Türkei Reisebericht 2012

Diskutiere Türkei Reisebericht 2012 im Touren- & Reiseberichte Forum im Bereich Unterwegs; Hallo zusammen, unser Reisebericht über unsere Tour zum Ararat ist jetzt einigermaßen fertig. Wer Interesse hat, zu lesen, der kann ja mal hier...
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Hi Christoph, würde den Bericht sehr gerne lesen, leider habe ich die Zutrittsrechte nicht zum Stammtisch.
Gruss Rolf.
 
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gasmare

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Hi Christoph, mir geht es auch so... Kein Zugriff. Gibt es noch eine andere Möglichkeit an den Bericht zu kommen?

Gruss Jan
 
Christoph Lipjes

Christoph Lipjes

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Türkei Reisebericht

So jetzt fange ich auch noch an Euch mit unserem Reisebericht zu quälen. Mal sehen wie hier die Reaktion so ist. Vielleicht schreibe ich dann weiter. Falls Ihr also Interesse an dem Bericht habt, schreibt mal wie er so zu lesen ist. Schade, Fotos sind wohl nicht so schön einzufügen.

Viel Spass
Christoph

Teil1


Vorbereitung / Planung


Lang lang ist es her, da kam mir die Idee mit dem Moped bis zum Ararat zu fahren. Das war
kurz nach dem Studium. Viel Zeit, wenig Geld. Wie das üblicherweise so ist.
Tja, kaum 30 Jahre später wird der Traum war.

Zwischendurch war ich unzählige mal mit dem Flieger in der Türkei. Wir haben uns ein Auto
geliehen, sind hauptsächlich durch den Westen gekurvt. Mit Freunden entlang des
Schwarzen Meeres bis nach Georgien. Einmal waren wir auch mit dem Mietmoped 10
Tage rund um Antalya unterwegs. Schon das war schön. Aber immer fehlte da
etwas. Jetzt weiß ich auch was. Mit dem eigenen Moped hinfahren und zwar nicht
nur in den Westen, sondern bis tief in den Osten.


Neben vielen "Wenn" und "Aber" gab es immer einen wichtigen
Punkt: Alleine macht es nicht viel Spaß. Also ein paar Freunde gefragt und nach
kaum zwei Jahren geht es los. Regelmäßig, ein Mal im Jahr, treffen wir uns mit ein paar "Jungs", wobei ich mit
52 Jahren das "Küken" bin. Irgendwann hat Thomas gemeint, wir könnten
uns ja auch "Runzelrocker" nennen. Tja und dann planten die
"Runzelrocker" auch schon die Tour in die Türkei. Ursprünglich
wollten wir zu viert los. Alle mehr oder weniger in jeder Menge Arbeit
eingebunden. Daher auch die lange Vorbereitung, denn da mussten doch einige
"Chefs" bearbeitet werden. Als Rentner im Vorruhestand hatte der
Schwager es wohl am einfachsten. Denn er musste nur den Chef zu Hause
überzeugen. Thomas und Dieter, beide selbständig, haben da schon mehr Probleme.
Leider war es dann tatsächlich so, das bei Dieter zu viel Arbeit anfiel. Schön
für den Betrieb, schlecht für die Tour. Thomas konnte die Arbeit gut verteilen.
Zum Glück für mich ist mein Chef früher selbst Motorrad gefahren und konnte
sich so für die Tour und meine lange Abwesenheit, immerhin gute fünf Wochen,
erwärmen. Trotzdem habe ich immer wieder mal nachgefragt und als dann konkret
wurde, war alles kein Problem mehr. Zu Hause kam zum Glück auch bei mir
Zustimmung. Also waren die wichtigsten Rahmenbedingungen schon mal geklärt.


Trotzdem haben wir nichts übereilt und fast zwei Jahre mehr oder weniger intensiv
geplant. Dabei war natürlich die Anfahrt ein großes Thema. Und wie fahren wir
in der Türkei. Letztendlich ging es darum, was können wir auslassen, ohne etwas
zu verpassen? Eins kann ich schon jetzt verraten. Das klappt nicht. Dafür ist
die Türkei zu geschichtsträchtig, hat zu viele geographische Eigenheiten.
Einfach zu viele Hot Spots. Jetzt, im Nachhinein, würde ich die Tour anders
planen, aber das sagt sich hinterher ja immer leicht.


Zum Glück gibt es ja entsprechende Software und so haben wir rege hin und her gemailt,
Touren vorgeschlagen, umgeworfen, verändert und und und. Campen
haben wir übrigens schnell verworfen. Das lohnt bei den Preisen für Hotels und
Pensionen in der Türkei nicht. Hotels haben wir nur zweimal vorab gebucht.
Einmal kurz vor der Schweizer Grenze, denn hier wollten wir uns mit Thomas
treffen und einmal in Italien kurz vor Ancona. Warum erst an der Schweizer
Grenze treffen? Der Schwager kommt aus Ostfriesland, Thomas aus der Eifel und
ich aus dem Ruhrgebiet. Der Schwager und ich wollten es locker auf Nebenstraßen
angehen lassen, Thomas konnte erst später starten.


Was habe ich das Internet gequält. Tagelang habe ich jeden Artikel über Motoradfahren in
der Türkei gesucht, gelesen und mit unserer Tour verglichen. Besonders unsicher
war ich mir mit dem Osten. Selbst meine Frau meinte, dort sei es unsicher. Zum
Glück haben wir uns weder von Berichten noch persönlichen Erzählungen beeinflussen
lassen. Als Touristen bleibt man vielleicht auch eher an der Oberfläche des
Landes und taucht nicht in die inneren Konflikte des Gastlandes ein.


Wir haben uns vorab den Lonely Planet "Türkei" nicht nur angeschaut, sondern
meiner war gespickt von kleinen Zetteln mit Pensionen und alles wirklich
wichtige war gelb gemarkert. Diese Infos nutzten wir kurz bevor wir den
entsprechenden Ort erreicht haben. Da der Lonely Planet aber leider etwas älter
war, stimmten oft die Hotels und Pensionen nicht mehr. Also teilweise einfach
rein in die Stadt/Ort und nach dem sprichwörtlich ersten Eindruck entschieden.
Manchmal hat uns aber auch unser Navi weitergeholfen. Hilfreich war es auch
einfach mal die Leute fragen.


Genau am 28. April 2012 um 07:28 Uhr sollte es eigentlich losgehen. Warum die Uhrzeit?
Während unserer Treffen hat der Schwager immer wieder gefragt, wann es denn
losgehen würde. Irgendeiner meinte nach der zehnten Nachfrage dann, am
28.04.2012 um 07:28 Uhr auf dem Marktplatz in Daun. Tja, ist dann aus
verschiedenen Gründen doch anders geworden. Die Fähre wurde einen Tag zu früh
gebucht. Also einen Tag früher losfahren. Da waren wir allerdings nicht
wirklich traurig drum.


Etwas traurig war ich natürlich schon meine liebste Frau und unseren Hund hier in
Deutschland zu lassen. Aber wir hatten ja letztendlich viel Zeit darüber zu
sprechen. Und soooo lange ist es schleißlich auch nicht


Was ich mir nicht so vorgestellt habe, mir aber wichtig war: direkt von zu Hause losfahren
und nicht mit dem Zug oder dem Hänger. Beides hatten wir auch in der Planung,
aber zum Glück verworfen. Schon die Hinfahrt hat mich mit dem
"Erfahren" darin bestätigt. Einerseits wären die Alternativen nur
geringfügig schneller gewesen, anderseits habe ich gemerkt, wie weit die Türkei
weg ist. Von daher waren auch die vielen Kilometer auf den unterschiedlichen
Autobahnen nicht vergeudete Zeit. Mit mehr Zeit hätten wir wohl andere Straßen
genommen. Die Fähre von Ancona nach Igoumenitsa ist ein guter Kompromiss
zwischen der Anfahrt über den Balkan und eben einer Fähre. Klasse wäre auch die
Fähre von Venedig bis Çesme gewesen. Leider wurde diese Verbindung eingestellt.

Bei mehr Zeit wäre sicherlich auch die Fahrt über schöne Straßen durch den Balkan eine
Alternative gewesen. Dann hätten wir bei Nutzung von Nebenstraßen aber
sicherlich ein paar Tage länger bis in die Türkei benötigt.
So oder so kann man zwischen vier und fünf Tagen Fahrzeit bis in die Türkei rechnen.

- - - Aktualisiert - - -

zweiter Teil



Kleine Tourbeschreibung


Hier unsere Reiseroute:
Also für mich geht es in Duisburg los. Wir wollten uns in der Nähe der Schweizer
Grenze treffen. Daher haben wir ein nettes kleines Hotel, Hotel Hirschen in
Velmlingen, gebucht. Die letzte Chance Spargel zu essen, denn wenn wir zurück
sind, ist die Spargelsaison leider vorbei. Thomas Startet erst nachmittags in
der Eifel und der Schwager ist aus Friesland schon einen Tag vorher zu mir
gekommen. Wir starten morgens um 07:28 Uhr...

Weiter bis Riccione. Auch dort hatten wir vorab ein Hotel gebucht. Zwischen Duisburg
und Ancona liegen langweilige Autobahnkilometer. Am nächsten Tag schlappe 120 km bis zur Fähre. Dort bis Igoumenica ausspannen und dann knappe 800 km bis zur türkischen Grenze. Zur Unterstützung der
griechischen Wirtschaft wollen wir einmal in Griechenland übernachten.

Erster Stopp die Halbinsel Gelibolu, dann Troja. Weiter nach Bergama. Da der Schwager
nicht mitfährt, wir uns aber in Eĝirdir treffen wollen, ändern wir unsere Route
und fahren Richtung Kalkan an der Südküste. Ein Zwischenstopp, der sich als ein
echtes Highlight herausstellte ist der Bafa See.

In Kalkan übernachten wir zweimal und machen eine kleine Rundtour ins Taurusgebirge.
Weiter geht es über Elmali nach Igirdir und treffen tatsächlich abends um sechs
Uhr endlich den Schwager. Auch hier zwei Übernachtungen, denn Hans Georg ist
ganz schön geschlaucht.

Zu dritt fahren wir über Konya nach Kappadokien. Hier ein absolutes Muss zwei
Nächte zu bleiben und die Gegend zu erkunden. Weiter zum Nemrut Daghi. Da die
Strecke doch zu lange ist, ein kurzer Zwischenstopp in Malatya. Nach dem Nemrut
über den Atatürk Stausee nach Şanliurfa. Am nächsten Tag ein kurzer Abstecher
nach Harran und dann nach Mardin. Zwei Nächte bleiben wir hier, erholen uns ein
wenig und schauen uns die wichtigsten Hot Spots der Gegend an.

Weiter geht's Richtung Van See. Wir schauen uns Hasankeyv an und übernachten in
Tatavan. Von dort entlang des Van Sees nach Dogubayazit. Wir sind am Ziel. Der
Ararat ist vom Hotel zu sehen. Der Rückweg führt uns nach Kars. Hier
unfreiwillig zwei Nächte, da mich der Durchfall umhaut. Durch das Gebirge am
Schwarzen Meer zum Sumela Kloster. Dann am Schwarzen Meer über mehrere
Zwischenstopps bis nach Hatusa. Am nächsten Tag Richtung Norden nach Sinop. Die
schönste Küstenstraße bis Amasra und dann über Amasya nach Iznik. Wir bleiben
im Norden und fahren nach Erdek, dem Touriort der 80ger in der Türkei. In Edremit
an der Westküste schließt sich der Kreis in der Türkei. Von dort geht es mit
kleinen Abweichungen bei der Übernachtungen wieder nach Hause.


Jetzt könnte Schluss sein mit der Reisebeschreibung, aber es gibt noch viel zu
erzählen, und daher ist doch kein Schluss an dieser Stelle.

Gruss Christoph

- - - Aktualisiert - - -

Es geht los 27.04 und 28.04.

3. Teil

[Christoph]
Tja, wie so oft weiß man am Morgen nicht was der Abend so bringt. Wir sind
gegen 21:00 Uhr im netten Hotel "zum Hirschen" angekommen, aber davor
war die Anfahrt wirklich ganz anders als erwartet.

Wo bin ich?

Eigentlich wähnte ich mich schon halb in der Türkei, na ja zumindest fast in
der Schweiz, unserem ersten Etappenziel. Jetzt fahre ich durch die grüne Eifel,
bin gerade in Daun angekommen und trinke meinen ersten Kaffee bei Thomas, den
wir eigentlich erst an der schweizerischen Grenze treffen wollten.Was ist passiert?

Also erstens hat der Schwager seinen Reisepass zwar eingescannt (als Kopie) und
zweitens hat er dann den Pass genau daneben liegen lassen. Morgens um fünf kam er dann auf die Idee mit seiner Frau einen Tausch, Reisepass gegen Kuss, auf halber Strecke zwischen Heimat und Duisburg durchzuführen. Der
Austausch hat geklappt. Um 08:30 Uhr war er dann schon wieder da und nach einem
guten Frühstück sind wir dann frohen Mutes auf die Bahn um die ersten Kilometer
hinter uns zu bringen. Durch den etwas späteren Aufbruch haben wir die Staus
rund um Köln vermieden. Soweit die guten Nachrichten.

Kurz vor Ahrweiler auf der A61 kam dann der Wink zu einer kleinen Pause auf einer
Raststätte. Dachte ich. Aber weit gefehlt. Die Lichtmaschine an der
italienischen Zicke lud nicht mehr. Für alle die sich nicht so mit dieser Moto
Guzzi auskennen, es ist ein etwas älterer Tourer aus dem Jahre 1984, solider
Motor, aber die Elektrik!! Das weiß ich leider nur zu gut aus eigener
Erfahrung. Jahrelang bin ich auch Guzzi gefahren. Alles außer der Elektrik war
kein Problem. Die meldete sich dafür allerdings regelmäßig. Genauso wie der
Schwager hatte ich die gesamte Elektronik modernisiert, aber auch die besten
Absichten helfen nicht immer. Nach kaum einer Stunde war klar. Fehler nicht
gefunden, so kann der Schwager nicht weiter fahren. Zum Glück hatte der
"hauseigene" Schrauber gerade Zeit und ist mal eben drei Stunden aus
Ostfriesland runter gekommen und hat eine neue Lichtmaschine mitgebracht. Das
ist mal Service.
Leider haben sich dann, hoffentlich nur vorübergehend, unsere Wege an dieser Stelle getrennt. Der
Schwager fuhr dem Schrauber entgegen und ich nach Daun. Ab Ahrweiler bin ich
dann durch das nette Ahrtal gefahren. Am frühen Nachmittag parkte ich dann vor
Thomas Haus. Nicht nur ich war erstaunt.
Wenn alles gut geht, treffen wir uns in der Schweiz wieder mit dem Schwager,
spätestens aber an der Fähre.

Ab 16:00 Uhr dann mit ein paar kleinen Ausnahmen nur noch Autobahn. Erst über die
A62 bis Pirmasens, dann bis Landau über die Landstraße. Sogar in Frankreich
waren wir noch. War halt die kürzeste Strecke über die A35. Bei Sinsheim
überqueren wir den Rhein und weiter geht es über die A5 bis wir diese bei Neuenburg
am Rhein verlassen. Es dämmert schon als wir über die B3 bis Welmlingen fahren.
Um kurz nach 21:00 Uhr haben wir den Landgasthof "Zum Hirschen" in
dem wir noch von zu Hause drei Zimmer gebucht haben, in der Nähe der Schweizer
Grenze erreicht.

[Thomas] 27.4.12 - Der Wahnsinn hat begonnen!

Unglaublich, dass ich tatsächlich für fünf Wochen in die Türkei fahre. Seit zwei Jahren
steigt die Vorfreude darauf täglich an und heute geht es endlich los. Leider zunächst
einmal mit der schlechten Nachricht, dass der Schwager erst mal weiter an
seiner "alten Dame" schrauben muss, weil sie sich scheinbar für diese
Strapaze noch nicht gerüstet fühlt. Aber eine echte Guzzi gibt nicht auf und
kommt nach. Aber jetzt auf nach Lörrach, dem ersten Etappenziel.
 
Christoph Lipjes

Christoph Lipjes

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4. Teil
Durch die Alpen 28.04.2012/29.04.2012


[Christoph] Der nächste Tag ist nicht weiter erwähnenswert. 700 km Autobahn. Wir bleiben in der Schweiz auf der A2 und fahren am Vierwaldstätter See vorbei, der glitzernd im Sonnenlicht zu unserer linken liegt. Das Interessanteste war der Stau vor dem Gotthard Tunnel und die neue Erfahrung, wie in Italien das Autobahnticket mit der Karte bezahlt werden muss, wenn man kein italienisch versteht und ich das Ticket in den falschen Schlitz schiebe. Zum Glück gab es noch ein zweites Ticket. Das hatte den schönen Vorteil, dass wir nur einmal für zwei Mopeds bezahlen mussten. Bei Chiasso streifen wir kurz den Comer See. Wie oft bin ich hier lang gefahren und habe mir in Mandello Ersatzteile für meine Mille GT gekauft und dabei natürlich am schönen See mein Zelt aufgebaut. Viele schöne Touren kommen mir dabei wieder in den Sinn. Soviel schöner, als Kilometer um Kilometer auf der Autobahn abzureißen. Denn viel mehr fällt mir dabei nicht ein. Die A9 und später die A1 und A14 sind nicht gerade für die Kurven berühmt. Um ca. 18:00 Uhr kommen wir in Riccione an und Dank Navi finden wir das Hotel. Die Mopeds werden tief in eine Einfahrt gestellt. Ein Auto wird davor gestellt und wir beziehen unsere Zimmer.
Ach so, die Pizza in einem typischen Lokal in dem touristisch durchgestylten Riccione war wirklich gut.
29.04.2012
Das Hotel war OK und bot ein gutes Frühstück. Was auch ein Problem war. Wir haben uns beim Frühstück verquatscht und konnten so nicht noch schnell durch die Berge nach Ancona, sondern mussten mal schnell die Autobahn nehmen. Vor der Abfahrt noch die Kofferreorganisation durchgeführt. Hier, in Italien, ist es schon richtig schön warm und daher alle warmen Sachen tief in die Koffer vergraben. 113 km, von Riccione bis Ancona zur Fähre. Nach dem gestrigen Tag also durchaus Entspannung.
Schon interessant wie locker in Italien die Grenzen des Möglichen auf der Autobahn getestet werden. Auf der heutigen Tour mussten wir wegen einem kleinen Zeitproblem, wie oben beschrieben, mal wieder die Autobahn nutzen. Diese war von Riccione bis Ancona durchgehend Baustelle. Das heißt, fast nur 90 km/h. Ganz schlecht bei der Zeitplanung. Aber, in fremden Ländern soll man sich ja immer auf die kundigen Einheimischen verlassen. Die wissen am besten Bescheid. Folglich haben wir uns der allgemeinen Verkehrssituation angeschlossen. Aus diesem Grund waren wir auch pünktlich vor Schließung des "Check In" am Schalter der Fährlinie.
Von da an war alles ganz entspannt. In Ancona haben wir noch das Ticket für den Schwager hinterlegt, denn Thomas hatte für uns drei zuvor die Fähre gebucht. Hans Georg musste daher nur noch für sich extra bezahlen, sobald er nach kommen kann. Die Dame an dem Schalter war sehr nett, sprach zu unserer Überraschung fließend Deutsch und so war alles kein Problem. Ich muss zugeben, dass ich mal wieder etwas gedrängt habe. Thomas dagegen war total cool. Das Ergebnis; wir haben schön lange vor der Fähre gewartet, bis auch der letzte LKW aufgefahren war und kamen dann als Letzte in den Genuss aufzufahren.
Dafür haben wir vor der Fähre vier ältere italienische Herren getroffen, jeder geschätzte 70, die mit Ihren Rollern eine gute Woche durch Griechenland touren. Es ist auch im Alter möglich noch mit Freunden eine Tour zu machen. Sie wollten unbedingt die griechischen Frauen kennen lernen. Die eigenen Frauen wollten nicht mit. Das ist doch mal was. So soll es uns auch mal gehen. Also doch: „Born to be Wild“.
Was macht der Schwager? Er bastelt und wir werden uns sicherlich in der Türkei treffen. Bis dahin hatten sich wahre Abgründe bei der Reparatur der italienischen Zicke, Moto Guzzi, aufgetan. Zwischenzeitlich ging wohl nichts mehr und der Schwager ist gemütlich mit den gelben Engeln von Süddeutschland wieder nach Friesland zurück gefahren. Sozusagen zurück auf "Start". Hier wurde fleißig die Elektrik ausgetauscht und schon ging es für den Schwager wieder los. Wir waren da schon ein paar Kilometer weiter. Er hält uns auf dem Laufenden J.
[Thomas] Na super. Jetzt spielt auch noch das Wetter mit. Um 9.00 Uhr morgens schon 20 Grad und blauer Himmel und Sonnenschein. Weiter geht's Richtung Italy. Gut dass wir Motorrad fahren, sonst wäre ich im Stau vor dem Gotthard-Tunnel verrückt geworden. Autos standen für zwei Stunden in der sengender Hitze im Stau aber das stellte für uns kein Hindernis dar. Ab durch die Mitte hieß die Devise und so mache auch diese Passage Spaß. Aber dann in Italien fragte ich mich: Wie kann man nur so langweilige Autobahnen bauen. 100e km nur geradeaus. Zum Glück leben hier auch nur Anarchisten und so vertrieben wir uns die Langeweile mit permanenter Tempolimitüberschreitung.
Nach 1100 km heute mal ein Tag zum Entspannen. Nur schlappe 100 km und wir entern die Fähre nach Igoumenitsa, das heißt 18 Stunden Entspannung pur. Optimal für die Gesäßmuskulatur. Seltsamerweise sind wir sogar zu früh am Hafen und haben noch etwas Zeit mit einer italienischen Rentnergang Freundschaft zu schließen, die mit ihren 4 alten Vespas auf dem Weg nach Griechenland sind um die dortige Damenwellt zu erkunden. Und das bei einem Durchschnittsalter von 70 Jahren. Das lässt hoffen.

