sampleman
Themenstarter
Hallo Leute, habe gerade eine Pressemitteilung der DAS-Rechtsschutzversicherung bekommen, in der sie ein Verkehrs-Urteil aufdröselt. Es geht um den Einsatz des Zusatzsymbols "Schneeflocke" neben einem Verkehrsschild. Die Kursiv-Stellung ist von mir, denn sie betrifft den Kern meines Postings:
Irritationen durch Zusatz-Verkehrsschild „Schneeflocke“ |
Straßenverkehrsrecht |
|
Wird zusätzlich zu einer Geschwindigkeitsbegrenzung ein Verkehrszeichen mit einer stilisierten Schneeflocke verwendet, bedeutet das nicht, dass das Tempolimit nur bei winterlichen Straßenverhältnissen gilt. Nach Mitteilung der D.A.S. bestätigte das OLG Hamm ein Bußgeld und ein Fahrverbot gegen einen Autofahrer, der eine solche Begrenzung nicht eingehalten hatte. OLG Hamm, Az. 1 RBs 125/14 |
|
Hintergrundinformation: |
Manchmal sind Verkehrszeichen zwar gut gemeint, sorgen beim Verkehrsteilnehmer aber für Fehlinterpretationen. 2009 hat der Gesetzgeber bereits einige Verkehrsschilder abgeschafft, die als überflüssig angesehen wurden – zum Beispiel die „Schneeflocke“, ein entsprechendes schwarzes Symbol auf weißem Grund in einem roten Dreieck. Das Schild sollte vor winterlichen Straßenverhältnissen warnen. Aber: Als Zusatzzeichen (auf einem weißen Schild mit schwarzem Rand) gibt es die „Schneeflocke“ noch. Sie kann als ein sogenanntes Sinnbild in Verbindung mit anderen Verkehrszeichen auf Schnee- und Eisglätte hinweisen. Der Fall: Ein Autofahrer war im Januar 2014 auf der B 54 unterwegs. Dort begegnete er einem elektronisch gesteuerten Verkehrsschild, das eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h verordnete – in Verbindung mit dem Zusatzschild „Schneeflocke“. Der Mann nahm an, dass das Tempolimit nur bei Schneefall gelten sollte. Es herrschten aber gerade keine winterlichen Straßenverhältnisse. Daher drückte er aufs Gas und wurde prompt geblitzt – mit 125 km/h. Die Folge: 160 Euro Bußgeld und ein Monat Fahrverbot. Der Autofahrer ging gegen den Bescheid vor. Das Urteil: Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte Bußgeld und Fahrverbot. Wie die D.A.S. Rechtsschutzversicherung mitteilte, erklärte das Gericht, dass sich die „Schneeflocke“ hier nicht mit dem Zusatzschild „bei Nässe“ vergleichen ließe. Bei letzterem gelte eine Geschwindigkeitsbegrenzung tatsächlich nur, wenn die Straße feucht sei. Das Zusatzschild „Schneeflocke“ solle lediglich die Akzeptanz der Geschwindigkeitsbegrenzung erhöhen. Diese sei unabhängig von der Wetterlage und ohne zeitliche Begrenzung einzuhalten. |
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 04.09.2014, Az. 1 RBs 125/14 Das Zusatzschild „Schneeflocke“ soll also die Akzeptanz der Geschwindigkeitsbegrenzung erhöhen. Ist ja geil. Damit bestätigt die Entscheidung etwas, was ich schon öfters gesehen habe: Offenbar darf der Staat vor Gefahren warnen, die gar nicht da sind oder Kontrollen ankündigen, die gar nicht vorhanden sind, um beim Bürger die Gehorsamkeitsquote und den verfolgungsdruck zu erhöhen. So hat zum Beispiel die Polizei in Kochel zugegeben, dass sie Warnschilder vor angeblichen Ölspuren aufgestellt hat, um die Motorradfahrer dazu zu bewegen, am Kesselberg langsamer zu fahren. Ich habe eh den Eindruck, dass es das Zusatzschild "verschmutze Fahrbahn" nicht mehr gibt, jetzt ist immer gleich von einer Ölspur die Rede. Ich finde, das ist eine bedenkliche Entwicklung. Nicht nur, dass in Deutschland viel zu viele Verkehrsschilder aufgestellt werden - es ist auch nicht nötig, auf einer kurvigen Landstraße alle 200 Meter das Tempolimit hoch- und dann wieder runterzusetzen. Aber wenn jetzt auch noch die Verkehrsschilder nicht nur übervorsichtig warnen, sondern absichtlich Gefahren ankündigen, damit sich Leute nicht situationsgerecht verhalten, dann ist eine Linie überschritten. Was meint ihr? |