Wenn der Vater mit dem Sohne...

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elfer-schwob

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Diesmal wieder wie beim letzten Mal?
Anfahrt mit dem dicken 1150er-Eisenschwein und der edlen 2V-HPN auf eigener Achse, oder doch lieber mit den beiden alten 100 GS und 80 ST und dann im Huckepack?

Benni als junger Familienvater hatte zuhause mal hoch gepokert und vier Tage Ausgang beantragt – und prompt genehmigt bekommen. Und die HPN ist aktuell noch ein Puzzle. Somit war zumindest das geklärt.
Freundin Corona spielte auch mit und hat exclusive für uns rechtzeitig die Grenzen nach Österreich, zur Schweiz und nach Italien geöffnet.

Daher Start am frühen Sonntagmorgen, die beiden 2-Ventiler im Schlepp.

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Die beiden Oldtimer und wir selbst sind prima präpariert. Paar Tage vorher noch ein Enduro-Training bei Stehlin im Badener Land absolviert und unsere Offroad-Skills nachgeschärft. Und Benni hat bei dieser Gelegenheit gleich eine Schwachstelle unserer Kühe offengelegt, im wahrsten Sinne des Wortes: Der mutige Hopser über den querliegenden Baumstamm führte zu prompter Inkontinenz wegen eingedrückter Ölwanne…

Wegen solch einer Panne wollten wir im Ernstfall keinesfalls aufgeben müssen, drum kamen an beide Motoren noch gepanzerte Ölwannen aus 10 mm Alu unter den Motor. Ansonsten blieben die Mopeds wie sie waren.

Bei unserer Ankunft am Nachmittag im „Gran Bosco“ – wir hatten dort solch ein Holz-Wohnfaß gebucht – freudige Begrüßung von einem uns bisher unbekannten Enduristen aus Trier, gleich beim Abladen der Mopeds.

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„Solch eine BMW R 80 ST hatte ich auch mal! Klasse Gerät!“
„Ja, ist aber inzwischen ein 1000er-Satz vom 7Rock dran…!“ ich ganz stolz.
„Da hast Du aber einiges an Zeugs abgebaut, oder?“

Er bewundert das nicht mehr vorhandene Schwermetall ab der hinteren Sitzbankkante und ein paar sonstige Gimmicks. Bis sein Blick an einem gelben Aufkleber auf dem hinteren Kotflügel, fast unzugänglich hinterm Batteriekasten, hängenbleibt.

„Wie kommst Du zu diesem Aufkleber?!“ „Der war schon dran…“
„Das gibt’s doch nicht, das ist MEIN Moped!“

Und tatsächlich hatte Benni die BMW vor gut einem Jahr per Fern-Deal und Spedition von einem netten Typ aus Trier gekauft und an mich weitergegeben…
Und dann trifft man sich im Susatal! Meine 80ST war natürlich mit ihrem Vorbesitzer auch schon mal hier! Kleine Welt!

Dann aber gleich die schlechten Nachrichten:
Das Fort auf der Spitze des Jafferau ist wegen eines Schneefelds im oberen Drittel des Berges von Salbertrand aus nicht erreichbar. Bämm! Das trifft uns hart, weil der Jafferau für uns, neben dem Mulattiera, das Top-Ziel der Reise war.

Unsere erste gemeinsame Westalpen-Offroadtour vor 6 Jahren führte uns damals auf das Dach des Forts. Diese Erinnerungen an das unfaßbare schöne Gefühl der Fahrt in völliger Einsamkeit dieses Berges rauf bis 2800 m Höhe wollten wir eigentlich dringend mal wieder auffrischen, zumal wir damals wohl mit die letzten waren, die die Galeria Seguret (legal) befahren hatten. Wenige Tage nach unsrer damaligen Passage wurde dieser grandiose Tunnel wegen Einsturzgefahr gesperrt und massiv verrammelt. Und 2020 nach seiner Instandsetzung wieder offiziell geöffnet.

Am nächsten Morgen erst mal kurz Tanken in Rochemolles und auf zum Sommeiller!
Die Straße hoch zum Rifugio Scarfiotti, im unteren Teil noch asphaltiert, dann erster Übergang zu loser Piste.
Kaiserwetter!
Den Rast in der Hütte sparen wir uns. Auf der Alm stehen vereinzelt noch ein paar Zelte von Stella-Alpina-Touristen des letzten Wochenendes, die die C-bedingte Absage ignoriert bzw. überhört hatten.

