D:D
 
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Kampfzwerg

Kampfzwerg

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Hallo Svenja, prima geschrieben. Klasse, mittendrin mal wieder aufgehört und der Rest....:D.
Bin gespannt auf weiteres. Man hat das Gefühl, man war dabei und Hunger kriegt man beim Lesen permanent ebenfalls dann, wenn Du darüber schreibst :D, o.k., ich mache mir gegen den Hunger einen Cappu und hoffe, dass dann der Rest vom Bericht eingestellt ist. Freue mich auf die Fortsetzung.
 
thomasL

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... Die sind fast noch
leckerer, als das Fleisch, das ich von Zuhause mitgebracht habe. Das Schild auf der Verpackung
nennt als Herkunftsort Tyskland. Keine Ahnung, wo das genau liegt, aber es müsste irgendwo in
der Nähe von Odense sein. Auf jeden Fall machen die dort erstklassiges Fleisch.

Wird fortgesetzt...

Der iss gut ! :D:D:D

Gruß Thomas

PS: wann gehts denn weiter ...??? :rolleyes:
 
fishermanGS

fishermanGS

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Moin Svenja,

dein Bericht ist spannend zu lesen!
Ich kenne Vieles aus eigener Erfahrung und es macht deshalb
noch mehr Spaß deinen Reisebericht zu lesen.
"Jeg elske Jytland" können wir sicher beide zustimmen.

Bitte Fortsetzung!


:)
 
greatsouthwest

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Hi Svenja,

Dir ist Dein Spaß an der Tour deutlich an und zwischen den Zeilen abzulesen! Klasse, wünsche Dir weiterhin viel Spaß dabei! Als jemand, der im Großraum Flensburg und damit an der Grenze zu Dänemark großgeworden ist, ist mir dieses Land mit seinen Reizen alles andere als unbekannt, kann von daher die Freude und Begeisterung gut teilen. Es geht alles einen Zacken ruhiger und entspannter von dannen...

Einen kleinen Tipp möchte ich Dir aber wohl mit auf den Weg geben: wenn z.B. das Fleisch auf Deinem Grill den Herkunftsort "Tyskland" ausweist, nun ja, *räusper* dann heißt das letztlich, dass Du importiertes Essen grillst... und zwar aus Deutschland... denn Tyskland ist nichts Anderes als die dänische Bezeichnung für Deutschland...

Doch nix für ungut, genieße weiterhin die Tour, gönne Dir auch einen Hot Dog mit "Pölser", denn die knallroten Würstchen sind die einzig wahren Hot Dogs!

So long, Tom
 
Svendura

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Rückreise nach Kiel

Das Gras auf der großen Wiese ist an diesem Morgen noch nass von Tau und beinahe
unberührt. Nur von einem holländischen Wohnmobil führen zwei Spuren zum Waschhaus
und genau dahin bin ich auch unterwegs.


Das Thermometer an der Rezeption zeigt 8° C an und ich bin froh, dass die Waschräume
auf Vesterlund Camping mollig warm beheizt sind.

An den Waschbecken steht man Schulter an Schulter nebeneinander, was ich echt hasse,
weil ich es nicht mag, wenn mir jemand morgens beim Schminken und Stylen zusieht. Aber
zum Glück gibt es auch eine Einzelwaschkabine.

Beim Abbrechen des Lagers lasse ich mir Zeit. Zuerst krabbele ich ins Zelt und lasse die
Luft aus der Therm-A-Rest, bevor ich den Schlafsack in seinen Beutel stopfe, dann die
Isomatte aufrolle und beides in dem roten Rack Pack verschwindet. Der Rest meiner spärlichen
Ausrüstung passt auch noch ganz bequem hinein, oder verschwindet im Tankrucksack.



Das Zelt wische ich gründlich sauber, damit ich es in drei Wochen auf dem Weg nach
Irland wieder trocken auspacken kann. Es dauert eine knappe Stunde, bis alles sorgfältig
verstaut und die KLX startklar ist. Ich starte den Motor und freue mich über das leise Säuseln,
das sicher niemanden stören wird. Manchmal nervt mich der fehlende Sound, aber meistens
finde ich es klasse, dass die KLX so unauffällig und sympathisch leise läuft.



