Wie ja schon der eine oder andere mitbekommen haben dürfte, ist meine mühe- und liebevoll „aufgehübschte“ GS gestohlen worden. Es war eine MÜ mit allem Drum und Dran, optimiert mit ZACH, Powercommander und auf dem passenden Prüfstand eingestellt.
Da die Versicherung sich ja bekanntlich etwas Zeit nimmt mit der Schadensregulierung, habe ich mir in den letzten zwei Wochen die Konkurrenzprodukte mal etwas näher angeschaut.
Was hier jetzt kommt ist natürlich eine völlig subjektive Betrachtung eines Laien, der 192cm groß und knapp 100kg schwer ist. Mein Anspruch an die Maschine ist weniger das Touring- und Enduroverhalten, als vielmehr jene, die Kiste sportlich zügig auf Landstraße und Serpentinen zu bewegen.
Die erste in der Reihe der Anwärterinnen war die Ducati Multistrada.
Es war mein erster Kontakt überhaupt zu ihr, kannte sie nur aus den Zeitschriften ... und der erste Eindruck war überwältigend: Was für eine Ausstrahlung, Eleganz gepaart mit Potenz und Anmut ... ich war hin und weg!
Dann die Einweisung: Wer gedacht hat, eine vollausgestattete BMW stecke voller Schnickschnack, der hat noch nicht diesen PC auf zwei Rädern gesehen. Bis auf die RDC hat sie alles an Board und noch etwas mehr.
Dann das erste Probesitzen: Alles ist viel dichter dran, als bei der GS, der Kniewinkel ist gerade noch so erträglich ... sie wirkt etwas wie ein Spielzeug.
Auf den ersten paar Kilometern raus aus der Stadt, stelle ich sie etwas weicher ein und 100PS sollten auch genügen .. das nennt sich dan Urban-Modus ... sie lässt sich spielend duch die Auto-Kolonnen wedeln, wirkt sehr agil und macht keinerlei Probleme, wenn man mal das Konstantfahrruckeln außer Acht lässt.
Dann die ersten Landstraßen: Umschalten auf Sport-Modus und mal kräftig am Kabel gezogen ... wow, was für ein Feuer, kein Drehmomentsloch, gigantisch! Aber der Sound ... flach und blechernd scheppert sie unter mir, kaum zu glauben, dass das auch ein 2-Zylinder mit 1200 ccm ist ... auf einmal vermisse ich meine GS mit Zach.
Die erste Kurve kommt ... was soll schon passieren ... 120km/h und rein. Doch was ist das ??? Sie will eigentlich gar nicht in die Kurve, ich muss mächtig am Lenker zerren um nicht schnurstracks geradeaus zu fahren ... aber es reicht nicht, bin viel zu schnell. Also mal sanft an der Vorderradbremse gezogen, so wie es bei der GS immer passend gemacht wurde ... aber was jetzt kam ließ mich wahrscheinlich 3 Jahre altern: Sie tauchte nicht nur mächtig vorne ein, damit hatte ich ja fast gerechnet. Sie stellte sich aber ganz vehement auf, an Kurvenfahrt war überhaupt nicht mehr zu denken. Und schon hatte ich schon mal das Linksfahren für meinen nächsten Englandaufenthalt geübt ... was für eine sch...
Ob das nun an dem 17er Vorderrad mit 120er Pelle lag, oder die Gesamtgeometrie irgendwie nicht so richtig passt ... so macht mir Motorradfahren keinen Spaß.
Danach bin ich ziemlich desillusioniert zurück zu Ducati gefahren ... was für eine Enttäuschung.
Ein neuer Tag, ein neues Mopped: KTM 990 SMT
Als mich der Verkäufer zu dem Bike führt und wir von vorne an sie rantreten die erste Ernüchterung: Man, ist die häßlich !!! Irgendwie einem zu klein geratenen Zyklopen gleich ... hätte nie gedacht, dass es ein Mopped dieser Kategorie gibt, die noch hässlicher als die GS ist. Aber nun gut, Äußerlichkeiten sind ja bekanntlich nicht alles und über Geschmack sollte man ja auch nicht streiten.