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Wir nehmen direkt den Gipfelsturm in Angriff. Unsere Kühe tuckern unaufhaltsam bergauf, egal, ob feinster Schotter, kindskopfgroße Steine oder Bäche zu bezwingen sind.

Ab dem Rifugio sind wir beide dann tatsächlich völlig alleine in der Bergwelt. Keine anderen Motorradfahrer, Wanderer oder Mountainbiker unterwegs. Einzig ein einsamer Baggerführer bessert den Pfad aus.

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, warum sich viele Mopedfahrer hierhin regelmäßig zur Massenveranstaltung des Stella-Alpina verirren und dann aus dieser Idylle eine Rushhour machen, mit Höllenverkehr in beiden Richtungen, bergauf- und abwärts.

Aber jeder wie er will.

Nach unzähligen Kehren, Steilstrecken und mehr oder weniger anspruchsvollem Geläuf ist Fine della Strada wegen eines riesigen Schneefeldes. Schade! Aber jahreszeitlich wohl normal.

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Man kann von dort aus den Sattel des Sommeiller zwar erahnen, aber es fehlen uns schon noch 5 oder 6 Kehren bis dorthin. In welcher Höhe wir umkehren müssen, kann ich wegen fehlender Höhenanzeige meines Navis leider nicht mehr eruieren.

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Macht nix, toll war´s trotzdem. Ein lecker Vesper aus dem Tankrucksack in Sonne und Schnee bringt uns Kraft für die Abfahrt.

Und weil´s gerade so schön ist, geht’s am Fuße des Sommeiler onroad das Susatal abwärts Richtung Salbertrand, zum Einstieg der Route rauf zum Jafferau. Inzwischen schon später Nachmittag und wir sind wieder, wie bei unserem letzten Run zum Jafferau, völlig alleine! Ein Traum!

Ab dem Abzweig zur Sackgasse zum Fort Pramand wird die Strecke teilweise wirklich fies und extrem rumpelig. Die beiden Boxer müssen da aber durch, einfach am Gas bleiben…

Der Blick vom Dach des Forts ist dafür gigantisch und entschädigt für das üble Gehoppel.

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Wieder zurück auf der Hauptstrecke zum Jafferau stellt sich der bekannte Grusel in der Stockfinsternis des knapp 1 km langen Tunnels am Seguret ein. Das letzte Drittel der Strecke in der Galeria steht gut 10 – 15 cm tief unter Wasser. Aber wenigstens ist der Untergrund ordentlich befestigt und somit kein Vergleich zum Parpaillon, wo man meist durch eine widerliche, fast undurchdringlichen Pampe aus Eis, Schlamm und Dreckwasser eiert und nur ständig einem einzigen Gedanken nachhängt: „Bitte nur hier nicht abliegen!“

Viele Höhenmeter weiter oberhalb erreichen wir dann das ominöse Schneefeld, wo wohl das aktuelle Streckenende sein soll.
Also erst mal die Lage sondieren! Das steile Schneefeld überdeckt an dieser Stelle des Hangs die fast waagerecht querende Schotterpiste noch auf einer Breite von ca. 20 -30 Metern. Und rechts geht’s massiv bergab, ohne Randsicherung, logo!
Allerdings gibt’s von Vorgängern schon deutliche Fuß- und Reifenspuren im Schnee und überwiegend schaut auch schon der Grund durch. Die Slick-Sohlen unserer Daytonas an den Füßen finden im Schnee/Eis zwar wenig Grip, aber die Stollen der Heidi´s an den 2Vs werden´s schon richten…
Also mit Bissl Schwung rein ins Schneefeld und dann mit Motorkraftunterstützung - Mann bergseitig/Moped talseitig - das Moped führen! Benni voraus und durch. Und weil er schon mal Übung hat, macht er das mit meiner Kuh nochmal.

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Danach hat man schon fast das Hochplateau mit den verfallenen Kasernengebäuden erreicht und erkennt von hier aus die Konturen des beeindruckenden Gipfel-Forts als Schattenrelief der schon tief stehenden Sonne.

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Die letzten paar Kehren hoch zum Gipfel fahren sich wie flache, ausgefahrene Natursteintreppen und es rumpelt gehörig im Gebälk der alten Kühe. Dann noch den allerletzten Steilstich und wir stehen oben auf dem Dach des Forts!