Langsam rolle ich über die nasse Wiese, fahre durch die automatische Schranke und
parke die Maschine vor der Rezeption. 150 DKK zahle ich für die beiden Nächte und
zwei Brötchen. Das sind circa 20 €. Nein, billig ist Zelten nicht mehr, aber es ist sein Geld wert.

Bei strahlendem Sonnenschein fahre ich auf der schnurgeraden Reichsstraße 11 zurück
nach Süden. Der stramme Ostwind nervt heute besonders, auch wenn ich ihm das gute
Wetter zu verdanken habe. Obwohl es schnurgeradeaus geht, fahre ich ständig in
Schräglage und wenn ein Laster entgegen kommt, gibt es jedesmal einen heftigen
Schlag gegen den Helm.



Nach einer guten Stunde erreiche ich Ribe und nehme im Kreisel die Ausfahrt zur Ortsmitte.
Ribe ist wirklich schön und hat eine sehenswerte kleine Altstadt. Genüsslich schlendere ich
durch die Fußgängerzone. Welch ein schöner Frühlingsmorgen das ist. Der 1. Mai ist in
Dänemark kein Feiertag und die Geschäfte sind geöffnet.



Ganz in der Nähe gibt es Førtex, ein großes Kaufhaus mit einer erstklassigen Bäckerei.
Ich hole mir am Tresen einen Kaffee und ein Brötchen dazu und setze mich an einen
freien Tisch. Ist es nicht wunderbar, bei strahlendem Sonnenschein mit dem Motorrad
auf Tour zu sein, unterwegs zu frühstücken und einfach nur das Leben zu genießen?
Oh, ich liebe es.



Für die Rückreise durch Dänemark habe ich auf der Karte die grün markierten,
landschaftlich schönen Strecken herausgesucht, doch mehr als ein paar Alleebäume
links und rechts geben sie nicht her. Doch das ist eben Dänemark, man fährt kaum wegen
der interessanten Motorradstrecken hierher, sondern wegen der friedlichen Gelassenheit,
die dieses schöne Land und seine überaus sympathischen Bewohner ausstrahlen. (05/2012)

Danke fürs Mitlesen und für die netten Kommentar, über die ich mich sehr gefreut habe.
Den kleinen Reisebericht habe ich zuerst hier im GS-Forum gepostet und ihn jetzt mit
einigen ergänzenden Skizzen und Zeichnungen auch auf meine Svendura Seite gestellt.



PS: Die Erfahrungen zum Salewa Denali III fasse ich gerade zusammen und mache daraus
ein extra Posting.
 
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Torfschiffer

Torfschiffer

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Hey Svenja,

den Aufkleber am linken Lenkerende hast du hoffentlich NICHT extra für Dänemark angebracht, ODER??? :eek::eek::eek::D

Toller Bericht & viel Spass in Irland - wir freu´n uns schon auf den Bericht und deine Bilder!!! ;)
 
Christian RA40XT

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Einen kleinen Tipp möchte ich Dir aber wohl mit auf den Weg geben: wenn z.B. das Fleisch auf Deinem Grill den Herkunftsort "Tyskland" ausweist, nun ja, *räusper* dann heißt das letztlich, dass Du importiertes Essen grillst... und zwar aus Deutschland... denn Tyskland ist nichts Anderes als die dänische Bezeichnung für Deutschland...
Ich glaub da bist Du etwas auf Svenjas trockenem Humor reingefallen :-)

@Svenja: Im Juni werde ich ja auf dem Weg zur Fähre nach Hirthals auch eine ganze Ecke durch Dänemark fahren. Kannst Du mir da eine gute Route empfehlen? Beim letzten mal bin ich von Hirtshals nach Hause einfach über die Autobahn gebrettert. Jetzt hab ich auf dem Hinweg schon viel Zeit und könnte mir ja Dänemark genauer ansehen...

Gruß
Christian
 
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