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jungs.jpg

HAllo zusammen,

wer Lust hat Bilder zu schauen, schaut bitte auf www.ttt.2012.de. Hier ist der Ursprung unseres Reiseberichtes. Über die Zeitleiste kann man zu jedem Tag scrollen, links oder rechts. Leider funktionieren die Links zu den weiteren Bilder nicht mehr, da Thomas die Ordner wohl gelöscht hat. Aber zumindest die kleinen Bilder an jedem Tourtag lassen sich durch anklicken vergrößern. Wenn ich Zeit habe werde ich die Bilder auch hier einzubinden.

Gruß

Christoph

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Teil 5

[Christoph] Nach dem wir etwa eine Stunde warten mussten um vom Schiff zu kommen, die LKW's kamen nicht raus, ging’s ab durch Griechenland. Vorher noch ein nettes Frühstück in Igoumenitsa. Die Straßen sind noch leer. Natürlich war ich nach der kurzen Nacht wieder zu nervös. Oder ich bin immer noch nicht lässig genug. Schon eine Stunde vor der Ankunft hatte ich alles gepackt und es konnte losgehen, Aber die Fähre fährt langsam in die Bucht von Igoumenitsa ein. Wir schnuppern die noch kühle Luft Griechenlands und ich möchte endlich los.
Ich hätte nicht geglaubt, dass ich das jemals sagen würde: Da haben die Griechen den ersten Preis beim Bau von schönen Autobahnen gewonnen. Noch nie habe ich so eine tolle Autobahn befahren. Die E90 ist neu und hat Kurven ohne Ende. Einfach Klasse. Die ersten geschätzten 350 km geht es durch das Pindos Gebirge. Wir kurven mit lockeren 130 km/h auf dieser tollen Autobahn. Nur kurz unterbrochen von Mautstellen, bei denen wir pro Moped 1,40 € bezahlen. Nichts, wenn man den Gegenwert bedenkt. Die Autobahn ist nicht gerade überfüllt, genauer gesagt fast leer. Erst bei Thessaloniki wird sie etwas voller. Aber eng wird es noch lange nicht. Bei Egnatsia verlassen wir kurz die Autobahn. Thomas muss tanken, biegt aber nach der Ausfahrt nach rechts ab. Eine Tankstelle finden wir nicht, dafür aber die Nationalstraße 6. Und die hat Kurven ohne Ende. Sie führt parallel zur Autobahn, die wir manchmal tief unter uns entdecken können. Vor Metsovo fahren wir wieder auf. Keine Tankstelle, aber eine tolle Unterbrechung der Autobahnfahrt.
berge.jpg
An einer Mautstelle fahre ich schon weiter, als mir Thomas über unseren Funk erzählt, neben ihm habe gerade noch ein GS Fahrer angehalten und er komme ein Stück mit. Irgendwann fahren wir kurz von der Autobahn ab um zu tanken. In einem kleinen Dorf finden wir eine BP Tanke und begrüßen uns erst einmal richtig.
Das ging ungefähr so:
"Hallo ich bin Klaus".
"Und ich bin Christoph".
"Christoph , der aus dem GS Forum?"
Unglaublich! Und wie kommt Klaus darauf? Wir haben uns beide im GS Forum über unsere jeweiligen Türkei Touren ausgetauscht und mal locker verabredet. Die Mailadressen und Telefonnummern wurden ausgetauscht. Aber das wir uns wirklich treffen und dann noch mitten auf der Autobahn, hätte ich nie gedacht.
Wir fahren eine Weile zusammen und unterhalten uns via Funk. Ja ja, die Technik ist schon was Tolles. Klaus wollte aber dann doch heute noch in die Türkei einreisen, wir wollen uns etwas mehr Zeit lassen, da wir auch schon den ganzen Tag unterwegs waren. Also haben wir uns bei Komotini wieder getrennt. Gute Fahrt und wahrscheinlich sehen wir uns bald wieder.
karl.jpg
Zwischendurch bin ich heftig ins Schwitzen gekommen. Zum einem, weil es in der Tiefebene doch schon schön warm ist und weil Mopeds anschieben anscheinend ein neues Hobby von mir wird. Und eine Adventure ist schon ein schöner Brocken. Wie kann man auch alle Lampen und und und anlassen. Gut das Thomas nicht alleine fährt.
Wir finden dank des Navis schnell ein Hotel in der Nähe der Autobahn in der letzten größeren Stadt Griechenlands in Komotini. Nicht weit von der Autobahn in einem Gewerbegebiet. Freundlich werden wir begrüßt und haben die freie Wahl der Zimmer. Wir merken es ist Vorsaison, denn augenscheinlich sind wir fast die einzigen Gäste. Riesige Zimmer, Internetzugang, was wollen wir mehr. Essen wollen wir und ein leckeres griechisches Bier ist jetzt angesagt.
[Schwager] Kein eigener Kommentar, aber Schwager ist guter Dinge doch noch nachzukommen. Wir drücken die Daumen, das morgen die Reparatur klappt und er durchstarten kann.
[Thomas] Da wollten wir so viel tun auf der Fähre aber irgendwie verging die Zeit wie auf der Titanic. Abba Haaaptsach gudd gess. Und dann die letzte Etappe auf dem Weg in die Türkei. Und was für eine. Eine Autobahn wie ich sie noch nicht gesehen habe. Neu, ohne jegliche Bodenwellen geschweige denn Schlaglöcher schraubt sie sich im Achterbahnstil durch die Bergrücken. Nur das Looping fehlte. Immer wieder werden wir von erfrischend kühlen, schwarzen Tunneleinfahrten verschluckt. Über dem Highway kräuselt sich eine wunderschöne, kurvige Panoramastraße immer wieder hin und her, rauf und runter. Auch diese genießen wir für einige Kilometer. Ganz oben von den Gipfeln blenden uns weiße Schneefelder. Bei einem Tankstopp erfahren wir, dass sich hier das einzige und beachtlich große Skigebiet Griechenlands befindet. Wahrscheinlich ist es auch das südlichste in Europa. Jedenfalls in dieser Landschaft macht Motorradfahren selbst auf der Autobahn Spaß.
Am Abend sind wir fast an der türkischen Grenze, beschließen aber, diese erst morgen zu überqueren und die Nacht als kleines Dankeschön in Griechenland zu verbringen. In unserem 4* Hotel für 45€ inklusive Frühstück sind wir die einzigen Gäste und dinieren in einem riesigen Speisesaal frischen Griechischen Salat mit Schafskäse und hervorragend mariniertes Kalbssteak vom Grill.
 
Zuletzt bearbeitet:
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Nu, Christoph, mach mal schee weiter. Da kommen Erinnerungen auf!

LG
Elke
 
Christoph Lipjes

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Teil 6
An der türkischen Grenze 01.05.2012


[Christoph] Nach kaum 100 km waren wir heute schnell an der Grenze zur Türkei. Nicht nur Griechenland, auch die Türkei empfängt uns mit strahlendem Sonnenschein. Zunächst müssen wir über eine Brücke. Kurz davor wollen wir uns aufstellen, mit der türkischen Fahne im Rücken um auch ein tolles Foto von unserer Einreise in die Türkei zu machen. Trotz größtem logistischem Aufwand, ist es uns nicht gelungen direkt an der Grenze ein Foto von uns zweien auf dem Mopeds zu machen. Die Soldaten passen auf Ihre Grenze auf wie die Schießhunde. Sie kommen auf uns zu gelaufen und drängen uns weiter zu fahren. Ein Foto von der Grenze ist nicht gewünscht. So kann Thomas noch schnell ein Foto von unseren Motorrädern machen, während ich die Soldaten in ein Gespräch zu verwickeln suche.
einreise.jpg
Wir waren gegen 12:00 Uhr an der Grenze. Da wir so früh kamen, war nicht viel los. Wir konnten uns zwischen drei kurzen Wartereihen eine aussuchen. Die ersten Begrüßungsworte kamen mir noch etwas holperig über die Lippen. Neben dem Duty Free Shop konnten wir die Zusatzversicherung kaufen. Ein Geldautomat war auch direkt dabei. Die Türken sind schon praktisch veranlagt. Die Haftpflichtversicherung kostet 28€. Witzigerweise wurde die Karte durch ein Servicebüro einer großen deutschen Versicherung ausgestellt. Gerade bei dieser hatte ich vorher gefragt, ob wir nicht schon in Deutschland eine Versicherung für die Türkei abschlissen konnten. Das wurde mir aber zu Hause glatt weg verneint. Und hier an der Grenze geht es? Komische Welt. Der ADAC, bei dem ich schon etliche Jahre Mitglied bin, bietet diese Versicherung nicht an. Auch der erweiterte Rückkehrservice für Mensch und Maschine gilt nur in Europa. Tja und wie alle wissen endet Europa an den Dardanellen und Asien beginnt.
Schnell waren wir über die Grenze und steuerten die Halbinsel Gallipoli an. Übrigens, das Moped wird im Pass eingetragen und man kommt ohne Austragung auch nicht wieder aus dem Land raus. Das wird auf der Tour noch für einen von uns von besonderer Bedeutung werden.
Über zunächst eher schlechte D110 ging es dann weiter. Erst als wir bei Kesan auf die D550 abbiegen, wird die Straße besser. Vor Gelibolu biegen wir ab. Wir wollten eigentlich auf eine kleine Straße abbiegen, doch wir haben uns kurz die quirlige Innenstadt angeschaut, es war Markttag. Aber einkaufen wollten wir jetzt noch nicht. Kurz nach Gelibolu sind wir dann doch von der Hauptstraße abgebogen, um über kleine Straßen durch die kleinen Dörfer Tayfur, Yolagzi, Kumköy Richtung Süden zu fahren. Die Straße ist klein , etwas holperig und uns begegnen mehr Traktoren als Autos. Wir fahren durch eine sanft geschwungenen Landschaft. Die Felder links und rechts der Straße sind grün und hier wird angebaut was das Zeug hält.
In einem der ersten Dörfer, die wir in der Türkei durchfuhren, machten wir gleich mal an einem Teehaus halt. Wie nicht anders zu erwarten, waren nur Männer anwesend. Nachdem wir mit der Karte unsere weiteren Pläne kundgetan hatten, einige Ratschläge bekamen, wollten wir bezahlen und fahren. Fahren ging, bezahlen durften wir allerdings nicht. Der erste Tee mit den Bauern im Dorf, war das erste Gastgeschenk der Türkei an uns. Çok Teschekür.
Beeindruckend die Schlachtfelder auf der Halbinsel. Eine schöne leicht hügelige Landschaft ist heute der Gelibolu Yarimadasi Nationalpark. Gute Ackerböden, schöne Pinienwälder, man mag gar nicht glauben wie viele Menschen hier verwundet und gestorben sind. Auf Umwegen haben wir uns den nationalen Gedenkstätten dieser geschichtsträchtigen Halbinsel genähert. Ziel war das zentrale Gedenk-museum. Leider war es geschlossen. Montags haben alle Museen geschlossen, so auch dieses. Wir haben es dann als Ausgangspunkt zum Besuch einer Reihe von verschiedenen Gedenkstätten genutzt. Eine kleine, super neue Einbahnstraße führt 18 km entlang verschiedener Gedenkstätten für die erbitterten Gegner von 1915. Rechts und Links der Straße finden sich Friedhöfe verschiedener Nationen. Hier liegen Australier, Neuseeländer, Engländer und Franzosen und hier liegen viele türkische Soldaten.
Die Schlacht von Gallipoli wurde während des Ersten Weltkriegs auf der türkischen Halbinsel Gallipoli ausgetragen. Die Entente-Mächte wollten in einer gemeinsamen Operation die Halbinsel besetzen und sie als Ausgangsbasis für die Eroberung der osmanischen Hauptstadt Istanbul nutzen. Der Versuch scheiterte jedoch. Beide Seiten verloren schätzungsweise 250.000 Mann, was der Hälfte der zum Einsatz gekommenen Soldaten entspricht. Die gigantischen Mahnmale, die die Türken dort ihren Helden aber auch den Gegnern gebaut haben, sind in jedem Fall ergreifend und einen Besuch wert. Der spätere Staatsgründer der modernen Türkei, Mustafa Kemal Atatürk, legte hier den Grundstein zum Volkshelden. Ein Ausspruch lautete angeblich von ihm: "Ihr zieht nicht in die Schlacht um zu siegen, sondern um zu sterben". Da stirbt man doch als gemeiner Soldat noch einmal so gerne.
gelibolu.jpg
Schön die spontane Begegnung mit Özgür, einem türkisch/deutschen Motorradfahrer der sein Land erkundet, wenn er Zeit hat. Wir stehen gerade vor einem blühenden Rapsfeld und fühlen uns ein wenig nach Deutschland versetzt, haben wir doch überhaupt nicht mit einem solchen Feld gerechnet, als ein Motorradfahrer neben unseren Mopeds anhält. Er lebt in Izmir von Übersetzungen und wenn er wieder genug Geld verdient hat, schwingt er sich auf sein Moped und lernt das Land kennen. Özgür ist die gleiche Tour wie wir gefahren. In 70 Tagen. So viele Freunde, soviel zu sehen. Das wär‘s noch. Die türkische Variante an Motorradkleidung ist ebenfalls bemerkenswert. Da müssen wir uns erst dran gewöhnen.
zufall.jpg
Weiter ging es dann in den Süden der Halbinsel. Nach einem kleinen Snack in Kilitbahir, setzten wir dann nach Çanakale über. In Kilitbahir und Çanakale befinden sich runde Befestigungsanlagen, die als Sperrwerk für die Meerenge dienen sollten. Das Bollwerk wurde 1492 errichtet und verfügt über imposante Rundtürme in deren Nähe wir unseren Snack verzehren und auch die Anlegestelle ist nicht weit. Thomas findet schnell eine einfache Lokanta mit leckeren Fisch. Mir steht eher der Sinn nach Köfte und so gehe ich ein paar Meter weiter und bestelle mir eine leckere Portion. Die ältere Dame ist ganz angetan von meinen rudimentären Türkischkenntnissen und als ich sie auch noch bei der Verabschiedung "These" (Tante) nenne, ist sie hin und weg. Ich setze mich gleich zu Thomas und es ist gar kein Problem, das ich hier meine Köfte verzerre. Wir bekommen noch eingelegtes Gemüse zum Probieren und der Begriff "Schärfe" bekommt für uns eine ganz neue Bedeutung. Hölle Hölle. Die Überfahrt dauert nur knappe zehn Minuten und schon bei der Annäherung fallen uns die vielen Straßencafés auf. Çanakale ist wirklich lebendig, aber wir wollten ja noch bis vor die Tore von Troja. Also zirkeln wir durch die Innenstadt und finden auch schnell die richtige Ausfallstraße. Nach etwa einer Stunde über D 550 und einer kurzen Stichstraße war dies auch geschafft. Wir nehmen die erste Pension im kleinen Ort Tevikiye vor den Toren Trojas und bei einem kühlen Bier, entstehen diese Zeilen. Prost.
[Thomas] Yahoo!!! Der erste Milestone ist geschafft. Wir sind in der Türkei angekommen. Grenzübertritt war zwar easy aber wie immer machten wir gleich die Bekanntschaft mit einem Türkischen Grenzbeamten, der uns nicht erlaubte, unser geplantes Grenzübertrittsfoto zu machen. Dafür hatten wir schon wieder 28 Grad und strahlend blauen Himmel. Schnell noch die Haftpflichtversicherung für 28€ gekauft (denn entgegen der landläufigen Meinung ist diese für die Türkei nicht in der Grünen Versicherungskarte enthalten – zumindest nicht bei allen Gesellschaften) und schon waren wir über die Grenze und steuerten die Halbinsel Gallipoli an, auf der im Jahre 1915 über 130.000 Soldaten aus Großbritannien, Frankreich, Australien, Neuseeland und der Türkei (als Verteidiger) ihr Leben ließen und weit über ein halbe Million verletzt wurden. Die gigantischen Mahnmale, die die Türken dort ihren Helden aber auch denen der Gegner gebaut haben sind in jedem Fall ergreifend und einen Besuch wert. Auf der Weiterfahrt hatten wir noch eine witzige Begegnung mit Özgür, einem deutschstämmigen Türken aus Pforzheim, der jetzt in Izmir lebt, spontan anhielt, uns in der Türkei willkommen hieß und wertvolle Tipps gab.