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Hammer! Traum! Unvergeßlich! Völlige Einsamkeit!



Ff (Fortsetzung folgt)
 
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Juescho

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Sehr ge*le Männer-Tour und schöne Bilder .... traumhaft ... :mrburns:
 
BigJay

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Servus Rainer!

Sehr schöner Bericht...

Da muss ich auch mal dringend hin! :)
 
Hitinger

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Super zum Lesen, und da sieht man mal wieder wie klein die Welt ist. :daumen-hoch:
Mein Fernweh wird immer schlimmer!:running:
 
Auge69

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Toller Bericht, der Lust macht auf mehr. Vielen Dank, dass Du das mit uns geteilt hast.
Auch von mir nochmal die Frage: in welchem Monat seid Ihr gefahren?
 
elfer-schwob

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Hallihallo Freunde,
ich bin echt überrascht und überwältigt von Eurer positiven Resonanz!
Ganz herzl. Dank für Eure zahlreichen :daumen-hoch: und freundlichen Reaktionen!
Unsre Ausfahrt war vom 11.-15. Juli 2020, für eine Offroad-Westalpentour also noch recht frühzeitig.
Wenn's höher hinausgehen soll als 2500 m muß man daher je nach Wettersituation flexibel sein und Abstriche machen oder auch kurzfristig umplanen.
Oder einfach Glück haben...!
Wobei solche Eis- und Schneepassagen natürlich auch den "Abenteuerfaktor" deutlich anheben können, wenn man's mag...

Eine Parpaillon-Passage anfangs Juli aus vergangenen Jahren wird mir z. B. unvergeßlich bleiben. Zwei Wochen später wärs vermutlich einfach eine Tunneldurchfahrt geworden.
 
supasonic

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Hi, ziemlich geile Bilder. Den Bericht werde ich mir nach Feierabend mal durchlesen :)

Eine Frage hätte ich: Was zahlt man da für so ein Fass mit 2 Leuten? Ist das auszuhalten, wenn es warm ist?
Ich interessiere mich auch sehr für die Seealpen, aber die Anfahrt ist halt brutal lang für mich ^^
 
elfer-schwob

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Jafferau, Part II.

Ich könnte hier oben noch stundenlang bleiben. Einfach sitzen, durch die Ruinen steigen, schauen, hören (man hört nix, absolut nix!) und die überwältigende Aussicht genießen. Samt der Mopeds davor.

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Der eine oder andere Gedanke gilt dann aber auch denen, die hier in den Forts vor gut 100 Jahren nicht ganz zum Spaß eine bittere Zeit der Ängste, Qualen und Entbehrungen durchleiden mußten. Großen Respekt!


Für die Rückfahrt wählen wir wieder die gleiche Bergseite wie für die Auffahrt. Den „Weg“ runter Richtung Westen, direkt nach Bardonecchia entlang der Skipiste hatten wir bei unserer letzten Jafferau-Besteigung genommen. Steil, wirklich teilweise sacksteil!
Bringt aber m. E. landschaftlich nur das Gefühl einer „normalen“ Skipiste, nur eben statt wie vom Winter gewohnt weiß in grün. Das unvergleichlich Schroffe, Karge, Hochalpine des Jafferau bringt nur die Südseite.

Und so sind wir auch nach kurzer Zeit wieder an unserem Schneefeld. Ich stelle mich mental schon mal auf die kommende Rutschpartie mit dem Moped am langen Arm ein. Benni fährt voraus und meldet per Bordfunk eine mögliche Umfahrung.
Und kaum erkenne ich vor mir den Beginn des Schneefelds, das den Fahrweg blockiert, verschwindet Benni abrupt aus meiner Sicht. Er kommt scheinbar links vom Weg ab und ist hangabwärts verschwunden! Ich taste mich mit dem Vorderrad voorsichtig bis an die Kante zum Abgrund und ca. 30 Meter unterhalb steht tatsächlich Benni und winkt.
„Da geht´s runter!“
„Nie im Leben!“
Die Alternative heißt für mich aber dann nur: Solo-Rutschparty durchs Schneefeld. Mist!

Exakt in der Falllinie des Hangs, entlang der Längskante des Schneefeldes, ist tatsächlich eine Fahrspur erkennbar. Leider verschwindet die nach ca. 50 Metern in der Tiefe und in einer Rechtskurve, der weitere Verlauf ist daher nicht mehr zu erkennen. Erst gaanz unten am Ende des Schneefeldes sieht man den Auslauf dieser Spur. Also ganz klar: Eine Umfahrung!

