Meine Erfahrungen mit DTC sind noch am Anfang. Ich habe im November 2018 mal an einer von KTM initiierten Testveranstaltung teilgenommen, bei der das Unternehmen wissen wollte, wie GS-Fahrer über automatische Getriebe denken. Sie hatten ein Testfeld mit unterschiedlichsten Mopetten organisiert, z.B. eine KTM 1290 Super Adventure mit Recluse-Kupplung, eine BMW S1000R mit Blipper und eine Yamaha FJR1400A mit Schaltautomat. Die DCT-Fraktion wurde vertreten durch Hondas Adventure-Roller auf NC700-Basis und durch eine CRF1000AT. Auf allen bin ich jeweils rund eine halbe Stunde gefahren, und wir haben uns vor allem auf die Kraftübertragung konzentriert.
Und jetzt im Vorfeld meiner gerade beschriebenen Kaufentscheidung (Honda CRF1100AT DTC) bin ich eine gute halbe Stunde mit einer CRF1100 durch die Gegend geballert, vom Stadtverkehr bis Tempo 175 auf der B17. Da habe ich mich auf die Frage konzentriert, ob ich dieses Motorrad haben möchte.
Die ganzen Feinheiten werden sich mir sicherlich noch erschließen. Ich habe auch damals beim Umstieg von meiner Yamaha TDM auf die GS eine ganze Weile gebraucht, bis wir ein Team wurden. Und Gewöhnung kann auch viele Problemchen zukleistern. Das Getriebe meiner GS ist objektiv scheiße, aber nach über 60.000 km weiß ich, wie ich den Gang reinkriege, der drin sein soll. Ich bin auch jahrelang einen Citroen C3 mit einem automatisierten Schaltgetriebe namens SensoDrive gefahren. Auch das hat viele Macken, aber wenn man es irgendwann eher als Schalthilfe und nicht als Automatikgetriebe nimmt, dann geht es eigentlich.
Mir sind ein paar Sachen aufgefallen:
1. Wenn man den Motor aus macht, machen die Kupplungen auf und das DTC geht in den Leerlauf. Man kann das Mopped also nicht durch Einlegen eines Ganges gegen Wegrollen sichern. Deshalb hat die AT dort, wo andere Moppeds ihre Kupplung haben, einen Griff für eine (mäßlg praktische) Feststellbremse.
2. Wenn man den Motor startet, ist immer der Leerlauf drin. Und weil das so ist, kann man die AT auch auf dem Seitenständer starten. Das Einlegen eines Ganges geht immer elektrisch - und es geht nicht, wenn der Seitenständer draußen ist.
3. Wenn man von Leerlauf auf Drive stellt, geht ein deutlicher Ruck durch die Maschine. Nicht zu vergleichen mit dem "Klonk" meiner GS, aber das kann ja kein Maßstab sein. Ist ein Gang drin, spürt man, dass die Maschine vorwärts will. So weit, dass sie "kriecht", ist es allerdings nicht. Ich habe allerdings von Leuten gehört, bei denen sich in D das Hinterrad gedreht hat, wenn die Maschine auf dem Hauptständer stand.
4. Ich selbst hatte das Problem noch nicht, aber ich kenne Berichte von Leuten, die keinen Gang einlegen konnten, weil der Motor im Leerlauf zu hoch drehte. Es gibt wohl eine Prozedur, um die Leerlauf-Steuerung zu resetten, die sollte man sich vielleicht auf einen Zettel schreiben und unter die Sitzbank packen. Man kann übrigens nur im Stand von N nach D und umgekehrt wechseln. Solche Geschichten, wie ich manchmal mit meiner GS mache, nämlich mit gezogener Kupplung auf eine Ampel zurollen, das geht mit DCT nicht.
5. Wenn man Gas gibt, fährt die AT unmittelbar los. Ich erinnere mich, dass mir das auf meiner Testfahrt mit dem NC700-Roller zu direkt war. Andere Roller haben Variomatic und drehen erst hoch und fahren dann los. Der NC700-Roller fährt sofort los. Bei der AT1000, die ich gefahren bin, war das nicht ganz so ausgeprägt. Bei der aktuellen AT muss man aufpassen: Ein Dreh am leichtgängigen Gasgriff, und die Maschine macht einen Satz.
6. Das Schaltgefühl ist anders. Viele Schalt-Moppeds produzieren beim Schalten entweder ausgeprägte Lastwechselreaktionen, oder du hast beim Schalten via Blipper dieses harte "ploff". Das DCT produziert vergleichsweise weiche Gangwechsel, die subjektiv den Eindruck erwecken, man ließe eine Kupplung schleifen. Objektiv schaltet das DCT sehr hurtig. Diese soften Gangwechsel fühlen sich aber nicht so "wild" an.
7. Man kann mit einem DCT auch keinen "Kavalierstart" machen, denn Hochdrehen im Leerlauf geht nicht. Das kann auch der Grund dafür sein, dass DCT-Moppeds im Prospekt verhältnismäßig schlecht beschleunigen. Besonders heftig aufgefallen ist mir das bei der VFR1200, die in Testberichten eine fünf vor dem Komma hatte. Bei der Africa Twin scheint das kein Thema mehr zu sein, sie ist mit 3,8 Sekunden angegeben. Eine vergleichbar schwere und starke BMW F850GS beschleunigt in Testberichten genauso schnell. Allerdings hat man bei einem Automatik-Mopped wohl denselben Effekt, den Automatik-Autofahrer auch kennen: Um mit einem Schaltfahrzeug wirklich schnell zu beschleunigen, muss man echt gut fahren können und auch aufs Material wenig Rücksicht nehmen. Bei Automatik latscht man einfach stumpf drauf bzw. macht den Hahn auf und lässt die Kiste machen - und ist in der Praxis schneller. Es würde mich nicht wundern, wenn eine AT den meisten GSen an der Ampel einfach wegfährt, weil keine große Kunst dazugehört, das zu tun. Ich las in einem AT-Forum, dass ATs angeblich unter hohem Reifenverschleiß leiden, weil es so einfach ist, stark zu beschleunigen.
So, mehr wenn ich mehr Erfahrungen gesammelt habe.