- - - Aktualisiert - - -

Teil 7
[Christoph] Heute Morgen um 08:00 Uhr erst einmal Troja anschauen. Neben dem Pferd waren wir zu dieser frühen Stunde fast alleine. Wie hätten es fast geschafft, aber es kamen dann doch noch zwei Reisegruppen aus dem Großraum Asien hinzu. Wir sind nicht die großen "Steinegucker", aber es gibt natürlich historische Stätte, die muss man gesehen haben. Gerade der Westen der Türkei ist quasi gespickt von diesen historischen Monumenten.
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Das antike Troja beherrschte seit der Bronzezeit den Zugang zum Schwarzen Meer. Damals konnten die Schiffe noch nicht gegen den Wind kreuzen und mussten daher im Hafen der Festung auf günstige Winde warten. Oberhalb des Hafens lag Troja auf einem 15m hohen Burghügel. Nicht nur die Liegegebühren auch die Schutzzölle und die Lotsendienste machten Troja reich. Berühmt wurde Troja nicht, wie viele glauben mögen, wegen des gleichnamigen Films mit Brad Pitt als Achilles, sondern wegen der Dichtung Ilias von Homer, auf der der Film basiert. Homer beschrieb nur einen kurzen Ausschnitt des über zehnjährigen Krieges zwischen den Griechen und dem Stadtstaat Troja. Uns Deutschen ist natürlich die Entdeckung Trojas durch Schliemann im Gedächtnis geblieben. Er entdeckte nach eigenen Angaben am 31.Mai 1873 in 8 m Tiefe den Schatz des Priamos bestehend aus einem Schild, Dolchen, zwei kleinen Kelchen aus Gold und diversen anderen Gegenständen. Alles hätte er natürlich dem damals osmanischen Staat aushändigen müssen, bewahrte sie aber zunächst in seiner Hütte auf, bevor er sie außer Landes bringen ließ.
Eben neben dieser Hütte haben wir ein Zimmer gefunden und Essen eine Kleinigkeit zu Abend. Mir verschlägt es ein wenig den Appetit, denn für eine kleine Schale Reis fünf türkische Lira zu zahlen ist schon Nepp. Na ja, wir sind eben mitten in einer Touristenattraktion und dafür müssen wir blechen. Am Morgen, vor der Abfahrt, merken wir wovon der Laden lebt. Wir sind nur Beiwerk. In kurzen Abständen halten hier die Busse und die Touristen erhalten die Gelegenheit sich zu erfrischen. Und natürlich noch das eine oder andere Souvenir zu kaufen.
Gegen 10:00 Uhr brechen wir auf und fahren zurück zur bekannten D 550. Bis Ayvacik war es eher langweilig. Die Straßen waren gut, aber gerade. Wir durchquerten die ersten Ausläufer der Kasdagi Berge. Weiter ging es über schöne Straßen Richtung Yeshilyourt. Einem kleinen Dörfchen, welches seinen Namen auf Grund der verbauten gelben Steine erhalten hat. Hier steigen wir am Dorfplatz ab, und schauen uns zunächst das Dörfchen an. Vor ein paar Jahren war ich schon einmal hier. Es gab ein großes, schickes Hotel und eben den Dorfplatz mit einer alten griechischen Kirche, die zur Moschee umgebaut wurde, ein paar Einkaufsmöglichkeiten und sonst nichts. Heute sind die Einwohner aufgewacht. An einigen Stellen werden die Häuser zu Pensionen oder kleinen Pensionen umgebaut. Wir kehren zum Dorfplatz zurück und machen es uns im Schatten der Bäume auf einen kleinen Snack und natürlich Çay bequem. Hier kann man es aushalten, denn es ist schon Anfang Mai zur Mittagszeit ordentlich warm.
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Die anschließende Strecke ist gerade und wir fahren entlang der Bucht von Edremit immer auf der D 550 bei Ayvalik verlassen. Auch hier möchte ich Thomas die Altstadt zeigen, finde sie aber vor lauter neuen Häusern nicht mehr. So kurven wir bis auf die Halbinsel und wieder zurück und trinken mal wieder Tee in einem kleinen Restaurant. Nach diesem kurzen Abstecher über eher langweilige Straßen, fahren wir ein kurzes Stück zurück und vor dem Dörfchen Kerem geht es auf einer schönen, kurvigen Straße durch Kiefern und Pinienwälder Richtung Bergama. Irgendwann sehen wir aus der Ferne schon den Burgberg Bergamas. In Bergama haben wir eine wirkliche hübsche Pension, das Akropolis Guest House, gefunden und nach einem Bummel durch die Stadt in einem Restaurant lecker gegessen. Der Pensionswirt spielt nette Musik, wir können die Mopeds in der Einfahrt parken, das Tor wird geschlossen und wir sind auf einer Ruheinsel in der Stadt.
Nach einem heißen Tag war der Pool meiner. Klasse, im Prinzip von der Zimmer Tür direkt in den Pool springen. Klaus, hat sich dank unserem Tipp hier auch einquartiert. Abends noch ein, zwei Bier im Garten. Das ist Urlaub. Natürlich arbeiten wir an der Homepage. Der Internetzugang ist, wie fast überall in der Türkei, frei. Auch in kleineren Dörfern kommen wir ins Netz. Hier ist die Türkei weit vorne.
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[Thomas] Schlau wie Christoph nun mal ist, hatten wir unser Quartier am Abend zuvor in einer kleinen Pension gleich vor den Toren Trojas bezogen und konnten schon um 8 Uhr am Morgen völlig alleine und ungestört unseren Rundgang durch die Ruinen beginnen. Kurze Zeit später spuckten 20 Busse ihren schnatternden Inhalt in die Steinwüste und wir waren froh rechtzeitig das Feld räumen zu können. Vorher wurden wir aber noch von einigen Touristen aus Densborn (Eifel) angesprochen, die kaum glauben konnten, so fern der Heimat einen Biker aus Daun zu treffen, der auch noch die ganze Strecke hier her selbst gefahren ist. Weiter ging es zu einem kleinen, ursprünglichen aber hübsch herausgeputzten Bergdorf zum Mittagssnack. Am Abend erreichten wir dann Bergama, das frühere Pergamon. Wurde hier nicht das berühmte Pergamon-Papier erfunden? :-)
 
Christoph Lipjes

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Teil 7
von Bergama bis zum Bafa See 03.05.2012


[Christoph] Heute ging es früh um 08:00 Uhr zur Akropolis auf den Berg. Wir waren zu früh, die Tore waren noch nicht offen. Typisch deutsch!
Stimmt so aber auch nicht. Der Schlüssel für die Kette war wohl verschwunden und ein Ersatzschlüssel wurde erst besorgt. Dann waren wir, nach einem kleinen Rennen gegen 150 ccm Mopeds mit den Angestellten die Ersten, die in aller Ruhe ohne andere Touristen die alten Steine schauen konnten. Am Eingang ist alles auf den Touristenansturm vorbereitet. Das Ticket muss man zwar noch am Schalter kaufen, aber der Einlass ist dann vollelektronisch. Zur Sicherheit schaut aber noch ein Angestellter, ob die Touristen, so wie ich, es auch checken, das Ticket richtig unter das Lesegerät zu halten. Wir sind dank unserer Mopeds die Ersten. Die Seilbahn, die sonst die Touristen bringt ist noch nicht in Betrieb und Busse haben es noch nicht bis oben geschafft. Selbst die Souvenirverkäufer sind noch entspannt und lassen uns in Ruhe.
Das antike Pergamon zeigt gelungen die Mischung einer gewachsenen Stadt mit einer geplanten Stadt. Erste Besiedelungen fanden schon im 6. und 7. Jahrhundert v.Chr. statt. Philetairos formte die archaische Siedlung zu geplanten und befestigten Stadt. Durch viele Eroberungen seines ehemaligen Herren Lysimachos unter Alexander dem Großen verfügte er über einen prallvollen Geldbeutel und konnte so auch den Umbau der Stadt vorantreiben. Angeblich nannte er 90 Talente, ein Talent = 20 kg, Silber sein eigen. Er und sein Nachfolger Attalos I umgaben die Oberburg, die obere Agora und Teile der Wohnbebauung mit einer soliden Mauer. Die Stadt wuchs und so wurden die Straßen verbreitet. Pergamon wurde monumentaler. Später wollte man den Athener auf dem Gebiet der Kunst und Kultur Paroli bieten und es Pergamon entwickelte sich zu einem der bedeutendsten Kulturzentren des Hellinismus. Namensgebend war die Stadt für das Pergament, das einer bereits antiken Legende zufolge dort erfunden wurde. Tja Thomas, da hast Du doch richtig vermutet. Die Friese hatte ich vor Jahren schon in Berlin gesehen und war natürlich gespannt auf die Wirklichkeit. Was den Ausblick angeht, die „Griechen“ wussten schon, wo sie ihre Heiligtümer und Städte bauen mussten.
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Nach einem gemütlichen Frühstück sind wir dann um 11:30 Uhr zusammen mit Klaus los zum Bafasee. Ein kleiner Umweg in das schöne Eski Foça war auch noch drin. Allerdings kamen vorher noch an einem beeindruckenden Industriekomplex vorbei. Nun kenne ich ja schon eine Menge Industrieanlagen. Komme selber aus dem Ruhrgebiet und habe nach der Ausbildung und während der Semesterferien des Öfteren auch bei den großen Industrieunternehmen gearbeitet. Das ist jetzt auch schon wieder locker 20 Jahre her, aber selbst zu dieser Zeit hatte ich nicht so viel "Feinstaub" zwischen den Zähnen, wie in den 10 Minuten in denen wir dort vorbei mussten. Da können die Filterhersteller noch den einen oder anderen Euro verdienen. Wir biegen also vor Sehit Kemal auf die kleine 35.79 ab. Zum Glück sind wir nach wenigen Kilometern wieder am Meer und schon geht es wieder los. Wir stehen mehr als das wir fahren. Ein Motiv jagt das andere.
Foça hat mir gut gefallen. Nicht so viel Hektik, aber auch nicht langweilig. Außerdem soll man von hieraus noch die Möglichkeit haben, die im Mittelmeer seltenen Mönchsrobben zu beobachten. Vielleicht das nächste Mal. Natürlich machen wir hier eine Pause. Wir setzen uns in der Nähe des Hafens in einen Teegarten und werden freundlich nicht nur mit Çay bedient. Klasse fand ich die mobilen Buch second-hand Läden. Hier werden in großen abschließbaren Schränken diverse Bücher angeboten. Da ich noch ein wenig von der Stadt sehen möchte, schlendere ich über den zentralen Platz zur Einkaufszone und erstehe ein paar wirklich leckere Teigwaren in einer Feinbäckerei. Ein älterer Mann kommt mit einem Fahrrad vorbei. Nicht weiter erwähnenswert, aber das er einen langen Zopf hat, ist doch in der Türkei eher selten. Das Städtchen liegt nicht weit von Izmir entfernt und diese Stadt ist in der Türkei für die Weltoffenheit bekannt. Vielleicht färbt ja schon einiges in die nähere Umgebung ab.
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Viel zu schnell finden wir uns auf der D550 Richtung Izmir wieder. Bei Izmir trennten wir uns dann von Klaus. Er wollte es gemütlicher angehen lassen und hatte sich vorgenommen, mehr im Westen der Türkei zu fahren. Später schreibt er uns von einem wunderbaren Hotel auf der Halbinsel vor Izmir. Wir wollen natürlich nicht mitten durch die Großstadt.
Witzig finde ich immer die Ortseingangsschilder. Hier steht die Einwohnerzahl auf dem Schild. Ich vermute mal, schon beim Aufhängen des Schildes stimmt die Zahl nicht mehr. Izmir soll ungefähr 3,5 Millionen Einwohner haben. Kann ich nicht glauben. Die Autobahn rund um Izmir ist wie jede Autobahn der Welt nur nicht so befahren. Sie zerschneidet Izmir und es ist unglaublich, was hier gebaut wird. Ein Hochhaus neben dem anderen. Wer da wohl wohnt. So viele Menschen können doch gar nicht in der Türkei leben. Die Hochhäuser sollen die Landflucht in die Städte aufnehmen. Wenn ich mir aber so die Landbevölkerung und deren finanziellen Spielraum ansehe, möchte ich doch stark bezweifeln, das ausgerechnet sie es sind, die in die Hochhäuser einziehen. Sie werden wohl eher in die zahlreichen Gecekondus der Großstädte ziehen. Ein Gecekondu ist die Bezeichnung für einen nicht geplanten Stadtteil, mit primitiven Unterkünften am Rande einer Großstadt. Sie sind jedoch kein Slum. Es gibt eine einfache Grundversorgung mit Strom, Wasser und natürlich kleinen Läden. Manchmal stiftet ein ehemaliger reichgewordener Bewohner eine Moschee. Übersetzt bedeutet es so viel wie „über Nacht gebaut“. Hier siedeln sich meist Bewohner aus dem gleichen Heimatort oder -gegend an. Aber trotzdem wird überall neu gebaut. Alte Siedlungen werden platt gemacht. Hochhäuser entstehen. Dazwischen allenthalben Müllberge.
Wir müssen unbedingt noch herausbekommen, wie man für die Benutzung der Autobahn bezahlt. Die Versuche haben irgendwie nicht geklappt. Na ja, es gibt Schlimmeres. Auch nach der offiziellen Autobahn ähneln die Straßen weiterhin eben Solchen. Da muss man schon aufpassen, dass man nicht die Ausfahrt verpasst. Bis Belevi bleiben wir auf der E7 und biegen dann Richtung Selçuk ab. Mal wieder befinden wir uns auf der D 550. Haben die nur die eine Bundesstraße? Vor Germeçik biegen wir dann auf die D 525 ab. Diese zieht sich schnurrgerade durch die Landschaft. Erst in der Nähe des Bafa Sees wird es wieder kurviger. Wir folgen dem Ufer des Sees. Vor Ilbira biegen wir ganz scharf links in eine kleine Straße ab. Sie führt uns zu unserem heutigen Tagesziel Kapikiri.
Der Weg bis zum Bafa See wäre nicht weiter erwähnenswert, wenn nicht zwei Dinge passiert wären. Erstens wurde eine Straße neu gebaut. Ist jetzt nicht so selten hier in der Türkei, aber bei dicksten Staubfahnen lassen es sich manche LKW Fahrer nicht nehmen auch hier zu überholen. Der andere wird schon bremsen, wenn es eng wird. Und Mopedfahrer sind eh nicht wichtig.
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Das Zweite war die wunderschöne Umgebung am Bafasee. Die tollen Gesteinsformationen mit dem Licht, waren einfach Klasse. Thomas hat sich komplett vergessen und ein Foto nach dem anderen gemacht. Zunächst sondiere ich schon einmal die Pensionen in dem Ort. Dieser ist einzigartig. Man muss Eintritt zahlen. Warum Eintritt? Nicht wegen der neuen Häuser, aber diese liegen mitten zwischen dem antiken Herakleia. Das Schulgebäude steht auf der Agora. Der Athenatempel ragt noch zwischen der "modernen" Wohnbebauung heraus. Kühe finden zwischen den Stadtmauern ihren Stall, ebenso wie hier die Gärten der Bewohner angelegt sind.
Am Ortseingang warte ich dann und halte meine Kamera bereit um ein wenig die Einfahrt von Thomas in den Ort zu filmen. Irgendwann schaltet die Kamera dann auf Sparbetrieb. Ich ziehe meine Jacke aus und setzte mich auf einen Baumstamm. Nichts passiert. Na ja, vielleicht ist etwas passiert. Vielleicht ist die Gummikuh von Thomas mit einer realen Kuh zusammen gestoßen. Also Jacke wieder an und zurück. Tatsächlich begegnen mir einige Bauern, die gerade ihre Kühe in den Stall treiben. Man grüßt freundlich. Ein paar Kilometer zurück sehe Thomas fast auf der Straße liegen, da er die beste Position für ein einzigartiges Foto sucht. Die Sorgen waren also zum Glück umsonst. jetzt kann ich mich auch nicht mehr halten und knie bald ebenfalls nieder vor dieser Landschaft.
Wir kommen in der netten Pension Pelikan mit wunderbaren Blick auf den See unter. Und was für ein Blick. Bei einem Bier beobachten wir den Sonnenuntergang und wieder glüht der Chip im Fotoapparat. Schön ist es hier und schön soll es bleiben, denn rund um den See dürfen keine Hotels gebaut werden. Einzig Pensionen sind erlaubt. Rund herum lädt die Landschaft zum Wandern ein. Hier soll es mehr als 200 verschiedene Vogelarten geben. Also ein Ziel für die Hobbyornithologen. Die Gneisbrocken gehören zum Latmosgebirge und das kleine Gebirge ist ebenfalls gut zu erwandern. Hier werde ich beim nächsten Mal länger bleiben. Dann werde ich das gute Olivenöl aus natürlicher Produktion genießen.
[Thomas] Nach der guten Erfahrung mit frühen Besichtigungen besteigen wir heute Morgen die Akropolis von Pergamon und sind schon vor der Einlasskontrolle da. Nachdem die endlich den Schlüssel für das Tor gefunden haben, dürfen wir die Anlage als erste für den heutigen Tag betreten. Beeindruckt bin ich von der Aussicht und den noch in seinen Dimensionen zu erahnenden und teilweise gut erhaltenen Bauwerken. Auf der Weiterfahrt habe ich Zeit die Eindrücke zu verarbeiten. Wahnsinn, diese Gigantomanie früherer Herrscher. Wirklich nur früherer Herrscher? Da fallen mir plötzlich auch viele heutige ein, die sich ungeniert Denkmäler setzen. Bevor ich mit dem Sortieren meiner Gedanken fertig bin, verfliegen die Gedanken als wir auf einer beeindruckenden Küstenstraße entlang fahren, die immer wieder faszinierende Blicke auf die Küste freigibt.
Weiter geht es um den Bafa-See der früher einmal zum Meer gehörte und erst nach dessen Rückzug zum See wurde. Eine ehemals kleine Straße, die durch unberührte Natur um den See herumführt wird inzwischen zur 4-spurigen Autobahn ausgebaut. Naturschützer scheint es hier noch nicht zu geben. Direkt hinter dem See biegen wir ab und folgen seinem Ufer. Auf der rechten Seite liegt das gigantische Fünf-Finger-Gebirge, dass in schroffen Felsformationen teilweise bis 1500 m aufragt. Im Licht der Abendsonne bieten sich immer wieder grandiose Aussichten und hinter jeder Kurve halte ich an um Fotos zu schießen. Nach 10 km erreichen wir unser heutiges Etappenziel das Pelikan Guest House in Kapikiri (früher Heraklia), auf dessen Terrasse wir zum Abschluss des Abends bei einem kühlen Bier einen grandiosen Sonn
 