Von oben sieht´s für mich aber nach knapp 100 Prozent Gefälle aus und selbst mit den Skiern ist sowas in der Falllinie auch nicht ganz ohne. Seitlichen Platz zum „Abschwingen“ gibt’s nicht!

Ich laß mir für ein, zwei Sekunden die Physik des Hangabtriebs, incl. der Fallbeschleunigung auf der schiefen Ebene versus Reibungskoeffizienten durch den Kopf gehen und wage mich links über die Kante. Ein Bremstest nach 10-15 Metern verläuft erfolgreich. Mit maximal nach hinten ausgestreckten Armen und der Kimme (Sorry!) förmlich überm Profil des Hinterrades, bringt die Vorderradbremse die Fuhre gerade so zum Stehen. Wird wohl doch kein „freier Fall“, also geht´s…!

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OK, ich geb´s zu, ich hab die Perspektive bissl dramatisiert...


Und Benni wartet auch schon unten im Auslauf mit gezücktem Handy für die Aufnahmen dieses Stunts…

Erstaunlich, was alles so möglich ist! Probleme gibt´s objektiv nur im Kopf. Auf Fotos ist die Steilheit des Geländes nie darstellbar und langweilt eher den heldenhaften Leser oder Betrachter. Und wahrscheinlich waren´s auch keine echten 100 Prozent Gefälle. Aber für mich eine echte Mutprobe! Für die alten Kühe (und Benni) hingegen ein Klacks…!

Wieder „festen“ Boden unter den Rädern biegen wir an der Abzweigung vor der Galleria Seguret rechts ab, und nehmen den Weg zum Fort Foens. Auch dieses Fort liegt logischerweise exponiert hoch oben überm Susatal, als strategische Ergänzung zum Fort Pramand.

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Aber wir begnügen uns mit einer kleinen Rundfahrt durch den Hof des Forts und lassen uns die engen, schmalen und steilen Serpentinen runter ins Tal, Richtung Villars abwärts treiben.

Was für ein goiiler Tag!

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Das Foodporn hier soll Werbung für das Ristorante im „Gran Bosco“ sein. Fast rein vegan! Ist aber einen zweiten Blick und eine Wiederholung wert!
 
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elfer-schwob

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Ich hab gerade einen Lauf, drum muß die Beantwortung der einen oder anderen Frage auf später verschoben werden...
 
elfer-schwob

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Parole: Mulattiera!

(Ich hoffe, Ihr nehmt´s mir nicht übel, wenn ich die Best-Of-Fotos aus unseren beiden Reisen zum Mula hier poste?)

Ich wurde schon vor vielen Jahren von Bildern und Tourenberichten zum Mulattiera angefixt. Auf diesen Bildern faszinierte mich die Lage des alten Munitionsforts hoch oben in der steinernen Wildnis, über dem markanten, steilen, weißen Geröllfeld, das auch vom Berg gegenüber, dem Jafferau, in der Ferne zu erkennen ist. Mir war lange unvorstellbar, daß man diese Stelle mit dem Moped erreichen könnte. Was die entsprechenden Bilder von Mopeds vor dem Fort aber bewiesen haben.

Seit 2017 weiß ich auch aus eigener Erfahrung, daß dem wohl so ist. Damals zu Dritt, Benni war natürlich auch dabei. Steht diesmal wieder auf der Agenda, logo!

Kurz nach dem Abzweig aus dem Susatal, wenige Kilometer vor Bardonecchia, führt der steile Wald-/Schotterweg zunächst hoch zum Fort Bramafam. Von diesem Fort aus, nur wenig überm Tal gelegen, hatte man wohl direkten strategischen Zugriff auf die Straße entlang dem Susatal unweit der Grenze zu Frankreich. Das dortige Militär-Museum ist aber aktuell wegen irgendwas mit „C“ gesperrt, so bleibt es bei einer Besichtigung von außen.

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Der anschließende Weg bergauf Richtung Mulattiera, was wohl Maultierpfad bedeutet, führt zunächst durch einen dichten Wald. Ein paar steile Kehren, weicher aber sehr griffiger Waldboden und teilweise sehr ausgefahrene Wege über Wurzeln und Steine machen echt Spaß.