Christoph Lipjes

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Teil 8

Entlang der Westküste 04.05.2012



[Christoph] Heute sind wir nach einem ausgezeichneten Frühstück auf der Terrasse der Pension Richtung Kalkan aufgebrochen. Zurück auf der Hauptstraße ging es weiter wie es gestern dort aufgehört hatte. In einer kilometerlangen Baustelle. Wir geben nicht auf und folgen der D525 bis Milas. Hier biegen wir auf die D330 ein. Die Straßen sind ab hier zumindest keine Baustelle mehr. Nur wir sind nicht mehr mit dem Zustand unserer Mopeds einverstanden. Auch wenn jetzt einige sagen, das Moped muss so richtig schön dreckig sein, wenn man unterwegs ist, fanden wir, das auch saubere Mopeds gut aussehen können. Also ab zur Tanke und Kosmetik machen lassen. Für 5TL, etwa 2,50 €, war die Welt wieder in Ordnung. Zumindest bis zur nächsten Baustelle. Bei Yatagan biegen wir mal wieder auf die geliebte D550 ein und fahren Richtung Gökova. Hier sind wir schon wieder ganz dicht an der Südwestküste des Mittelmeeres. Bis Fethiye bleiben wir auf der D400. Manchmal blitzt das Meer zwischen den Bäumen zu unserer rechten auf. Durch den bekanntesten Strand der Türkei, Ölüdeniz, ist das Gebiet hier touristisch perfekt erschlossen. Obwohl wir nur den Rand der Stadt streifen, sehen wir überall Touriläden, Cafés und Kneipen. Wir halten uns hier nicht auf sondern suchen uns unseren Weg. Zum Glück haben wir ein Navi, die Beschilderung zu dem besonderen Ort, den ich Thomas zeigen möchte ist rudimentär. Es ist ein Abstecher zum alten griechischen verlassenen Dorf Kayaköyü dem früheren Livissi. Nach dem türkischen Befreiungskrieg wurden die hier lebenden Griechen auf den Peleponnes umgesiedelt. Es entstand eine Geisterstadt. 1957 vernichtete ein großes Erdbeben die restlichen Gebäude. Heute ist es dank der Nähe zu den Touristenorten Fethiye und Ölüdeniz zu einem Tagesausflugziel geworden. Mehrmals überholen wir Quads, die ebenfalls auf dem Weg zu dem Dorf sind. Zunächst biegen wir kurz vor dem "Dorfkern" rechts auf eine kleine Straße ab und fahren an kleinen grünen Feldern vorbei auf den gegenüberliegenden Berghang. Hier stehen schon mehrere neue Häuser, die wohl von wohlhabenden Einwohnern erbaut wurden. Als die Straße zu einem Feldweg wird kehren wir um und fahren durch das Tal zum eigentlichen Dorf. An der Hauptstraße gibt es schon einige einfache Restaurants und Souvenirläden. Alles ist ein bisschen alternativ angehaucht. Auch die ersten Boutiquehotels warten jetzt auf die ersten Gäste. Boutiquehotels nennt man in der der Türkei Hotels die oft in antiken, restaurierten Gebäuden eröffnet werden. Meist sehr liebevoll gepflegt verfügen sie oft nur über einen kleinen Garten.
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[Thomas] Nach einem ausgiebigen Frühstück mussten wir diesen herrlichen Ort Heraklia leider viel zu früh wieder verlassen. In dieser unberührten Natur und Landschaft hätte ich es noch ein paar Tage ausgehalten. Aber der Berg (Ararat) ruft und wir müssen weiter. Immer wieder geht es über tolle Motorradstrecken langsam Richtung Mittelmeer. Mitten im Nirgendwo stehen wir plötzlich vor einer verlassenen Geisterstadt. 100e, unbewohnte und teilweise verfallene Gebäude schmiegen sich an einen steilen Hang und überblicken eine weite Ebene. Hier haben früher Griechen gewohnt, bis sie Anfang der 1900 aus der Türkei vertrieben wurden. Inzwischen hat sich hier eine zunächst eine Künstlerkolonie (na ja eher ein Haufen Aussteiger) niedergelassen, betreibt kleinere Gastronomiebetriebe und profitiert von den Touristen, die sich diese Geisterstadt ansehen wollen. Aber auch neuere, große und schöne Wohnhäuser haben sich auf dem gegenüberliegenden Berghang angesiedelt, die teilweise als Ferienhaus aber auch dauerhaft bewohnt werden.
[Christoph] Kurz vor dem Dorf überholt uns noch ein Verrückter Mopedfahrer auf einer V-Strom. Russisches Kennzeichen. Oleg steigt ab, grinst breit und erzählt, das er vor vier Tagen in Moskau los ist und in Ölüdeniz eine Runde Paragleiten will. Super Location dafür. Keine Ahnung, aber hat er einen guten Reifen vorgelegt. In eine paar Tagen will er dann über Georgien zurück. Kurz E-Mails ausgetauscht und weg isser.
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Zuerst über große Straßen, dann aber auch kleine Straßen nutzend fahren wir parallel zum Taurusgebirge Richtung Kalkan. Hinter Ugrulu biegen wir in eine Solche ein. Wir fahren parallel zur D400. Welch ein Glück, keine LKW's. Kurz getankt und schon geht es weiter. Wir sind dem Taurusgebirge zum Greifen nah.
Zwischendurch wird natürlich immer wieder fotografiert. Da wir immer wieder unterschiedliche Motive schön finden, hält mal der Eine mal der Andere zu einem kleinen Fotostop. So geht es eine Weile. Irgendwann fahre ich vor und halte bei einem schönen Punkt um Thomas zu filmen. Aber der kommt nicht. Die Kamera fährt wieder in den Sparmodus, geht schließlich ganz aus und immer noch kein Thomas. Ich ziehe wieder die Jacke aus, weil es immer wärmer wird und immer noch kein Thomas. Das gleiche habe ich doch erst vorgestern erlebt. Dieses Mal fahre ich nicht zurück, vermute ich doch, das mal wieder eine Fotosession angesagt ist. Stimmt auch, nur unter anderen Vorzeichen. Nach einer halben Stunde kommt er dann angefahren. Natürlich habe ich ihn nicht gefilmt, da ich mittlerweile gemütlich im Gras sitze.
Was war passiert? Thomas hält an und will fotografieren. So weit so gut. Dumm nur wenn, er vergisst den Seitenständer heraus zuklappen. Da fällt auch mal eine Adventure um. Nur wie wieder aufzurichten? Thomas erzählt von der Technik ein Moped aufzurichten. Hat nur dummerweise nicht geklappt. Für einen alleine ist so ein Brocken mit Koffern doch etwas zu schwer. Aber ein Junge aus der Eifel weiß sich zu helfen. Koffer abgebaut und dann wie aus dem Lehrbuch aufgestellt. Tja und das hat dann doch erheblich länger gedauert. Schade wäre ich doch zurück gefahren, das hätte ich gerne gefilmt.
In Kalkan angekommen, erkenne ich kaum noch etwas wieder. Alles zu gebaut. Mit meiner Frau war ich vor ca. zehn Jahren schon einmal hier. Eine gemütliche kleine Stadt. Kalkan heißt wörtlich übersetzt "Steinbutt" und man kann sich vorstellen warum sich hier viele Fischer angesiedelt haben. Es wurde bis 1923 von Griechen bewohnt. Diese mussten dann aber auf Grund des Vertrages von Lousanne die Türkei verlassen. Die Hänge waren noch nicht zu gebaut. Aber das Hotel Papermoon, in dem wir auch damals gut untergekommen sind, haben wir gefunden.
Abends gehen wir natürlich in die Stadt und das tolle Restaurant von damals ist jetzt ein ganz feines Restaurant mit einigen Auszeichnungen geworden. Kalkan ist jetzt perfekt auf gehübscht. Die alten, gut restaurierten Häuser griechischen Stils beherbergen meist Läden für jeden Geldbeutel. Vielleicht wird ja bald ein englischer Bürgermeister gewählt. In den letzten Jahren haben sich hier viele Engländer eingerichtet und natürlich sind die Grundstückspreise rapide gestiegen. Beim Spaziergang durch den Ort können wir die Zahl der Restaurants schon fast nicht mehr zählen.
[Thomas] Die Fahrt führt jetzt hinunter in eine Ebene und plötzlich ragt vor uns das über 3000 m hohe Taurusgebirge auf, dessen Gipfel teilweise noch mit Schnee bedeckt sind. Der Kontrast zu dem sonnenbeschienenen blauen Himmel ist einfach atemberaubend. Jetzt sind es nur noch ein paar Kilometer bis zu unserem nächsten Ziel: Kalkan, einem ehemals verschlafenen Fischerort an der Küste, der von überwiegend englischen Touristen wachgeküsst wurde. Zum Glück hat sich der ursprüngliche Flair des Dorfkerns durch die artgerechte Sanierung der alten Gebäude weitgehend erhalten und die vielen Restaurants bieten von ihren Dachterrassen einen schönen Blick auf die Altstadt. In einem 20*-Restaurant nehmen wir unser Abendessen ein. Die Bevormundung der vier um uns herumschleichenden Kellner passt so gar nicht zu meiner mentalen Verfassung und ich muss mich zurückhalten um keinen Lachanfall zu bekommen als einer der Boys Christoph die Serviette über den Schoß legt. Ich ziehe deshalb vor es schnell selbst zu tun. Das Essen allerdings war Spitze.
Und was macht der Schwager? Schwager schreibt nicht. Also schreiben wir: Er ist unterwegs. Der verrückte Hund ist die Nacht durchgefahren und schaut sich Italien von der Fähre aus an. Wir werden uns also bald wieder treffen.
 
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Teil 9

Wir werden mutig 05.05.2012


[Christoph] Ein Tag relaxen. Wir frühstücken oben auf der Terrasse. Das scheint hier eine Marotte zu sein. In fast allen Pensionen wird auf der Terrasse gefrühstückt. Natürlich ist der Ausblick auf die Bucht von Kalkan auch klasse. Der Besitzer erzählt uns, dass ihm die Olivenhaine vor dem Haus auch gehören und so die Sicht nie verbaut werden kann. Das Frühstück ist ausgezeichnet und wir planen den Tag. Da der Schwager noch nicht wirklich in der Türkei ist, können wir eine kleine Auszeit nehmen, sprich wir machen nur eine kleine Tour in der Nähe. Hatte ich auch so geplant, denn ich wollte Thomas unbedingt die Saklekent Schlucht zeigen.
Zunächst war ich aber beim Barber und habe mich fein gemacht. Neben der Rasur und dem Haarschnitt gibt es beim türkischen Friseur noch viel mehr. Das ganze dauert eine gute Stunde. Zweimal rasieren, so dass auch das kleinste Härchen verschwunden ist, der Haarschnitt mit äußerster Präzision durchgeführt und dann kommt das Wichtigste: die Massage. Um ehrlich zu sein, das ist der Grund warum ich so gerne in der Türkei zum Barber gehe. Zuerst der Kopf, dann der Nacken und das Gesicht, schließlich die Schultern und die Arme. Zum Schluss jeder einzelne Finger, Halt das ganze Programm in einem guten Barber Shop. Und das für lächerliche 5,- €.
Auf kleinen Straßen fahren wir durch Pinienwälder und an unzähligen Gewächshäusern vorbei Nordwärts.
Hier muss ich noch eine kleine Anekdote aus der Zeit erzählen als ich mit meiner Frau schon einmal durch diese Gegend mit einer Yamaha XT 660 cruiste.
Wir waren ebenfalls im Hotel Papermoon in Saklekent abgestiegen und wollten die Schlucht besichtigen. Es war im Oktober 2004 als wir Richtung Saklekent tourten. Unterwegs steht ein Rollerfahrer am Straßenrand und versucht seinen Reifen zu wechseln. Wir halten und er erklärt uns kurz sein Malheur. Während ich als Hebebühne aushelfe, erzählt er mir munter, was er so macht. Ich verstehe kein Wort. Meine Frau erzählt er sei Iman und wollte nach seinen Feldern schauen. Ob wir denn mal bei ihm vorbei kommen wollen und als kleines Danke schön ein Tee trinken mögen? Wir machen für den nächsten Tag einen Termin aus und lassen uns noch schnell die Adresse geben. Am nächsten Tag tauchen wir mit der befreundeten Familie, Opa, Eltern und zwei Kindern auf. Die Frau des Hauses macht frische Gözleme für uns und ich bestaune das Studierzimmer des Mannes. Ein Zimmer voller Bücher an allen Wänden. Das habe ich in der Türkei noch nicht gesehen. Anschließend schauen wir uns noch die Gewächshäuser an. Hier werden hauptsächlich Paprika, Gurken und Tomaten angebaut. Bis zu drei Ernten im Jahr sind möglich. Schaut man aus den Bergen in dieses Tal, so sieht es aus, als ob wir auf ein glitzerndes Meer schauen. Das Meer besteht allerdings aus tausenden Quadratmetern Plastikplanen. Der Bauer und Iman scheint zufrieden zu sein. Ganz klar auch die traditionelle Geschlechterverteilung. Die frau hat absolut das Sagen im Haus. Sie kommandiert den Mann herum und er läuft und macht. Da frage ich mich heimlich ob das außerhalb des Hauses anders ist? Bei allem dirigieren scheint es aber eine liebevolle Beziehung zu sein.
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So wieder zurück zu unserer Tour mit Thomas nach Saklekent. Eine 12 km lange Schlucht, die man im kalten Wasser durchwaten kann, wenn man Lust hat. Hatten wir aber nicht. Teilweise ragen die Felswände 300 m an beiden Seiten empor. Zwischen den steilen Wänden hängt ein riesiger Felsbocken. Wenn der nur nicht runterkommt. Im Sommer ist der Gang durch die Schlucht eine gute Abkühlung. Im Augenblick ist das Wasser braun von den mitgeführten Sedimenten. Also lassen wir es. Vor der Schlucht ist alles auf Tourismus eingestellt. Neben Bus- und Autoparkplätzen unter Bäumen, gibt es viele kleine Restaurants. Man kann auch auf einer Plattform quasi mitten im Fluss sitzen. Auf den Divanen ist es gemütlich. Wir bleiben aber an Land und nehmen hier einen kleinen Snack ein. Zum Glück ist noch nicht viel los. Ein paar Leute erkundigen sich bei uns über das Woher und Wohin. Wir können uns in Ruhe unterhalten.
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Weiter geht es nach Tlos. Immer noch fahren wir eine kleine Nebenstrecke. Die Straße zieht sich über zahlreiche Kurven parallel zu der weiter westlich gelegenen D400. Tlos liegt auf ca. 460m und da es noch Vorsaison ist gibt es kaum Verkehr um den Ort herum. Selbst die kleinen Touristenläden schlafen noch den Frühlingsschlaf.
Hier haben die Lykier eine sehr beeindruckende Stadt erbaut. Auch die Gräber in der Bergflanke sind bemerkenswert. Tlos ist eine antike Stadt in Lykien, in der südwestlichen Türkei im Xanthos-Tal und zählt wohl zu den ältesten Siedlungen Lykiens.
Schon in der Bronzezeit war die Gegend besiedelt und Tlos könnte mit dem in hethitischen Quellen genannten Ort Tlawa oder Dalawa identisch sein. Sie war im lykischen Städtebund und war eine der sechs größten Orte dieses Bundes. Tlos kontrollierte den mittleren und fruchtbarsten Teil des Xanthos-Tals. Es wurde, wie so viele Städte von Erdbeben heimgesucht. Aber auch der Bischofssitz in byzantinischer Zeit konnte die schwindende Bedeutung der Stadt nicht aufhalten. Oberhalb der antiken Stätte sieht man eine Festung. Diese wurde im 19. Jahrhundert zusammen mit einer Kaserne auf den alten Ruinen der Akropolis durch den als Räuber geltenden Kanlı Ali Ağa erbaut.
Wir schauen uns die antike Stätte aber mehr oder weniger nur von außen an. Mit den Mopedklamotten durch die Gegend stiefeln ist zu anstrengend. Nach einer kleinen Pause ging es dann über einen schönen Pass, mit genau zwei Spurrillen, von denen man sich tunlichst eine aussuchen sollte, denn dazwischen gab es eine dicke Packung Steinsplitt. Wenn man darein kam wurde es wunderbar warm, allerdings nicht von der Sonne.
Irgendwann ging dann die unbefestigte Straße in eine noch gröbere Piste mit Geröll über, der wir dann ca. 11 km folgen sollten, laut Navi. Haben wir auch gemacht. Es wurde immer einsamer und uns begegneten kaum noch Bauern. Das Beste war dann die für mich erste Furtdurchquerung mit einem Moped. Echt spannend. Als hätten wir nie etwas anders gemacht. Erst mal kurz zu Fuß, Goretex sei Dank, alles erkunden und dann durch. Blieb auch nicht viel anderes übrig. Der Sprit hätte nicht gereicht. Man sieht halt nicht was unter einem ist. Daher eher gewöhnungsbedürftig. Alles geht gut. Wir filmen uns gegenseitig und beglückwünschen uns für unseren überragenden Mut. Wir folgen dem Weg. Er schlängelt sich parallel zum Flüsschen durch duftende Pinienwälder. Direkt in der Nähe kommen wir durch ein kleines Dorf. Die Leute wundern sich doch sehr, dass wir über die kleine Straße in ihr Dorf kommen. Die Ausfahrt führt uns wieder zum Fluss. Zum Glück über eine Brücke. Dann fahren wir wieder über geteerte Straßen. Ein schöner Abschluss durch die Berge war der zügig zu fahrende Passauf- und abstieg Richtung Kalkan.
[Schwager] ... ist auf dem Weg. Schon in der Türkei und morgen treffen wir uns.
[Thomas] Heute sollte es eigentlich nur ein kurzer Motorradausflug werden. Wir dachten nach einer Woche auf Achse hätten wir uns einen Relaxtag verdient. Außerdem musste dringend die Website und die Fotos aktualisiert werden. Also ließen wir es gemütlich angehen. Spätes Frühstück, ein Besuch beim Barbier von Kalkan, Arbeit am PC. Doch dann juckte es doch. Christoph wollte mir noch etwas zeigen. Nur eine kurze Runde. 120 km. 2 Stunden ca. Zuerst ging es zur Schlucht von Saklekent. Ein ca. 300 m tiefer und ca. 8 m breiter Canyon, den ein Fluss über Jahrtausende mühsam in den Fels gefressen hat. Dramatisch anzuschauen. Vom Himmel war nur noch ein schmaler Spalt zu sehen.
Nach kurzer Pause ging es weiter zu den Ruinen von Tlos. Hier konnten wir neben den Ruinen einer noch gut erhaltenen lykischen Stadt aus dem 8 Jahrhundert v. Chr. auch die Reste einer osmanischen Festung und deren in den harten Fels gehauenen Behausungen bestaunen.
tlos.jpg
Dann sollte der Weg über ca. 60 km wieder zurück nach Kalkan führen. Ich war froh, dass nicht ich sondern Christoph selbst diese Strecke ausgesucht hatte, denn jetzt fuhren wir off-road. Es ging über eine absolut einmalige Passstraße bei sagenhaftem Panorama bis auf 1100 m eine Schotterpiste hinauf und auf der anderen Seite wieder hinunter. Der Höhepunkt kam kurz vor Schluss: Die erste Furt-Durchquerung bei voller Strömung. Für den Weg zurück hätte der Sprit nicht mehr gereicht (zum Glück) und beide GS kamen ohne Probleme durch (zum Glück). Den Abend ließen wir an der Hotelbar bei Spitzenmusik vom Barkeeper und mehr Bier als üblich ausklingen.
 