2. oder kurzzeitig mal 3. Gang, die 1000er Boxer ziehen dumpf grollend sauber hoch. Entspannter Waldspaziergang, klasse! Vereinzelte Wanderer, also echte Fußgänger, machen uns immer sehr freundlich Platz und grüßen herzlich. Das freundliche „Ciao!“ hebt hier die Laune weit mehr, als das griesgrämige Gebruddel und Gefuchtel deutschsprachiger Pseudo-Umweltfuzzies in anderen Gebieten.

Auf Höhe der Baumgrenze, bei 2050 Höhenmeter endet der Wald und man erreicht auf einem Hochplateau die Punta Colomion mit Skiliften und einer bewirtschafteten Alm. Zu unserer Freude ist die Gaststätte, entgegen unserem letzten Besuch, heute geöffnet. Ein lecker Cappu muß sein!

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Von hier aus gibts den direkten Blick auf den Jafferau



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Der „Hüpfer“ über den Hügel der Liftstation vor dem Haus natürlich auch.

Jetzt aber auf geht’s zum Haupt-Act! Kurz nach der Punta Colomion ist definitiv Ende für mehr als 1-spurige Fahrzeuge. Es wird eng. Und steil. Und grob. Und sehr grob!

Eine der „Schlüsselstellen“ war für uns in 2017 – und das wohl auch schon für manch andere – die Querung einer Engstelle. Ähnlich der Durchfahrt durch ein ausgetrocknetes Bachbett in sehr grobem Schotter schräg zum Hang und die wegen der Boxer nur ca. 30 cm nutzbare Durchfahrtsbreite für die Räder machen das reichlich tricky.

Exakt in dem Moment, wenn das Hinterrad die tiefste Stelle durchrollt hat, sollte das Vorderrad samt Lenker schon hart am Lenkanschlag stehen, um dem anschließenden Linksknick des Weges bergauf folgen zu können. Eine Kurve mit etwas größerem Radius führt sonst unweigerlich gegen einen Felsen…

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(Kleiner Rückblick)

Wir wissen das beide sehr genau, weil hier unser Dritter Mann von 2017 auf – bzw. neben seiner 12er Lufti liegend – für ihn typisch lautstark und doch gleichzeitig ziemlich geknickt seinen definitiven Ausstieg aus der Offroad-Szene öffentlich bekannt und die weitere Tour aufgegeben hat.

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„Für immer und ewig! Ich schwör´s, Ihr Arxxxlöcher!“

Die rein materiellen Manöverschäden konnten von uns jedoch problemlos und ziemlich professionell mit einzwei Rockstraps dauerhaft gefixt werden…

(Rückblickende)


Obwohl diese Stelle aktuell nicht viel anders ausgesehen hat wie beim letzten Mal, war für mich diese Passage mit der 2-Ventiler bei weitem leichter zu bewältigen als damals mit meiner 1150 GS. Was ein guter Zentner weniger Masse am Moped nicht alles so ausmacht!

Zwei, drei Kehren später öffnet sich das Tal und der Blick Richtung Ziel zieht uns in den Bann. Grandios! Gaanz oben, kurz unterhalb des Horizonts, kann man das Fort im Dunst hoch über dem Geröllfeld erkennen.
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Um noch ein paar Höhenmeter zu gewinnen führt die Strecke in teilweise sehr engen Kehren einspurig, grob mit Steinen belegt, durch die Wiesen einer Hochlandgrünfläche.

Und dann kommt die Zielgerade! Aber was für eine!

Um Nichtkennern dieser Landschaft mein höchst persönliches Fahrgefühl auch nur auch ansatzweise zu vermitteln, stelle man sich mal Omas alte Gußeisen-Badewanne aus den 70ern mit Emaillebeschichtung vor! Die stehe mit Kopfende und einer Längsseite in der Ecke des Badezimmers, direkt an den Wänden. Die Armaturen seien ausgeblendet, Wasser keines drin. Der Installateur hat bei der Montage geschlampt und das Kopfende steht deutlich höher als das Fußende.

Habt Ihr das Bild vor Augen?