Christoph Lipjes

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Auf dem Weg zum Schwager 06.05.2012

[Christoph] Diese Tagesetappe hatte nur Highlights. Trotz der 374 km, die wir heute erfahren haben, möchte ich keinen Kilometer missen. Zuerst die tolle Küstenstraße. Wir fahren wieder über die D400 Richtung Kaş. Kurven wie gemalt und da Sonntag kaum Verkehr, entspanntes Cruisen entlang des grünblauen Mittelmeers. Toll. An der Kaputaş Bucht machen wir natürlich halt und genießen diesen wunderbaren Blick über das türkisfarbenen Meer auf die Inseln. Hier ist im Sommer bestimmt die Hölle los. Jetzt scheint das Meer noch recht kalt zu sein, denn wir sehen nur wenige Menschen im Meer.
kueste.jpg
Bei Kaş halten wir noch einmal und schauen auf die schönen Gassen des kleinen Fischerortes. Kaş war mal ein echter Geheimtipp. Jetzt tummeln sich hauptsächlich deutsche und britische Touristen in dem Städtchen. Hier verlassen wir die schöne Südküste der Türkei und fahren ins Landesinnere. Von meiner letzten Mopedtour in dieser Gegend erinnerte ich mich noch an eine kleine schöne Strecke Richtung Elmali. Das war ein Volltreffer. Eine Kurve folgt der anderen. Eine Landschaft, man könnte ständig anhalten und die frische Bergluft einatmen und den Tag auf einer Wiese relaxen. Die 07.52 führt durch ein kleines Tal und ab Kasabe wird es richtig interessant. Wir gewinnen langsam an Höhe. Und der Kurvenrausch reißt nicht ab. Längst haben wir beide unseres eigenes Reisetempo. Jeder hält dort an, wo es ihm am besten gefällt, macht Fotos oder dreht kleine Filmchen. So wenig Zeit, soviel zu schauen. Bei Sinekçice biegen rechts auf die 07.53 und näheren uns langsam Elmali.
Elmali ist eine kleine Stadt auf ca. 1100m Höhe am Fuß des bis 2503 m hohen Elmali Berges. Hierhin kommen in den Sommermonaten oft die Bewohner der Küste um vor der Hitze des Sommers zu flüchten. Elmali heißt übersetzt "aus Apfel" und hier kommen nach Aussagen der Bauern die besten Äpfel der Türkei her. 1984 haben hier Bauern mit einem selbst gebauten Metalldetektor nur 20 cm unter der Oberfläche eine Amorphe mit über 1900 griechischen und lykischen Münzen entdeckt.
Ein weiterer Schatz war das Essen in Elmali. Einfaches Restaurant, engagierter Koch und gutes Essen. Klasse. Nebenbei hat der Koch und Besitzer noch schnell den Lieferservice auf seinem Moped übernommen. Sah witzig aus.
Hinter Elmali öffnet sich Landschaft nach und nach zu einer Hochebene. Durch diese ca. 1200 m hoch gelegene platte Landschaft fahren wir über die D-635 an weit entfernten Bergen vorbei. Der komplette Gegensatz zu den kurvigen engen Gebirgsstraßen am Vormittag. Nur weite Landschaft, gut ausgebaute Straßen. Irgendwann sind wir dann auf der D-650, bleiben aber nicht lange auf dieser Straße. Heute haben wir ein riesen Glück. Als wenn uns der Tag noch mehr verwöhnen wollte, können wir nochmals durch eine wunderschöne, zwar nicht mehr so hohe, aber doch schöne Gebirgslandschaft kurven. Kleine Dörfer liegen am Weg. Kühe weiden auf den fetten Wiesen. Und unsere Kühe schnurren über die schönen Straßen.
ebene.jpg
Kurz vor Eĝirdir kann man den Eindruck gewinnen, als würde hier der komplette Apfelbedarf der Türkei angebaut. Die Plantagen nehmen kein Ende. Kilometer lang fahren wir an Apfelbäumen entlang. Sie werden durch einen langen Kanal bewässert, der das Wasser des Sees hierhin leitet und dem wir bis Egirdir folgen.
[Thomas] Heute gab es leider nur ein einziges Highlight. Die gesamte Strecke über ca. 360 km die wir heute zurückgelegt haben hatte es in sich: Traumstrassen der Türkei. Zunächst an der Küste entlang von Kalkan nach Kaş, eine geschlängelte Steilküste, die sich nicht hinter der US1 zwischen LA und San Francisco oder der Great Ocean Road in Australien verstecken muss. Danach haarnadelten wir uns von einem Pass zum nächsten bis auf über 1500 m hinauf. Immer wieder musste ich anhalten um dieses traumhafte Panorama zu inhalieren. Oben angekommen, breitete sich eine unendlich weite Hochebene vor uns aus, teilweise karg und trocken mit wenig Vegetation aber durch die sanfte Hügellandschaft mit eigenen Reizen versehen und deshalb ebenfalls ein Genuss. Etwas tiefer rollten wir dann an Plantagen vorbei, auf denen Millionen von Apfelbäumen standen. Zum Abschluss schaukelten wir noch durch ein romantisches Tal, in dem ein kleiner Bach in gemütlichen Kurven unseren Weg zum nächsten Etappenziel vorgab, ein richtiges Meandertal also. Mit einem Satz: A Bikers Dream became Realtity. Ob die Fotos meine Eindrücke wiedergeben können?
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Stopp: sagte ich nur ein Highlight. Falsch. Es gab natürlich noch eins. Wir hatten gerade eingecheckt und waren auf dem Weg zum Restaurant da sahen wir IHN. Endlich, nach einer unbeschreiblichen Odyssee und niemals aufgebend hat es unser wegen technischer Defekte zunächst zurückgebliebener dritter Mann in einem wahren Husarenritt (in drei Tagen von Kassel bis Eĝirdir) doch noch geschafft zu uns zu stoßen. Herzlich Willkommen Schwager!
 
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Endlich zu Dritt 07.05.2012

[Christoph] Auf der kleinen, sehr ruhigen Halbinsel "Yeşilada", übersetzt "grüne Insel", bei Eĝirdir haben wir dann die Pension "Şehsur Peace Pension" gefunden. Schöne geräumige Räume mit einem Holzfußboden empfangen uns in der Pension. Die Pension wird durch ein älteres Ehepaar und ihrer Tochter geleitet. Keiner spricht deutsch oder englisch. Die paar Brocken türkisch, die ich beherrsche reichen aber aus. Alles ist bestens. Wir können uns die Zimmer aussuchen und für den Schwager reservieren wir direkt auch eins. Wie in der Türkei üblich ziehen wir vor betreten der Wohnung brav unsere Stiefel aus.
Die Insel ist sehr ruhig und abgelegen. Zur Entspannung sehr schön. Wie auch schon am Bafa See denke ich mir, hier könntest Du ein paar Tage bleiben und mal die Gegend erkunden. Auf dem Hinweg sind wir an dem Kovada Gölü Milli Park vorbeigekommen. Hier könnte man auf Wanderwegen durch das Taurus Gebirge wandern. Auch zum Yazili Kanyon wäre ich gerne mal gefahren.ada.jpg
Das absolute Highlight ist aber die Ankunft vom Schwager. Unglaublich, er ist in vier Tagen bis Eĝirdir gefahren. Das waren schlappe 3000 km in drei Fahrtagen. Beifall!!! Natürlich waren wir immer wieder telefonisch im Kontakt.
Nach dem wir geduscht hatten und uns "Stadtfein" gemacht haben, laufen wir an der Uferstraße entlang. Wieder kommt ein Anruf vom Schwager. Wo wir denn wären etc.? Ich erzähle ihm ausführlich wo wir gerade sind und plötzlich steht er lachend vor uns.
[Schwager] Endlich bei den Jungs. Die alte Dame hat durchgehalten. Der Nordwesten der Türkei ist nun leider nicht für mich zu sehen gewesen bei ca. 110 km/h in Dauerfahrt. Aber auf der Rückfahrt vielleicht noch das Eine oder Andere. Jetzt nur noch Dusche, Essen und 1 - 2 Bier, dann schlafen, schlafen .....zzzz. Ich danke allen, die mir geholfen haben die Schwierigkeiten zu überwinden: meiner Eva, Andreas Baumgarten, Fritze, dem Team von CRS, Conny und Rüdiger, den Jungs und Mädels vom ADAC und Claudia von der Tankstelle am Brennerübergang nach Italien, auf deren Imbißbank ich auf der Nachtfahrt 'ne Stunde schlafen konnte.
[Christoph] Tja heute, 07.05., war auf besonderen Wunsch vom Schwager Ruhetag. Also nur mal kurz in die kleine Stadt und uns kurz ein Hamam angeschaut, die Moschee war leider geschlossen, gegessen und wieder zurück zur Insel gelaufen. Die Moschee war ursprünglich eine Lagerhalle der Seldschuken und wurde 1237 erbaut. Rundherum laufen wir durch ein paar kleine Hallen mit allerlei Ramsch, der uns aber nicht interessiert. Das Hamam, welches uns angepriesen wurde, war sehr klein und repräsentierte sich von der eher schlechten Seite. Der mitgereiste Schimmelexperte, Thomas, legte ein Verbot ein. War aber auch echt schlecht. Daher lieber noch etwas warten. Es gibt bestimmt andere Gelegenheiten. Wir schauen uns ein Städtchen an, wo es nicht um den Tourismus geht. Dinge des täglichen Bedarfs gibt es in unzähligen kleinen Läden. Im Zentrum ein netter Platz mit einigen Restaurants. Natürlich schauen wir uns ein Restaurant näher an. Es hat sich gelohnt.
baba.jpg
Eĝirdir liegt am gleichnamigen See; der wiederrum der viertgrößte See der Türkei ist. Der See liegt auf ca. 900m Höhe und ist in etwa so groß wie der Bodensee. Eĝirdir selbst wurde maßgeblich vom lydischen König Krösus beeinflusst. Er ließ eine Festung bauen und die Perser gründeten um die Festung eine Stadt. Bis 1923 blieb die Bevölkerung hauptsächlich griechisch, obwohl sie die Stadt schon im 15. Jahrhundert an die Osmanen fiel. Der Name Eĝirdir bedeutet in etwa "es ist krumm".
Wir laufen an dem Minihafen entlang. Kaum Fischer zu sehen. Entweder sind schon alle wieder zurück, oder die Fischerei lohnt nicht mehr. Einige Boote sehen schon ziemlich ramponiert aus. Aber nach Recherche im Internet scheint es doch hier noch eine umfängliche Fischerei zu geben. Auch Krebse sollen hier sehr gut zu fangen sein.
Ansonsten entspannen, quatschen, lesen und die Internetseite pflegen. Die Halbinsel, Yeşilada und auch die Stadt Eĝirdir wirken ein wenig verschlafen, so als wenn alle auf den Sommer warten würden. Dabei waren es doch wieder gut 30° C. Zum Glück wird es durch die Höhenlage und den See abends schön kühl. Abends haben wir direkt am See gesessen, lecker gegessen und das ein oder andere Bier getrunken.
[Schwager] Die Ruhe war gut - und ein ordentliches Frühstück. Eigentlich wollte ich nur hinterher trotten heute. Aber ich habe mir und den anderen wieder Arbeit produziert: Mein Reisepass liegt noch im Hotel in Malkara. Christoph hat seine Süreyya gebeten im Hotel anzurufen, dass der Pass dort liegen bleibt, bis ich ihn auf dem Rückweg wieder abhole. Leider habe ich keine Quittung von dieser Übernachtung - war eine Vermittlung eines freundlichen Motorradfahrers und eines dreisprachigen LKW-Fahrers. Der Name des Hotels war glaube ich Bere? Schauen wir mal, was Süreyya erreicht. Von dieser Stelle ein dickes Dankeschön an sie von mir. Diese Inselchen liegt malerisch und auch, wie überall hier mit uralten Gemäuern bestückt. Auch als Fußgänger ist man hier gefordert. Die Bordsteine sind so hoch, dass sie als Bank hervorragend geeignet sind - von der Sonne beheizt. Morgen geht's weiter gen Osten.
foto.jpg
[Thomas] Heute kein Bericht - Pausentag Nach dem Husarenritt des Schwagers haben wir beschlossen ihm (aber auch uns) einen Ruhetag zu gönnen und die müden Knochen auszuruhen. Dazu sollte ein Besuch im Hamann von Eĝirdir beitragen. Der Besuch fand auch statt, aber er blieb sehr kurz. Die Bude war so versifft, stickig, eng und feucht, dass der Schimmelexperte absolutes Besuchsverbot erteilen musste. So blieb es bei einer kleinen Ortsbesichtigung und anschließender Augenpflege. Danach sollte auch die Website aktualisiert werden. Dat war abba nix weil Christoph seinen Laptop nicht ins Netz bekam (böse Zungen behaupten es sei Absicht gewesen).
 
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Auf dem Weg nach Kappadokien 08.05.2012



[Christoph] 534 km waren es heute.
Kurzbeschreibung: Toll, Öde, Toll!! Aber hier die längere Beschreibung:
Die ersten knapp 200 km fahren wir zunächst am Eĝirdir und Beyşehir See entlang, bzw. durch die Berge. Kleine Straßen, viele Kurven, einfach Klasse. Wie unterschiedlich doch die Landschaft der Türkei ist. Bei Sarki Karaagaç beraten wir uns kurz. Es ist noch früh. Auf der Karte wird die Straße am Westufer Sees als landschaftlich schöne Strecke angezeigt. Die Entscheidung ist schnell gefällt und wir biegen von der D-695, der wir bisher von Egirdir aus gefolgt sind, ab. Etwas verwunderlich ist der Hinweis, im Winter Schneeketten aufzuziehen. Aber die umgebenden Berge haben Höhen bis 2000m und da werden wohl wie bei uns Schneeketten von Nöten sein.
Wunderschön ist es am Beyşehir Gölü. Der See ist sogar noch eine Nummer größer als der Eĝirdir See. Es ist der drittgrößte See der Türkei, dafür aber nur etwa 10 m tief. Am Seeausgang befindet sich ein Regler, denn der See ist für die Versorgung der Landwirtschaft mit Wasser in der Konyaebene verantwortlich.
Eine gute Entscheidung diese Nebenstrecke zu nehmen. Am Rande des Sees nette, kleine Dörfer. Einige Dörfer haben am Dorfeingang, bzw. -ausgang große aus Plastiktiere stehen. Bei einem Dorf sehen wir Riesenziegen, bei einem anderen Riesenkühe. Aber auch echte Kühe weiden zwischen den Fischerbooten, die entlang des Sees aufs Ufer gezogen wurden. Fette Wiesen auf der linken Seite am See.
Schon wieder eine Strecke, auf der wir nicht weiterkommen. Eine Landschaft wie gemalt. Abwechslungsreich und kurvenreich. Ständig könnten wir anhalten. In der Ferne leuchten die noch schneebedeckten Berge. Im See liegen einige Inseln, die unbewohnt sind und wo die Vogelwelt in Ruhe brüten kann. Hier sehen wir auch erstmals in der Türkei brütende Störche. Ihre Nester befinden sich auf den Strommasten entlang der Straße. Die Spatzen nutzen das riesige Storchennest als Untermieter und haben sich kleine Nester im Nest des Storches gebaut.
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Zwischendurch versuchen uns zwei große Hütehunde, Kangals, zu verfolgen. Sie haben wohl Angst um ihre Herde. Ich habe Angst gebissen zu werden und gebe lieber Gas. So wirklich geheuer sind mir die Beiden nicht.
Bei Beyşehir queren wir die D-695 und fahren weiter auf der D-330 Richtung Konya. Hier ist die Straße wieder sehr gut ausgebaut, aber zum Glück schön kurvig und wir holen ein wenig Zeit auf. Kurz vor Konya wird die Straße vierspurig und windet sich in großen Serpentinen ins Tal.
Auf dieser Straße treffen wir noch eine Gruppe junger Mopedfahrer mit "Joghourtbechern" bei einem kleinen Stopp. Auf den Standpunkt, dass es für diese Mopeds doch keine vernünftigen Straßen gibt, kommt die Antwort, dass in den letzten Jahren sehr viele neue Straßen gebaut wurden und deren Belag vom Feinsten sei. Da müssen wir den Jungs Recht geben. Die neuen großen Straßen sind oft Autobahnähnlich ausgebaut und brauchen keinen Vergleich mit europäischen Straßen scheuen. Allein auf den Nebenstraßen sind wir mit unseren Reiseenduros gut aufgestellt.
Alle Fahrer im feinen Dress, sprich Jeans oder Jogging Anzug. Feine italienische Slipper dürfen natürlich nicht fehlen. Da kommen wir uns doch wie ein paar grobschlächtige Arbeiter mit unserer Motorradkluft vor. Doch einer hatte wirklich eine richtige Mopedgarnitur an und der war sogar schon auf der "Hatsch" in Mekka.
Alle sind nett und freundlich. Unterwegs gibt es immer wieder nette Kontakte. Das ist auch das Schöne an der Türkei. Die meisten Menschen sind einfach freundlich, wenn man Ihnen offen entgegentritt, ob es nun ebenfalls Mopedfahrer wie jetzt gerade sind oder zufällige Passanten. Ein paar Broken türkisch brechen das Eis und dann wird gefragt was das Zeug hält. Und zwischen Mopedfahrern gibt es ja immer schon ein gemeinsames Thema.
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Obwohl in Konya der wichtige Mevlevi Orden mit seinen tanzenden Derwischen sicherlich mal eine Reise wert ist, haben wir Konya quasi links liegen gelassen. Große Städte sind auf dieser Reise nicht unser Ziel.
Ab Konya wird es langweilig. Die D-300 zieht sich schnurrgerade durch eine Hochebene. Hier können wir teilweise nicht einmal entfernte Berge sehen. Alles platt. So platt, das man wie auf dem Meer schon die Erdkrümmung erahnen konnte. Und das ist neben den vielen tollen Eindrücken des Landes, einer der Eindrücke an die ich mich immer wieder erinnere.
Eine Ausnahme gibt auf der sich ewig hinziehenden Straße. Es ist Sultanhani, die größte Karawanserei aus dem 13. Jahrhundert, von den Seldschuken errichtet. Gegründet im Jahre 1229 unter dem seldschukischen Herrscher Kai Kobad I., wuchs sie, aufgrund der zentralen Lage an der historischen Seidenstraße und am seldschukischen Karawanenweg, schnell und ist heute die größte, erhaltene Karawanserei in der Türkei. Feine Steinarbeiten im ganzen Komplex sind zu besichtigen. In der Mitte liegt eine Moschee, umgeben von ehemaligen Lagerhallen, Küchen, Bädern und Verkaufsläden. Die Karawanserei liegt inmitten des Dorfes Sultanhanı, welches aber nichts hergibt. Natürlich wollen wir direkt vor dem schön verzierten Tor unsere Mopeds abstellen und fotografieren. Da ist aber der Wärter, der im Schatten des Tores wartet gar nicht mit einverstanden und so parken wir 10 m weiter.
Nach der Besichtigung essen wir im angeschlossenen Restaurant noch ein Eis und hier glaube ich zum einzigen Mal bestohlen zu werden. Wir haben wie üblich die Helme auf die Sitzbank gelegt und an meinem Helm ist natürlich auch der Funkempfänger befestigt. Dieser fehlt nun, als wir losfahren wollen. Natürlich fluche ich erst einmal kräftig, aber zum Glück liegt er nur hinter meinem Sitz etwas versteckt unter meiner Soziasitztasche. Ich bin davon überzeugt, dass ein "wohlmeinender" Rentner aus Deutschland mir zeigen will, das man seine Wertgegenstände nicht einfach so liegen lässt, denn wir werden von einer Gruppe Rentner die ganze Zeit beobachtet.
Etwas unfreiwillig besichtigen wir zuvor noch ein Dorf abseits der Straße. Laut Navi soll es zu der oben erwähnten Karawanserei gehen. Leider falsch. So fahren wir ein kurzes Stück durch die Hochebene auf Feldwegen. Der Schwager ist gar nicht erfreut, denn eine Enduro ist die italienische Zicke nun wirklich nicht. Bei einem kleinen Dorf machen wir kehrt. Das Dorf besteht in der Mehrheit aus niedrigen Lehmhäusern. Anscheinend leben die Menschen hier von Viehzucht, denn auch jetzt im Frühling sieht man hier nur wenig grüne Felder. Die Böden sind steinig und nicht sehr fruchtbar.
Nach ca. 40 km fahren wir in Aksaray ein. Hier suchen wir eine BP Tankstelle. Rufen unseren Helfer an und lassen uns von einem seiner Angestellten zu seinem BP Shop bringen. Warum das Ganze? Das erklärt sich im weiterem Verlauf der heutigen Tourbeschreibung.
Als wir dann schließlich weiterfahren ist es schon spät. Wie fahren weiter über die Hochebene und wundern uns, warum von Kappadokien noch nichts zu sehen ist. Hinter Nevşhehir wird es wieder kurviger.
Die interessanten Formationen für die Kappadokien berühmt ist verbergen sich in den Tälern. Die D-300 senkt sich in ein solches Tal und wir fahren in den touristischen Hot Spot Göreme. Überall kleine Verkaufsläden. Mountain Bikes sind zu mieten. Werbung für Ballonfahrten über Kappadokien finden sich überall.
Der Muezzin ruft zum Abendgebet als wir das zuvor ausgesuchte Hotel finden. Es ist uns aber für das Gebotene zu teuer. Ein paar Meter vorher findet Thomas mal wieder eine Karawanserei. Er schaut sie sich kurz an und wir haben dank seiner guten Nase mal wieder eine erstklassige Unterkunft. Jeder hat ein schönes Zimmer mit Natursteinwänden, einem großen Bett und gutem Badezimmer. Wir buchen sofort zwei Nächte, denn hier wollen wir uns ein wenig umschauen. Nach einer erfrischenden Dusche, fragen wir nach einem guten Restaurant und bekommen das beste Restaurant am Platz empfohlen. Rundum zufrieden genießen wir das Essen und das leckere Bier nach einem doch interessanten Fahrtag.
[Schwager] Alles hat gut angefangen heute. Eine wunderschöne Uferstraße längs eines riesigen Sees. Ein Fototermin nach dem anderen - so kommen wir nicht vorwärts - wir müssen uns beschränken. Dann Gas auf dem langweiligen Stück. Die Zeit, die wir herausgeholt haben, nimmt uns die Polizei wieder weg! 56 Euro für Thomas und mich - Christoph hat sich hinterm LKW versteckt! Thomas hat versucht durch Diskussion die Strafe abzuwenden - ich hätte deutsch gehandelt: Zu schnell - erwischt - zahlen. Im Buch, das ich von Oliver bekam, hab ich dann nachgelesen. Diskussion war richtig - gleich zahlen wird als Arroganz ausgelegt. Ein freundlicher Herr mit Deutschkenntnissen, versuchte zu vermitteln - half auch nicht.
polizei.jpg
Aber mir will er bei der Wiederbeschaffung meines Passes helfen. In Aksaray besitzt er Geschäfte; da sollten wir hinfahren und er will telefonieren zur Klärung. Gesagt - getan, wir bekamen Tee, der Herr Ruhi Kucan, Stv. Leiter der hiesigen Handelskammer, hat es mit einem Telefongespräch hinbekommen: Morgen Abend ist der Pass hier in seiner Tanke (noch eine) in Nevşehir. Vielen Dank an Ihn für die freundliche Unterstützung. Nun kann ich den Abend in Kappadokien richtig genießen.
[Thomas] Was uns auf der ganzen Fahrt schon immer aufgefallen war und überrascht hat, viele Leute machen Fotos von uns, vom Straßenrand, sogar aus stehenden oder fahrenden Fahrzeugen. Ein Grund ist wahrscheinlich, dass man so drei tolle Typen auf ihren heißen Feuerstühlen hier so selten sieht.
Auch heute wurden wir fotografiert. Das besondere war diesmal, dass wir uns kurz danach die Fotos anschauen und sogar kaufen durften, na ja eher mussten. Für 56 € das Stück. Nur Christoph hatte Glück. Er war hinter einem LKW und wurde nicht richtig erfasst. Der Fotoverkäufer sprach auch sehr gutes Deutsch schließlich hat er bis zu seinem 13. Lebensjahr in Köln gelebt aber auch das und unsere nette Unterhaltung ließ ihn nicht dazu bewegen, die Fotos zu behalten. Wir haben den Fall schnell verarbeitet, auf das Konto Strassenmaut gebucht, denn die Straßen hier sind größtenteils hervorragend und nach einigen km zurückhaltender Fahrweise wieder zu unserem normalen Tempo zurückgefunden.
[Christoph] Was war los mit dem Pass vom Schwager?
Als Entschuldigung vorab mag der nicht unerhebliche Schlafentzug auf der Hinfahrt beim Schwager gelten. In der ersten Nacht in der Türkei kommt der Schwager spät abends in der ersten großen Stadt der Türkei an, lässt sich durch einen netten jungen Mopedfahrer zu einem Hotel bringen, gibt dort brav den Pass ab und geht nach ausgiebigem Essen ebenso ausgiebig schlafen. Am nächsten Morgen schneller Aufbruch und was passiert? Der Pass bleibt im Hotel.
Unterwegs stellten sich dann mehrere Fragen:

  1. Wo ist der Pass? Antwort: Im Hotel.
  2. Wie heißt das Hotel? Antwort: keine Ahnung.
  3. Was jetzt? Antwort: Weiter fahren. Wir klären das später.
Und so wurde geklärt: Erst waren wir uns einig, dass wir den Pass auf der Rückreise im Hotel abholen. Dank der Trackaufzeichnung seines Navis wusste der Schwager natürlich noch den Weg. Aber, wir müssen den Portier informieren, dass er den Pass nicht zur deutschen Botschaft schickt. Also haben wir Dank Trackaufzeichnung und Map Source die Straße herausgefunden. Im Internet keine Info über ein Hotel auf der Straße. Schade aber auch. Also habe ich meine allerliebste Frau angerufen. Die wiederrum Ihre Schwägerin und diese hat über das türkische Branchentelefonbuch tatsächlich das richtige Hotel gefunden, dort angerufen und alles war geklärt und das um 23.00 Uhr in der Nacht. Gott sei Dank.
Und jetzt das. Hans Georg spricht den netten Mann an unserem speziellen Fototermin an und fragt nach Hilfe bei der Besorgung des Passes. Und der lässt sich ganz nach türkischer Manier nicht lumpen und setzt alles in Bewegung. Fortsetzung folgt.
 
Christoph Lipjes

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In Kappadokien 09.05.2012

[Christoph] Wir lassen uns nach dem, wieder mal reichhaltigen Frühstück, vom Chef der Pension ein wenig die Gegend erklären und er gibt ein paar Tipps. Die setzten wir dann auch direkt in einer entspannten Tour um. Heute also eine "klassische Tour" rund um Kappadokien. Zuerst Richtung Kaymakli, zu einer der unterirdischen Städte der Frühchristen. Von dort über Umwege und schöne Schotterpisten, im weiten Bogen zurück. Hans Georg hat sich gefreut.
Weiter zu verschiedenen Sehenswürdigkeiten der Umgebung, als da wären verschiedene Felsenkirchen, diverse Felsformationen, kleinere Ortschaften wie Mustafapasa oder Cemil und größere Ortschaften wie Ürgüp oder eben Göreme. Lockere und entspannte 106 km waren es. Die Landschaft ist hier schon sehr trocken. Die Böden der Felder nicht mehr so fett wie im Westen. Man könnte meinen ich bin Bauer, wenn ich auf so etwas achte.
berge.jpg
Wie die Gegend um Göreme entstanden ist:
Rund um das heutige Kappadokien spien diverse Vulkane Lava und vor allem Asche aus. Aus dieser bildete sich das Tuffgestein. Ein weicher und sehr poröser Stein. Aber da erzähle ich den Leuten aus der Eifel ja nichts Neues. Darüber lagerte sich wiederrum härteres Gestein ab. Die Vulkanausbrüche setzten sich bis in die jüngere Vergangenheit, ca. 8000 Jahre, fort. Heute ist zumindest kein Vulkan mehr aktiv.
Schon 6500 v.Chr. wurde dies Gegend nachweislich besiedelt. Die Jungchristen fanden hier eine abgeschiedene Gegend, in der sie ohne große Störung ihre Religion ausführen konnten. Sie legten vermehrt ab dem 4. Jahrhundert in dem Tuffgestein nicht nur Kirchen und Kapellen an, sondern bauten unterirdische Städte, die bis zu 10 Stockwerke in die Tiefe reichten. Die Felsenkirchen und Städte, die einst die Christen zum Schutz vor ihren Verfolgern in den Tuffstein gruben, sind weltweit einmalig. Diese Städte fassten mehrere tausend Menschen, hatten Lager, Küchen, Schlafräume, Tierställe und sogar Leichenräume konnten nachgewiesen werden. Durch Schächte wurde Luft zugeführt. Diese Städte dienten allerdings nur als, na heute würde man es "Panikraum" nennen. Sie waren nicht durchgehend bewohnt. Gesichert wurden die Eingänge durch große müllensteinartige Steine. Diese wurden vor den Eingang gerollt. Oberhalb des Einganges befanden sich oft Löcher. Hier konnten die Feinde von oben beschossen werden. Etwa 100 dieser Städte soll es in der Gegend gegeben haben. Derinkuyu ist die größte der touristisch erschlossenen Anlagen und beherbergte wohl um die 10.000 Menschen. Also allemal einen Besuch wert. Allerdings können nur ausgewählte und sichere Bereiche begangen werden. Bis zu 55m tief kann man in die Anlage eindringen. Sie wurde schon 1965 entdeckt aber nie zur Gänze erforscht. In den oberen Stockwerken wurde vermutlich hauptsächlich geschlafen. Aber auch ein Kloster und eine Weinpresse wurden gefunden. Im 7. Untergeschoss befindet sich die "Kleeblattkirche" mit einer Länge von 25m und einer Breite von 10m. Diese unterirdische Stadt war mit einer Stadt unter dem heutigen Dorf Kaymaklı durch einen neun Kilometer langen Tunnel verbunden.
Neben diesen unterirdischen Städten, gab es aber ganz gewöhnliche Wohnungen im Tuffstein. Sie hatten den Vorteil im Sommer kühl zu sein. Im Winter blieben sie dafür schön warm. Heute werden die Höhlenwohnungen nicht mehr bewohnt. Allenfalls dienen sie als Viehställe. Seit dem der Tourismus Kappadokien entdeckt hat, werden aber viele Hotels in dem Stil dieser Höhlen gebaut. familie.jpg
1983 war ich an diesem Ort zum ersten Mal. Damals gab es gerade mal ein kleines Café in Göreme. Wir mussten in Kayseri übernachten. Heute ist alles voll von Unterkünften aller Art. Wieder einmal bin ich froh, so früh im Jahr hier zu sein, denn die meisten Leute sind auch hier entspannt. Touristisch wird hier alles angeboten. Neben den Ballonfahrten in den Morgenstunden, hätten wir auch einen Ausritt machen können, Räder mieten, oder Quads. Alles kein Problem.
Im Herzen Kappadokiens befindet sich der berühmte Göreme Nationalpark, welcher im Jahre 1985 durch die UNESCO zu Weltkulturerbe erklärt wurde. In der Nähe der Kleinstadt Ürgüp liegen die berühmten „Feenkamine“, faszinierende Formen aus weichem Tuffstein, die wie steinerne Pilze und sagenumwobene Türme aus dem Boden ragen. Natürlich haben wir die berühmteste Gruppe fotografiert. Siehe ganz oben des heutigen Tages. Vater, Mutter und Kind. Wer dieses faszinierende Tal besucht, vergisst für einen Moment, Männer werden wieder zu Jungs und wir möchten am liebsten überall herumsteigen.
[Schwager] Kappadokien ist eine fantastische Gegend: Unterirdische Städte, mit Gängen unter 1,2 m Höhe und 50 cm Breite - ein bisschen mulmig war mir schon. Aber hier haben sie nur gelebt, wenn sie bedroht wurden. Noch mehr beeindruckt war ich von den Felsenkirchen; dort waren einmal die Gründer (Apostel) unserer Religionen zugegen. ein merkwürdiges Gefühl.
Um 14.20 Uhr dann das Beste: Ruhi Koçan rief an, mein Pass sei da, und ich solle in eineinhalb Stunden in Nevşehir an der BP-Tanke sein. Gesagt, getan! Um 16.25 Uhr wurde mir von einem seiner Mitarbeiter bei einem üblichen Gläschen Tee mein Pass in die Hand gedrückt. Fantastische Gastfreundschaft eines ehemaligen Gastarbeiters! Fantastische Menschen hier - wenn wir vorbeifahren, winken uns Jung und Alt zu!
pass.jpg
[Christoph] Unglaublich aber wahr. Der Schwager hat seinen Pass wieder in den Händen. Herr Kocan hat den Portier des Hotels angerufen. Der ruft zur Sicherheit wieder zurück und der Pass geht via Cargo an die Firmenadresse der BP Zweigstelle. Weiter mittels eines Angestellten zur Zweigstelle in Neveshir, wo Hans Georg den Pass am nächsten Tag abholen kann. Und die Kosten? Dreimal Nichts, trotz intensiver Nachfragen vom Schwager. Das ist die Ehre und die Gastfreundschaft der Türken. Unglaublich!!!
Natürlich fragen wir fortan jeden Morgen vor der Weiterfahrt den Schwager, ob er seinen Pass eingesteckt hat.
[Thomas] Heute nur eine kurze Tour was die km angeht aber dafür umso mehr Fotostopps. Unterirdische Städte, Feenkamine, Höhlenbehausungen und ein Kloster alles wollte abgelichtet werden oder auch nicht, aber darauf konnten wir keine Rücksicht nehmen.
Am Abend heulte uns dann zunächst ein äußerst frustrierter Kellner die Ohren voll und anschließend der Muselmann vom Minarett mit seinem extrem langen Atem, den er auch bei jeder Strophe voll ausnutzte. Zur Wiederherstellung der Ohren und des Wohlbefindens half nur ein Bier.
 
Christoph Lipjes

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Teil 13

Richtung Malatya 10.05.2012


[Christoph] Am nächsten Morgen schauen wir uns zunächst einmal den "Freiluftpark der Kirchen" bei Göreme an. Sehr beeindruckend und durchaus weiter zu empfehlen. Im Freiluftpark haben die verschiedenen christlichen Richtungen jeweils ihre Kirche in den Tuffstein geschlagen und ausgemalt. Bis zu 3.000 Kirchen sollen in Kappadokien in den Tuffstein gegraben worden sein. Hier finden sich mindestens 100 kleine und große Kirchen.
Wir machen es wie bisher. Schon früh geht es zum Kirchenpark und so haben wir wieder das Glück zunächst relativ wenige Touristen zu sehen. Leider bleibt es nicht lange und Touristen aus aller Herrenländer bevölkern den gut angelegten Park. In den meisten Kirchen kann man fotografieren. Nur in der Elmali Kilise (Apfelkirche) nicht. Hier wacht sogar ein wirklich unfreundlicher Wächter über die Einhaltung der Vorschriften. Diese Kirche wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen, bevor sie aufwendig restauriert wurde. Auch sieht man hier den Bilderstreit in der christlichen Welt. Im neunten Jahrhundert wurde die bildliche Darstellung von Jesus, den Aposteln und Heiligen durch Kaiser Leo III als Sün de verboten. Also fehlen auch hier in einigen Kirchen die Abbilder der Vorgenannten.
Da wir durch die Besichtigung erst um 11:00 Uhr los kommen, wollen wir nur noch ein Stück fahren. Die Planung soll uns über kleinere Straßen führen. Dies lassen wir dann aber fallen und legen als Grobziel Malatya fest. Unterwegs solle doch wohl ein Hotel zu finden sein. Unterwegs kommt aber nicht wirklich eins, wir waren trotz des späten Aufbruchs früh dran und so landen wir abends in Malatya. 421 km sind es bis dahin doch geworden.
Das Gesicht der Türkei ändert sich. Gerade sind wir noch in einem touristischen Highlight. Jetzt fahren wir auf der nahezu leeren D-300 Richtung Malatya. Ab und zu überholen wir einmal einen LKW oder ein Auto. So alle gefühlte 1/4 Stunde. Beim Fotostopp können wir mitten auf der Straße stehen. Keinen stört es.

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Leider hat sich das Wetter geändert. Zum Glück haben wir uns aber für die großen Straßen entschieden. Auf den teilweise buckligen kleinen Straßen kann man gut im Trockenen fahren, aber bei Regen? Auch auf den größeren Straßen ist es teilweise rutschig. Wir reduzieren das Tempo auf max. erlaubte Geschwindigkeit. Gegen Mittag machen wir in einem kleinen Ort einen Nothalt um die Regensachen anzuziehen. Wir drehen und fahren ein paar Kilometer zurück zum nächsten Ort. Auf der Suche nach einem Teehaus finden wir einen Bakal und stoppen, denn jetzt fängt es richtig an zuregnen.
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Der Besitzer des kleinen Bakals lädt uns zum Tee ein und wir revanchieren uns dafür in dem wir Süßes kaufen. Nebenan ist eine Schule und auch die Schüler kommen schnell einmal um eine Kleinigkeit zu kaufen. Manche sind schüchtern, andere forsch. Es dreht sich immer um die Frage Woher, Wohin etc. Außerdem sind die Schüler im Englischen wohl gerade dabei die Fragen nach dem Namen zu lernen. Denn vielmehr als "My name is Hassan" "What is your name?" kommt leider nicht.
Weiter geht es im leichten Regen, der bald wieder aufhört. Es wird merklich kühler. Mehrfach erreichen wir die Schneegrenze. Alter, verharschter Schnee liegt noch in einigen Mulden. Wir befinden uns durchschnittlich auf 1300 m. Höhe. Mehrfach fahren wir bis auf 1800 m, einmal bis auf 1900 m hoch. Oben mal ein kleiner Ausschnitt wie es auf und ab geht.
Links und rechts sehen wir Landschaften, die stark an den Grand Canyon erinnern. Zugegeben, nicht so spektakulär, aber auch hier sieht man die typischen Formationen der Erosion.
Da wir gut in der Zeit sind, beschließen wir bis Malatya zu fahren. Bis auf den Regen, der uns zum Glück nur im Tal erwischt, klappt alles ganz gut. Zuvor haben wir noch schnell ein Hotel aus dem "Lonely Planet" eingegeben. Als wir ankommen, ist das Hotel weg. Nach einigem Nachfragen finden wir dann an einer großen Ausfallstraße noch ein Hotel. Es gibt hier teilweise einen echten Renovierungsstau und zum ersten Mal in der Türkei erlebe ich, das einem der Angestellten eine Nachfrage zu viel ist und er eigentlich lieber seine Ruhe haben möchte. Dafür ist der Manager des Hauses bemüht und lässt alles in Ordnung bringen. Na ja, Hauptsache ein Bett für die Nacht und schon fahren wir weiter.
Malatya selbst ist eine junge Stadt. Rund herum werden Aprikosen angebaut. Diese sind weit über die Grenzen der Türkei bekannt und gern gegessen. In der Provinz werden ca. 300.000 t Aprikosen geerntet und vermarktet. Auch steigen immer mehr Bauern auf biologischen Anbau um. Außerdem werden die getrockneten Aprikosen nicht mehr geschwefelt, sondern gehen so in den Verkauf. Diese sind dann nicht mehr so schön goldgelben, sondern eher braun. Schmecken aber um einiges besser. Außerdem wird hier viel Tabak angebaut und verarbeitet.
Das alles interessiert uns aber alles nicht. Wir wollen essen und Bier trinken. Latschen durch die Stadt und finden nichts. Wir halten uns an die große Moschee, denn hier muss es doch etwas zu essen geben. Kein Restaurant, was uns anspricht. Vor lauter Verzweiflung wollen wir wieder zurück ins Hotel, aber zuvor spreche ich noch einen Mann in einer Eisdiele an. Der verweist uns auf ein Restaurant, an dem wir schon zweimal vorbei gelaufen sind. Das Essen ist wie üblich gut, nur ein Bier bekommen wir nicht.
[Schwager] Wir haben gelernt, wie groß die fuß läufige Entfernung von einem "Christoph" ist - Aus zeitlichen Gründen setzen wir sie aber mit dem Moped um: Freilichtmuseum mit Felsenkirchen - wieder die Apostel im Hinterkopf. Mittags ab in den Osten: Bis Malatya haben wir's geschafft: Krampfhafte Hotelsuche in einer Millionenstadt Mitten im Nichts. Krampfhafte Restaurantsuche - das war dann doch noch gut - nur Bier gab's nicht!
[Thomas] Dann ließen wir Kappadokien hinter uns und machten uns auf den fast 500 km langen Weg nach Osten ins "wilde Kurdistan". Wie eine Achterbahn nur zum Glück ohne Looping, schlängelte sich die Straße über einen Pass nach dem Anderen. Der höchste erreichte immerhin 1900 m. Die Fahrt selbst war ziemlich öde und so mussten wir uns an dem erfreuen was kam: Mal ein Kuhhirte mit seiner Herde links, mal ein Schäfer mit seinen Tieren rechts, dann wieder eine durch riesige Neubauprojekte verursachte Schotterpiste. Und plötzlich links und rechts direkt neben uns: Schneefelder. Zwischendurch bot aber auch die Landschaft etwas Abwechslung und die karge Felswüste zeigte sich von ihrer dramatischeren Seite mit tiefen kantigen Schluchten. Ein Vergleich mit dem kleinen Grand Canyon wäre nicht übertrieben. Dann wieder Wiesen und Felder in saftigem grün weil ein Bach genügend Wasser und die Bauern genügend Arbeit hinein fließen ließen.
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Aber der Bach blieb heute nicht das einzige Wasser, welches wir zu sehen bekamen. Der Himmel verfinsterte sich mehr und mehr und plötzlich waren heftige Regenschwaden zu sehen, kurz danach auch zu fühlen. Zum Glück ein Dorf gleich neben der Straße, mit einem Kramladen, einer kleinen Schule und einigen verfallen wirkenden Häusern. Der freundliche, alte Kramladenbesitzer gewährte uns Unterschlupf, seine Frau heißen Tee und leckere Haselnüsse.
Inzwischen sind wir trocken in dem Moloch Malatya angekommen und freuen uns schon drauf morgen wieder in unberührtere Natur fahren zu können.
[Christoph] Und so wird getankt. Schön in einer Reihe aufstellen und alle Mopeds nacheinander betanken. Dann in die staunenden Augen des Tankwarts schauen und schmunzeln. Besonders beim Zahlen waren die Tankwarte immer wieder erstaunt, wie groß der Tank einer GS Adventure doch ist.
Gezahlt haben wir immer im Wechsel. Thomas, der Herr der Finanzen, hat dafür gesorgt das keiner übervorteilt wurde. Die gemeinsame Kasse galt auch für Unterkunft und Essen. Jeder war mal dran und hat seinen Teil gezahlt.