Der Einstieg in die Zielgerade erfolgt am Fußende der rechten Längsseite der Badewanne, in Richtung Kopfende gesehen. Auf dem Rand der Badewanne, wohlgemerkt! In weiter Ferne quer dazu, auf dem Rand des Kopfendes, an die Wandfliesen gepappt, steht das Fort. Unmittelbar unter dem Fort liegt auf der schiefen Ebene der Badewanne das Geröllfeld. Und links vom Badewannenrand geht’s runter. Ziemlich tief runter…

Nun ist ja klar, daß man den Blick in die Tiefe der Badewanne vom schmalen Rand aus während der Fahrt nicht völlig unkonzentriert und zu lange wagen sollte. Obwohl das wirklich sehr schwer fällt. Stichwort „Blickführung!“

Gleichzeitig sollte man dem unwillkürlichen Drang, möglichst weit rechts auf dem Badewannenrand zu fahren, nicht unbedingt nachgeben. Denn die Wandfliesen, sprich Felsblöcke, sind in der Realität leider nicht ganz so ebenmäßig wie im Badezimmer. Und das minimalste Einhaken von Lenker oder rechtem Ventildeckel hätte ziemlich wahrscheinlich die gleichen Folgen wie die schlechte Blickführung!

(Rückblick)

An meiner 1150 GS hatte ich beim letzten Mal blödsinnigerweise und aus Bequemlichkeit noch die Alu-Koffer dran. Und Benni hat mir von hinten über Bordfunk nicht nur einmal panisch zugerufen: „Fahr weiter links! Fahr weiter links!“ Wie knapp das war, hab ich glücklicherweise selbst nicht bemerkt. Aber jeder Zentimeter weiter links, hin zum Badewannenrand, kostet Nerven! Glaubt´s mir!

(Rückblickende)


Schmaler Grat! Der Weg ist eng, echt eng! Zwei Mopedfahrer im Begegnungsverkehr im Verlauf dieser Zielgeraden kann und möchte ich mir nicht vorstellen!

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Das Fort, bzw. das Kopfende der Badewanne nähern sich. In der Linkskurve beim Übergang der Längsseite in die Kopfseite wird’s breiter, eine Aussichtsfläche läßt durchatmen und die Aussicht genießen. „Park, Breath and Walk“, quasi. Auch ausreichend Platz zum Wenden.

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Oder aber man nimmt noch die letzte Mutprobe und traut sich den kurzen, ordentlich steilen, schmalen, wild geschotterten und oben felsigen Zielhügel zum Grat hoch. Wobei dieser Grat nur ca. 3-4 m breit ist. Und auf der anderen Seite dieses Grats geht’s wieder steil runter, schnurstracks zu den Galliern.

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Hier gibt’s echte Siegerbilder!

Von hier aus führt der Weg auf dem Grat direkt zum Fort, bzw. auf den Badwannenrand davor.

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Und hier gibt’s High-Five! Garantiert! Ein Siegerbier aus dem Tankrucksack muß angesichts der noch bevorstehenden, mindestens gleich spannenden Rückfahrt leider auf später verschoben werden, was jedoch sehr schwer fällt!

Aber da ist ja auch noch das Punta Colomion, fällt mir ein…
 
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elfer-schwob

elfer-schwob

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Hi, ziemlich geile Bilder. Den Bericht werde ich mir nach Feierabend mal durchlesen :)

Eine Frage hätte ich: Was zahlt man da für so ein Fass mit 2 Leuten? Ist das auszuhalten, wenn es warm ist?
Ich interessiere mich auch sehr für die Seealpen, aber die Anfahrt ist halt brutal lang für mich ^^
Danke!
Die aktuellen Preise kannst Du hier eruieren:
Homepage - Camping Gran Bosco

Unser Faß, POD genannt, war eins für 3 Personen, belegt mit uns Zweien. Im 2er zu Zweit hätte man Null Platz fürs Mopedgerödel. Bettwäsche wird gestellt. Platzangst sollte man nicht haben.
Der Campingplatz liegt auf ca. 1100 m. So superheiß sollte es dort nachts im Sommer also nicht sein. Tagsüber bist Du ja eh über 2000 m. Oder nicht?
Die Reise lohnt sich und Wohnalternativen gibts genug!

Grüße vom elfer-schwob
 
PX221

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Pfaffenhofen/Ilm
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R 100 GS Paris Dakar Bj.´95, R 1150 GS Adventure Bj. ´02, Vespa P80X Bj.´83
Danke Rainer fürs mitnehmen 😉.
Eindrucksvoll erzählt.
Genau aus diesem Grund behalte ich meinen 2-Ventiler😁.

Grüße,
Alex
 
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