- - - Aktualisiert - - -

Teil 14

Am Nemrut Dağhi 11.05.2012

[Christoph] Nach einiger Planung haben wir den sicheren Weg, heißt über Karte und Navi, bekannte Straßen zum Nemrut, gewählt. Aber auch hier konnte uns das Land nicht enttäuschen. Von Malatya zunächst über die D-800 sind wir dann hinter Sürgü in ein schönes Tal abgebogen. Hier wird der Boden mit viel weiterem Mutterboden aufgearbeitet. Kornfelder stehen schon kniehoch. Wein wird hier wohl auch in jüngster Zeit angebaut. Die Weinstöcke sind noch sehr klein. Von wegen muslimisches Land und Alkoholverbot. In der Türkei wird viel Wein gekeltert, wobei sich der Wein auf der internationalen Bühne noch nicht durchgesetzt hat.
Vor Adiyaman biegen wir in eine kleine Straße ab. Zuvor aber noch das Mittagessen in einem Restaurant direkt an der Kreuzung an der wir abbiegen wollen. Der Zufall lässt grüßen.
Es ist mittlerweile wieder heißer geworden und so freuen wir uns im Restaurant zu sitzen. Thomas und der Schwager haben mal wieder Glück. Es gibt frischen Fisch und ich bekomme mal wieder Köfte. Anschließend noch das mittägliche Nickerchen und dann ging es gegen zwei Uhr weiter.
Wir biegen später auf die D-360 ein und bleiben auch nach Kahta auf dieser Straße. Jetzt sind wir schon ganz nah am großen Atatürk Stausee. Die D-360 wird jetzt wieder kurviger und bei Narince weist uns ein Schild den Weg zum Nemrut Dağhi. Einige Kilometer vor dem Nemrut Daghi wurde die Straße mit Betonsteinen gepflastert. Das zog sich letztendlich bis zum Nemrut Daghi hoch. Wenn das mit der Hand gesetzt wurde...
Etwa 15 km vor dem Tagesziel fahren wir durch das kleine Dorf Karadut. Einige junge Männer winken uns zu. Sie wollen uns ein Zimmer für die Nacht anbieten. Wir haben uns aber schon für eine Pension, nur einige Kilometer vor dem Nemrut Daghi entschieden. Das Kevansaray Hotel verfügt über kleine Doppelzimmer mit Bad. Außerdem befindet sich ein Pool vor dem Haus. Alles sieht ein bisschen heruntergewirtschaftet aus. Die Zimmer sind aber trotzdem sauber und nach langen und zähen Verhandlungen übernachten wir hier. Das Hotel hat quasi ein Alleinstellungsmerkmal. Es gibt zwar noch ein weiteres Hotel direkt nebenan. Dieses wird aber von der gleichen Familie geführt und ist auch nicht billiger. Dieses Mal ohne Çami (Moschee) in der Nähe. Der Muezzin kann uns in der Nacht nicht wecken, aber dafür giebt es ein hübsches Froschkonzert.
Wir wollen zum Sonnenuntergang auf dem Berg sein und haben daher noch Zeit zu waschen. Thomas springt in den Pool. Bei gefühlten 10°C Wassertemperatur bin ich stolz auf ihn. Mich bekommt er nicht rein.
Wieder einmal eine schöne Tour durch die unbekannte Türkei. Auch für mich ist dies Neuland, war ich doch bisher eher im Westen unterwegs. Die Leute wie immer freundlich. Fragen drehen sich meist um das Woher und Wohin. Dafür ist unsere Karte auf den Koffern ein tolles Mittel mit den Menschen in Kontakt zu kommen und ein paar einfache Dinge zu besprechen. Schlimm an der Fahrerei sind nur die vielen Pausen. Es gibt so viel zu fotografieren.
Der Nemrut Dağhi ist schon beeindruckend, auch wenn der Sonnenuntergang wegen leichter Bewölkung eher unspektakulär ausgefallen ist.
Eine karge Landschaft rund herum. Wovon die Leute leben? Mehr als extensive Landwirtschaft scheint nicht möglich zu sein. Wir sehen einige Frauen über die Hänge am Berg laufen und ab und zu etwas aufheben. Wahrscheinlich suchen sie nach Kräutern um diese weiter zu verarbeiten. Selbst Schafe werden hier oben nicht glücklich. Denn schon bald wird das Grün von der Sonne verbrannt sein.
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So gegen fünf Uhr machen wir uns auf den Weg zum Nemrut. Der Weg ist gut ausgeschildert und wir fahren bis zur Bergstation. Ab hier geht es nur noch zu Fuß weiter. Neben uns auf dem Parkplatz hält ein Art Expeditionsbus. Die Leutchen übernachten hier in einem großen Schlafsaal, oder zelten nebenan. Da lobe ich mir doch ein Hotel.
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20 Minuten geht es steil bergauf. Gepflegte Wanderwege sind es nicht gerade, die wir hochlaufen. Wer keine Lust mehr hat, kann auch auf dem Rücken eines Maultieres nach oben kommen. Das will ich dem Tier aber nicht antun und so laufe ich auf Schusters Rappen bergan. Pünktlich zum Sonnenuntergang sind wir oben. Einige Touristen sind vor uns da. Aber außer einer größeren türkischen Touristengruppe, die gerade vom Reiseleiter instruiert wird, ist aber nicht viel los. Wir befinden uns auf der West-Terrasse. Erstens kann man nur hier die Sonne untergehen sehen und zweitens ist die Ost-Terrasse noch gesperrt, da der Weg noch unter Schneefeldern verborgen ist.
2206m sind wir jetzt hoch. Wir blicken auf die Berge des Taurusgebirge. Rund herum wurde das Gebiet 1988 zum Nationalpark erklärt. Wir befinden uns in der Provinz Adıyaman nur ca. 90km von der gleichnamigen Stadt entfernt.
Jetzt ein bisschen Geschichte.
Auf dem Gipfel lies König Antiochos I. Theos (69-36 v. Chr. eine Kombination von Heiligtum und Grabstätte errichten. Also hat er seine Untertanen gezwungen nochmal bis zu 75m mit der Hand aus Geröll aufzuschütten. Damit wollte er ein Zeichen seiner von ihm gegründeten Religion, einer Mischung zwischen persischer und griechischer Mythologie, setzen. Der Namenszusatz Theos bedeutet Gott. Er legte als Gott natürlich genau fest, wie er verehrt werden wollten. Erdbeben und auch die Menschen haben dafür gesorgt, dass die einstmals 8-10m hohen Statuen kopflos auf den Terrassen stehen. Im aufgeschütteten Hügel vermutet man eine Grabstelle, allerdings ist dies bis heute nicht nachgewiesen.
Wir genießen die Aussicht und fahren in der Dämmerung wieder zurück zu unserem "Hotel". Die Einrichtung im Restaurant ist eher einfach. In der Mitte steht ein Holzofen und das ca. sieben Meter lange Ofenrohr wird durch ein Fenster nach draußen geführt. Wir bekommen aber ein vernünftiges Essen und natürlich unsere Biere. Selbst hier oben kurz vor dem Nemrut gibt es eine Internetverbindung. Schön das ich mal wieder meine Frau über Skype sehen kann. Zum Schluss arbeiten wir mal wieder an der Internetseite, damit die Daheimgebliebenen etwas zu lesen haben.
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[Schwager] Wunderschöne, zum Teil Bergstrecke zum Nemrut Nationalpark. Schönes Hotel mit viel Fröschen ....... und etwas Bier. Abends zum Sonnenuntergang rauf zum Nemrut (ca. 2100 m) mit Moped, die restlichen 200 Höhenmeter zu Fuß zum Königsgrab auf dem Gipfel. Der Sonnenuntergang wurde leider durch eine große Wolke vorgezogen. Nun noch arbeiten, damit ihr etwas zu lesen und zu schauen habt.
[Thomas] Sind das Landschaften. Ich hätte nie gedacht, dass es hier so schön ist. Da die Strecke heute nicht so lang war, hatten wir viel Zeit, um Fotos zu machen, von Schluchten, Tälern und kargen Bergrücken.
Immer wieder konnten wir beobachten, wie hier Landwirtschaft betrieben wird. Selbst die unfruchtbarsten, felsigen Böden werden in mühevoller Handarbeit kultiviert. Ganz selten hilft ein kleiner Traktor bei der schweißtreibenden Arbeit. Keine Ahnung wo sie die Unmengen an Mutterboden dazu herbekamen. In der sengenden Mittagshitze werden die kleinen Nutzflächen dann von Hand eingesät. Manchmal sind nur der Bauer und die Bäuerin auf dem Feld zu sehen.
Unser Ziel der Nemrut Dağhi Nationalpark, auf dessen höchsten Gipfel wir krackselten, bot uns eine unbeschreibliche Kulisse. Zum einen eine gigantische Aussicht über die Umgebung und dann die riesigen, in den Stein gehauenen Königsfiguren. Der Berg war mit über 2200 m auch gleichzeitig unser bisher höchster Punkt. Nach dieser körperlichen Ertüchtigung, schmeckte uns das Abendessen in der gemütlichen Pension hervorragend, besonders aber die von Christoph mit dem Zimmerpreis ausgehandelten drei Flaschen Pils. Natürlich pro Person.
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Teil 15

Am Rande des Wahnsinns 12.05.2012

[Christoph] Heute eine entspannte Tour mit nur 167 km Länge. Zunächst ging es von Karadut heraus aus den Bergen durch sanfte Hügel bis zum großen Atatürk Staudamm der den Euphrat staut. Wir fahren also wieder durch Karadut bis zur D-360 und biegen dann auf ihr links ein. Als wir uns dem See nähern wird es erstens zunehmend grüner und zweitens viel wärmer. Langsam fahren wir zur Anlegestelle von der wir ein kleines Stück über den Stausee fahren wollen. Hier gibt es schon einen kleinen Stau vor ein paar "Strandcafés".
Natürlich werden wir beim Halt wieder von den jüngeren Männern umringt und schnell sind wir in eine kleine Unterhaltung verstrickt. BMW wird hier überall erkannt. Fährt doch die Motorradpolizei auf solchen Mopeds. Guzzi ist schon erklärungswürdig. Witzig wie hier der Name der Marke ausgesprochen wird: "bee em wee". Nicht ganz Englisch, nicht ganz deutsch und türkisch bzw. kurdisch schon gar nicht, obwohl wir ja doch jetzt schon in einer Gegend sind, in der mehrheitlich kurdisch gesprochen wird.
800 km² See mit acht Wasserkraftwerken sind hier entstanden. Das aufgestaute Wasser wird durch zwei Wassertunnel, mit über 26 km Länge, den längsten der Welt, in die ehemals unfruchtbare Ebene gebracht und dort über diverse Kanäle zur Bewässerung der Felder genutzt. Nachteile gibt es natürlich auch. Wissenschaftler vermuten durch den zusätzlichen Druck an dieser Stelle wird es vermehrt zu Erdbeben an dieser schon nicht gerade erdbebenarmen Gegend kommen. Außerdem ändert sich das Mikroklima. Diese Auswirkungen sind noch nicht abzusehen. Und schaut man mal auf die Anrainer Staaten, Syrien und Irak, so protestieren diese, da teilweise nur noch ein Wasserrinnsal bei ihnen ankommt. Auszuschließen sind in der Zukunft sicherlich nicht Konflikte um die Wasserzuteilung der Anrainerstaaten.
Am oberen Ende des Sees setzten wir mit einer den internationalen Sicherheitsbestimmungen komplett übereinstimmenden Fähre über. Während der kurzen Überfahrt kommen wir mit den Leuten ins Gespräch. Teilweise sieht man schon an der Kleidung, das wir in der Nähe des syrischen Grenze sind. Und damit auch den arabischen Einfluss auf das Leben. Auf der Fähre stehen die Männer, an den Fahrzeugen, die Frauen stehen meist schwarz gekleidet, auf dem "Oberdeck" und unterhalten sich. Nach der Ankunft am anderen Ufer lassen wir zunächst die drängelnden Autofahrer vor und trinken erst einmal einen Tee.
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Das ist auch so typisch. Egal ob an einer Ampel, oder mitten auf der Straße, bei einem Stau, oder eben hier beim runterfahren von der Fähre. Großes Gedrängel, hupen von den ganz hinten Wartenden und Ausnutzung der wenigen Zentimeter um in die besten Startposition zu kommen. Dann geht es unter großem Abschiedsgehupe los und alle fahren, als wenn sie auf der Flucht sind, los. An der nächsten Ampel sieht man sich dann wieder. Bei Grün geht alles wieder von vorne los.
Nach dem alle weg sind, fahren wir aus dem Tal hoch zu einer Ebene, wo sich nicht mal Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Stimmt auch nicht, einen Fuchs haben wir gesehen. Ob er einen Hasen gute Nacht sagen kann, konnten wir nicht feststellen, es ist ja vormittags. In der Ferne Schafs- und Kuhherden. Schäfer winken uns zu. Kühe überqueren gemütlich die vierspurige Straße. Eile mit Weile. Autos oder deutsche Motorradfahrer kommen ja auch eher selten vorbei.
Kurz vor Gülabibey müssen der Schwager und ich noch zur Tanke. Thomas fährt zurück um das Landleben zu fotografieren. Wie immer arbeiten die Frauen und hacken sich die Hände auf den Feldern wund. Die Männer stehen daneben und behalten das große Ganze im Auge.
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Wir biegen rechts auf die D-885 ab und bleiben auf dieser Landstraße bis Şanliurfa. Die Temperaturen steigen, wir schwitzen und freuen uns auf die Dusche. Es ist ungewöhnlich diesig. Um ca. 14:00 Uhr ist es geschafft. Das Hotel aus dem Lonely Planet gibt es tatsächlich noch und dank Navi finden wir das Hotel schnell. Die Mopeds werden schön in Reihe vor dem Hotelfenster abgestellt, das Gepäck abgerödelt. Die Zimmer sind gut und kühl. Flachbildschirme, Telefon, Klimaanlage und Wifi sind im Preis enthalten. Das Ambiente ist echt klassisch. Überall Stuck an den Decken. In den Fluren verschiedene Bilder von Bergen und Gebirgsseen mit Schnee im Hintergrund. Sogar ein Bild von Neuschwanstein finden wir. Die Bilder sollen wohl im Sommer kühle Gedanken machen.
Wir befinden uns etwa 40 km von der syrischen Grenze in Şanliurfa. Dort in Syrien ist der Wahnsinn ausgebrochen. Assad mordet sein Volk.
Kurz planen wir über Hattay nach Aleppo zu fahren. Aber schon früh haben wir das aus der Wunschliste gestrichen. Wir wollen das, was dort passiert nicht unterstützen und Kriegstouristen sind wir nicht.
Hier in Şanliurfa setzt sich die Bevölkerung mehrheitlich aus Kurden und Arabern sowie zum kleineren Teil aus Türken zusammen. Die Christen, die einst den größten Teil der Einwohner ausmachten, waren hauptsächlich Aramäer und Armenier.
Beim ersten Genozid des vergangenen Jahrhunderts starben zwischen 1915 und 1916 bei Todesmärschen und Massentötungen durch die "Jungtürken" bis zu geschätzten 1,5 Millionen Menschen. Dazu zählten eben auch die Einwohner dieser Stadt. Ein Thema, das in der Türkei gerne abgestritten wird und auch in den Schulen kein Thema ist. Aber in den letzten Jahren haben prominierte Professoren aus der Türkei sich dieses unrühmlichen Themas angenommen und teilweise werden heute heftige Diskussionen geführt. Das Thema sprechen wir als Touristen hier aber lieber nicht an. Die Diskussionen zu Hause haben mir schon gereicht.
Später, 1983, erhielt die Stadt Urfa den Namenszusatz "Şanlı", was zu Deutsch "ruhmreich" bedeutet. Dies verdankt dem Widerstand gegen die französischen Besatzungstruppen gegen die sie im türkischen Befreiungskrieg Widerstand leistete. Ein Nebenprodukt dieses Widerstandes, war das vollkommene Verschwinden der christlichen, aramäischen und armenischen, Bevölkerung.
Nachdem wir die Zimmer bezogen haben und einer kurzen Dusche, geht's in die Stadt. Das Hotel liegt ein wenig außerhalb, aber schnell sind wir auf einer Straße mit breiten Bürgersteigen, auf denen wir stadteinwärts laufen. Die Kleidung, zumindest der älteren Leute ändert sich. Hier sieht man Männer mit alten Arbeiterhosen (Shalvar), Hosen die im Schritt extrem tief nach unten reichen. Erstmals begegnen uns Frauen die komplett verschleiert sind.
 
Christoph Lipjes

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Teil 16

noch Salinurfa

Was für ein Unterschied. Heute Morgen sitzen wir noch auf 1800 m Höhe bei einem leckeren Frühstück in den Bergen. Jetzt laufen wir durch die quirlige Stadt Şanliurfa auf der Suche nach einem Lokanta. Und davon gibt es nicht wenige. Mein Gefühl täuscht sich ja selten und ein über das andere Mal schiebe ich meine beiden Mitfahrer weiter. Auf vielfachen Wunsch eines einzelnen Herren, den ich hier nicht nennen möchte, setzen wir uns irgendwann vor ein türkisches Schnellrestaurant zum futtern. Der Ayran ist wirklich lecker. Als Vorspeise gibt es extrem scharfe Zwiebeln. Dazu eine Thermoskanne mit kaltem Wasser. Dann kommt endlich die Gözleme, mit gebratener Leber. Da gehen aber die Mundwinkel eindeutig nach unten. Aber da muss Mann ja jetzt wohl durch, auch wenn Mann Leber gar nicht mag. Ich verdrücke mich nach zwei Bissen und schau schon mal weiter. Und natürlich gibt es bessere Leckereien. Zumindest für mich.
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Nach dieser gehaltvollen Mahlzeit geht es durch den Basar auf der Suche nach einer Çami, die sich lohnt anzuschauen. Aber bei der einen, die wir im Basar finden wird gerade gebetet. Und da wollen wir nicht stören. Die Menschen in dieser Stadt sind Touristen gewöhnt, wenn auch nicht unbedingt Deutsche. Vor allem keinen Deutschen, der einen echten türkischen Moustache trägt. Oft muss der Schwager als Fotomodell herhalten. Scheint ihm aber gar nicht unangenehm zu sein.
Schon die ganze Zeit bemerken wir, das der Schwager die Blicke der Frauen auf sich zieht. Wir sind natürlich etwas neidisch, aber bei dem Bart können wir nicht mithalten. Auch die Männer sind begeistert. Einer zwirbelt ihm sogar den Bart.
Zurück laufen wir durch enge Gassen. Gerade einmal Mopeds passen hier durch, aber bestimmt kein Fiat 500. Wir kommen an ein paar Markthändlern vorbei, die ihre Handkarren vollen Gemüse mit einem dicken Schlauch abspritzen damit das Gemüse schön frisch bleibt. Im Hintergrund ruft der Muezzin zum Gebet. Wir verstehen nicht, was die Händler uns sagen wollen so laut ist der Gebetsruf des Muezzin.
Später kommen wir in die Fleischerstraße. Das Fleisch hängt hinter den Fenstern in gläsernen Kühlschränken. Draußen vor der Tür steht eine große Kiste. Als ich herein schaue, schauen dutzende tote Augen zurück. Hier werden die Schafsköpfe zum Verkauf angeboten. Wem es schmeckt...
An einem Café bestellen wir ein Eis und schauen uns das Treiben auf der Straße an. Das könnte ich den ganzen Tag machen. Die Leute spielen Tafla oder Okay. Ladenbesitzer quatschen miteinander vor der Tür. Frauen schlendern Arm in Arm die Straße entlang. Kinder verkaufen Lotterielose und haben dabei kaum Glück. Und Lenker von Lastenmopeds warten auf Kunden.
Gegen 1/2 sechs sind wir zurück zum relaxen im Hotel. Da wir uns noch die Karpfen des Propheten Abraham anschauen wollen, suchen wir uns nach einer kurzen Pause den Weg durch einen schönen Friedhof, kommen an einem abgerissenen Gečekondo vorbei, bis wir neben einem fünf Sterne Hotel den Eingang zum Park mit künstlichem See, alter und schöner Moschee und Blick auf die alte Festung finden.
Şanlıurfa gilt im Islam als die fünftheiligste Stadt und ist ein bedeutender Wallfahrtsort. Hier soll Abraham (Ibrahim) und Ijob (Eyyub) gelebt haben. Abraham soll hier geboren worden sein und seine vorgebliche Gebetshöhle ist eine wichtige Pilgerstätte. Zu dem Wallfahrtsort Şanlıurfa gehört die Halil-Rahman-Moschee und der dazugehörige Teich des heiligen Abraham mit den heiligen und unantastbaren Karpfen. Nach einer Legende hat Gott Abraham vor dem Scheiterhaufen gerettet indem er das Feuer in Wasser und die Glutbrocken in Karpfen verwandelte. Sollten die Karpfen gegessen werden, so erblindet man augenblicklich. Also haben wir natürlich die Finger davon gelassen. Dafür haben wir die Karpfen gefüttert. Für fünf türkische Lira konnten wir eine Handvoll Futter kaufen. Das Wasser brodelte am Rand des künstlichen Teichs. Zum Abschluss des Abends genießen wir die Stadt noch von einem Dachcafé. Aber da hier alles so heilig ist, bekommen wir kein Bier und ziehen bald von dannen.

Auf dem Rückweg zum Hotel kaufe ich mir noch schnell ein paar dünne Strümpfe, denn natürlich habe ich wieder das Falsche in die Koffer eingepackt. Der Laden besteht nur aus Stümpfen für Männer. Die Bedienung ist freundlich, ein paar Strümpfe sind schnell gefunden und schon geht's weiter. Kurz vor dem Hotel sehen wir noch eine Werkstatt, in der Kinderwagen aufbereitet werden. Stolz zeigt uns der ca. 13 jährige Mechaniker seinen Arbeitsplatz. Es ist bestimmt schon nach 22:00 Uhr, aber er ist immer noch bei der Arbeit. Hier besteht für den türkischen Staat bestimmt noch Handlungsbedarf.
[Schwager] Wieder eine Fahrt - diesmal kurz - bei heißem Wetter. Die Fähre über den Stausee brachte etwas Abkühlung. Auch hier Interesse für unsere Reise durch die Umstehenden - woher - wohin. Wie sehen einen großen Fisch, den jemand gefangen hat. Ansonsten Staub, achtlos fallengelassener Müll, und für das Wort Materialerhaltung scheint es keine entsprechende Übersetzung zu geben. Das wilde Kurdistan hatte ich mir anders vorgestellt - nicht so platt und viel weniger Landwirtschaft. Hier wird angebaut so weit wie das Auge reicht. Der Anblick von Lehmbauten mit Satelliten-Schüssel ist bezeichnend für die Lebensart.
[Thomas] Die heutige Strecke nach Urfa, die auch eine Fährfahrt über den riesigen Atatürk-Staudamm mit einschloss, war schnell abgespult. Zu sehen gab es eigentlich nicht viel. Interessant war zu sehen, dass immer mehr karge Flächen inzwischen auch zum Anbau von Wein genutzt werden. Immer wieder sehr kleine Parzellen zwar und alle noch sehr jung, aber eben unheimlich viele Parzellen. Leider konnten wir die Rebsorte nicht herausfinden, aber vielleicht gelingt das noch.

Ein paar landschaftlich schöne Passagen waren zwar auf der heutigen Fahrt dabei, aber ansonsten habe ich mich nach den vielen Landschaftsfotos diesmal mehr auf die Menschen konzentriert. Und da sind Kinder eigentlich immer dankbare Motive.

Zum Pflichtprogramm in Urfa gehört eine Besichtigung des sehr schön angelegten Parks in dem in einem Teich vor einer großen Moschee hunderte heilige Karpfen schwimmen und täglich von Millionen Einheimischen, die mit Bussen anreisen, gefüttert werden. Essen darf man diese Karpfen nicht. Die Legende sagt, dass wer davon isst, erblinden wird. Die ganze Geschichte zu erzählen, würde den Rahmen des Berichtes sprengen, deshalb lasse ich es lieber.
Die Stadt selbst ist für mich ein unansehnlicher Moloch. Dreckig, stinkig, hektisch, laut um nur ein paar negativ besetzte Adjektive zu benutzen. Ich merke mal wieder, dass inzwischen Landschaft und Natur einen erheblich höheren Anziehungseffekt auf mich haben und freue mich auf die Weiterfahrt. Und darüber, dass Dortmund gestern den DFB Pokal gewonnen hat.
 
Christoph Lipjes

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Teil 17

Harran

[Christoph] Morgens haben wir eine kleine Schleife nach Harran gemacht. Harran liegt ungefähr 15 km von der syrischen Grenze entfernt und ist für die Trulli Häuser bekannt. Hier lebt allerdings nur noch das Vieh in diesen Bienenkorb ähnlichen Häusern mit einem angenehm kühlen Klima. Die Menschen leben längst in "modernen" warmen Häusern mit Klimaanlage. Ist natürlich auch wesentlich komfortabler. Die Trulli Häuser schützten die Besitzer aber vor der Hitze, die im Sommer gerne auch mal über 50° C steigen kann. Sie haben unten Schlitze und durch die Kegelform steigt die Luft im Inneren nach oben, wo sie durch einen Abzug abgeleitet wird. Dadurch ist es im Innern um einiges kühler. Das merken wir schon jetzt.
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Wir kommen über ein kleinen Umweg in die historische Stätte. In der Nähe einer Schule machen wir einen kurzen Halt um uns zu orientieren. Neben den Kindern spricht uns auch ein junger Mann an. Sein Cousin könne uns bei dem Besuch helfen. Während wir wieder starten, zückt er sein Telefon und schon kommt uns ein Moped entgegen. Auf diesem sitzt eben dieser Cousin und möchte uns natürlich zu den restaurierten Trullihäusern seiner Familie führen. Wir lassen uns darauf ein und folgen ihm über staubige Straßen durch die Altstadt. Altstadt ist etwas übertrieben, reihen sich doch hier kleine und kleinste Bauernhöfe aneinander. Wir zahlen am "Ortseingang" noch die obligatorische Museumsgebühr und können dann weiter fahren. Der Cousin führt uns zu einem Hofkomplex. Hier kann man alles kaufen, was das Touristenherz begehrt. Wir parken die Motorräder und schon fängt das Handeln zur Führung an. Die Führung können wir bei ihm buchen. Durchgeführt von der kleinen Schwester, oder billiger vom kleinen Bruder. Irgendwann machen wir ihm dann klar, dass er sich besser an die gerade eingetroffene Touristengruppe hält, denn wir sind nicht bereit seine Preise zu bezahlen.
Man merkt an allen Stellen, das die Menschen nicht lernen konnten, wie mit Touristen umgegangen werden muss. Die traditionelle Gastfreundschaft, die auch in touristischen Schwerpunkten allenthalben zu spüren ist, ist hier vollkommen ins Negative verkehrt worden. Jeder ist hinter der letzten Lira der Touristen her. Die Kinder beherrschen einen Satz gut: "One Lira". Ältere: "five Lira for photo".
Harran ist schon über 5.000 Jahre alt und damit eine der ältesten kontinuierlich besiedelten Städte der Welt. Sein akkadischer Name Harrānu kann als „Reise“ als auch „Karawane“ übersetzt werden. Die Stadt diente spätestens seit der altbabylonischen Zeit als Reise- und Handelsstation zwischen Karkemisch am Euphrat und Ninive am Tigris. Bereits 3000 v.Chr. wird ein Tempel des Mondgottes Sin erwähnt. Dort befand sich der diesem Gott heilige Stein, der im Rahmen des Steinkultes verehrt wurde. An der ehemalige Gebetsstätte kann man heute eine verfallene Zitadelle besichtigen.
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Heute ist Harran ein graues, staubiges Dorf und vor allem für die Trulli Häuser bekannt. Schon jetzt, als wir hier ankommen brennt die Sonne auf uns runter. Wir haben kaum Lust durch das Dorf zu laufen. [Thomas] Inzwischen sind wir im tiefsten, wilden Kurdistan angekommen. Zunächst geht es heute Morgen weiter Richtung Süden in das antike Harran ca. 20 km vor der syrischen Grenze gelegen. In dem bereits im Alten Testament erwähnten Ort hat sich seinerzeit die Familie des Terach niedergelassen nachdem sie aus Ur ausgewandert war und Abraham hat sich von hier auf den Weg nach Kanaan gemacht. Heute ist der Ort, in dem hauptsächlich Araber leben, wegen seiner ca. 200 Jahre alten bienenstockförmigen Häuser und den Ruinen eines Kastells aus dem Mittelalter bekannt und wird deshalb von vielen Touristen besucht. Leider wurden die Einwohner völlig unvorbereitet von den Touristen überrascht und entsprechend verhalten sie sich. Kinder betteln, Erwachsenen versuchen uns permanent etwas zu völlig überhöhten Preisen anzudrehen, Straßen und Wege sind schmutzig und unansehnlich. Gastfreundschaft wird hier nur vorgespielt. Interessant sind lediglich die Häuser, die wir uns intensiv anschauen. Obwohl sie von außen recht klein aussehen, sind die Lehmbauten innen sehr geräumig und in der Hitze angenehm kühl. Der kühle Luftzug entsteht durch das raffinierte Lüftungssystem, kleine Öffnungen in den Seitenwänden und in der Dachspitze. Heute werden die Bauten nur noch als Stall genutzt. Die neuen Steinhäuser stehen direkt daneben.
 
Christoph Lipjes

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Teil 18

Mardin

[Christoph] Über Şanliurfa geht es weiter Richtung Osten nach Mardin. Zu der Fahrt ist nur eines zu sagen: "Langweilig". Keine Polizeikontrollen, Essen in einer türkischen Fernfahrer Raststätte. Hier werden wir von einem Herrn angesprochen, der uns seine Telefonnummer gibt, damit wir ihn anrufen, falls wir Probleme haben.
Natürlich haben wir das vorher im Lonely Planet herausgesuchte Hotel nicht gefunden und verlieren bei der Suche auch noch den Schwager, er nicht mitbekommt, das wir vor einem Hotel anhalten. Mardin liegt an einem Hang und die Straßen sind eng. So ist die Straße eine Einbahnstraße und der Schwager kann mal nicht eben drehen und den Track seines Navis zurückfahren. Also muss er durch die ganze Stadt unten herum und fährt dann irgendwann nach mehreren Telefonaten und einer gefühlten Stunde ebenfalls vor's Hotel.
Wir kommen in der wunderschönen Kervansarayi unter. Neben dem historischen Einrichtung sind besonders die beiden "Helfer" des Hauses erwähnenswert. Der eine ca. 1,30 m der andere locker 2,10 m groß. Beide in traditioneller Arbeitskleidung. Sehen echt gut aus die Beiden. Die Einrichtung des Hotels und die Zimmer sind erste Sahne. Da gibt es nichts, Thomas hat einen guten Riecher. Die Schlüssel sind so riesig, das man sie bestimmt nicht in der Hosentasche vergisst, sie passen überhaupt nicht rein. Alle Sachen, die wir nicht benötigen, können wir im Zimmer direkt am Eingang lassen. Es wird abgeschlossen und alle sind zufrieden. Der Waschtag fällt aus. Hans Georg und ich geben unsere dreckige Wäsche ab und bekommen sie tags darauf sauber wieder.
Wie so oft stellen wir unsere Mopeds draußen ab. Eine Garage oder abgeschlossene Parkplätze gibt es in den seltensten Fällen. Der Schwager und ich benutzen meistens ein Bremsschloß. Allerdings eher zur persönlichen Beruhigung. Wirklich nötig ist dies nie. Auch nicht in den größeren Ortschaften. Thomas ist da ganz cool und hängt meistens seinen Helm über den Spiegel. Das Navi bleibt grundsätzlich dran, da es zu umständlich zum abbauen ist. Nur kurz mit dem Halstuch abgedeckt. Die Hotelangestellten, sind, wie auch in diesem Fall, so freundlich und deponieren den Helm an der Rezeption. Nie hatten wir aber das Gefühl, man will uns etwas stehlen. Da sind die Erfahrungen und Bedenken, die wir aus Deutschland mit bringen, vollkommen unnötig und unangebracht.
Mardin zeigt sich von der besten Seite. In dem Schmelztiegel von Kurden, Türken, Christen, Jesiden und Christen geht es geschäftig zu. Viele der alten Häuser werden restauriert und Neue auf alt getrimmt. In ein paar Jahren sicherlich der durchorganisierte Treffpunkt der Touristen, hat Mardin doch einen eigenen Flughafen. Spezieller Silberschmuck wird hier in jedem zweiten Geschäft angeboten. So wie ich meine Frau kenne, ist diese Art der Schmuckverarbeitung nicht ihr Ding und so suchen wir lange nach einem entsprechenden Ring, denn ohne nach Hause geht gar nicht. Da war der Auftrag schon klar gestellt. ausblick.jpg
Mardin das genaue Gegenteil von Harran. Neben der professionellem Ebene; Ihr kauft, wir wollen etwas verkaufen, gibt es noch das normale Gespräch. Wir treffen Berdan, in dem Restaurant seines Bruders. Beide haben lange Zeit in Deutschland gelebt. Während der eine Bruder anscheinend mit seinem jetzigen Leben und Arbeiten einigermaßen zufrieden ist, hadert Berdan doch erheblich. Er erzählt uns von den Schwierigkeiten eines späten Heimkehrers, von den Schwierigkeiten mit den Behörden eine eigene Pension zu eröffnen, erzählt, von dem Zusammenleben der verschiedenen Kulturen und vieles mehr. Für die paar Tage in Mardin adoptieren wir ihn. Mir scheint Berdan in der Heimat seiner Familie nicht angekommen zu sein. Oft erzählt er von Deutschland, wi toll dort alles geregelt ist und wie ihm hier immer wieder Steine in den Weg gelegt werden. Sein älterer Bruder mischt sich bei den Gesprächen nicht ein. Ob er zufrieden ist, erfahren wir nicht.
Mardin hatte schon viele Herren. Im fünften Jahrhundert von Christen bewohnt, wurde sie nacheinander von den Aramäern, Hurritern, Hethitern, Assyrern, Babyloniern, Amoritern, Persern, Parthern, Römern, Arabern , Seldschuken und Osmanen beherrscht.
1915/16, während des Genozids der Jungtürken, wurden unterschiedslos die meisten arabischen, aramäischen und armenischen Christen der Stadt umgebracht. Erstmals fand am 15. August 1915 ein öffentlicher Handel mit armenischen Frauen statt.
Heute leben hier hauptsächlich Kurden und Araber. Neben Moslems und aramäischen Christen lebten bis vor einigen Jahrzehnten einige tausend jesidische Kurden in der Provinz Mardin. Trotz der Auswanderung der meisten kurdischen Christen gibt aber noch immer eine kleine christliche Gemeinde in Mardin, das auch Bischofssitz ist. Der Bischof von Mardin ist zugleich der Abt des Klosters Deyrülzafarân.
[Thomas] Weiter geht es auf einer gut ausgebauten, aber langweilig zu fahrenden, vierspurigen Straße nach Osten. Ein gut ausgebautes Straßennetz führt von hier in nur wenigen Kilometern nach Syrien und in den Iran. Dorthin fahren wir aber diesmal nicht. Unser nächstes Ziel ist Mardin, eine kleine, romantische Stadt, die sich auf 1000 m Höhe an einen Bergrücken schmiegt, und auf die 500 m tiefer gelegene Ebene von Mesopotamien blickt. 1915 wurden hier fast alle dort lebenden Christen umgebracht. Viele der in den 80er Jahre nach Deutschland ausgewanderten Kurden stammt aus dieser Region. minarett.jpg
Wir finden bei der Fahrt durch die Stadt eine 800 Jahre alte Karavansaray, die zum Hotel mit super Ambiente umgebaut wurde und buchen sofort unsere Zimmer dort. Nach einem kurzen Stadtrundgang lernen wir beim Abendessen einen jungen Türken kennen, der gut deutsch spricht und uns für den nächsten Tag in seine kleine Pension einlädt, die er in dieser Woche eröffnen will. Von dort werden wir dann das Kloster Zafaran besichtigen, eine der Sehenswürdigkeiten der Region. Doch davon morgen mehr.
 
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