"Ich schieb sie dir mal eben ein Stück nach vorne, sie steht nicht all zu stabil." waren die ersten Worte des Verkäufers. Und tatsächlich, auf ihrem Seitenständer mit der sher kleinen Standfläche steht sie fast senkrecht ... was passiert wohl bei einem kräftigen Windstoß von links? (Hauptständer: Fehlanzeige)
Die Einweisung dauerte dann auch nur ca. 30 Sekunden (bei Ducati waren es wohl 5 Minuten) ... aber kein Wunder, sie hat ja auch absolut nichts, was über die Dinge hinausgeht, die die STVZO für Deutschland vorschreibt (Blinker, Hupe, Licht und Starter). Ok, dachte ich, ein puristisches Krad halt, kann ja auch recht schön sein.
Dann nahm ich auf der SMT platz und Blick schweifte so über das, was man halt von einem Mopped sieht, wenn man drauf sitzt: Cockpit, Verkleidung, Tank und Bedienelemente. Alles machte einen derart billigen Eindruck, dass nochmals seitlich an den Tank schauen musste, um mich zu vergewissern, dass da die drei österreichischen Buchstaben standen und nicht die zwei aus der DDR. Die spärlichen Bedienelemente wirkten wie von einer Kawa oder Suzi aus den Siebzigern, das reichlich verteilte Plastik (nein, hochwertiger Kunststoff sieht anders aus) hatte teilweise noch die Stanz- und Prägemarken. Vom Tankdeckel ging ein Entlüftungsschlauch ab, der sich auch prompt beim Nachtanken in Richtung Verkleidung verabschiedete.
Die Sitzbank ist hart ... sehr hart!
Beim Starten dann die erste positive Erscheinung: Der Motor klingt klasse, fast schon rassig. Nicht ganz so dumpf wie eine GS mit Zach, aber um ein Vielfaches besser als das Dosenklappern der Multistrada.
Seitenständer eingeklappt, Füße auf die Rasten und los ... aber was ist das, wieso passen meine Beine nicht an den Tank? Mit Entsetzen stellte ich fest, dass die SMT zwar die gleiche Sitzhöhe wie eine GS hat, aber der Tank so ungünstig geformt ist, dass meine Knie an den Kanten nicht vorbei konnten und ich somit Luft zwischen Oberschenkeln und Tank, sowie einen permanenten Druck auf die Knie hatte.
Schnell nochmal gedreht und den Verkäufer darauf angesprochen und befragt, ob man da etwas verstellen könne, schüttelte dieser nur traurig den Kopf und räumte ein, dass sie schon mehrfach festgestellt hätten, dass die SMT nur für Personen bis ca. 185cm gut passt, oder aber sie extrem kurze Oberschenkel haben.
Obwohl sie damit eigentlich schon gestorben war, wollte ich nun aber doch noch mal sehen, ob sie mir die gleichen Probleme bereiten würde, wie die MS, da sie ja ebenfalls auf 17-Zöllern mit 120 und 180 daherkam. Zehn Minuten später war ich auf den Landstraßen östlich von Berlin .. und jetzt zeigte sie ihre Qualitäten: Ihr geringes Gewicht gepaart mit dem kräftigen, gleichmäßig hochdrehenden, Motor ließen echte Freude aufkommen. Super handlich und vor allem ehrlich in den Kurven, musste ich meinen Verdacht hinsichtlich des 120ers vorne revidieren. Bremsen mit dem Vorderrad bei ca. 40° und 120km/h machten tatsächlich nur das, was man von einem modernen Motorrad erwarten kann: Verzögern und Schräglage halten, so wie von der GS gewohnt.
Summa summarum: Kleine und mittelgroße Leute, die gerne mit viel Schmackes Kurven fahren, können mit der SMT durchaus glücklich werden, sofern sie auf jedweden Luxus verzichten können und auch keinen Wert auf eine hochwertige Optik legen. Mir passt sie definitiv nicht.
Auch wenn sie etwas aus der Gruppe herausragt, die Triumph Tiger hat mir eigentlich schon immer gefallen (auf dem Papier).
Mit ihrem 08/15-Fahrwerk, dessen Vorderhand etwas zu weich erscheint, lässt sie sich zwar völlig unproblematisch fahren, irgendwie fehlten aber die exakten Rückmeldungen. Beim Bremsen in Kurven möchte auch sie sich gerne aufstellen, wenngleich nicht so vehement wie die Multistrada. Ebenso wirkten die Bremsen (mit ABS): Weder Flopp noch Hopp. Der Motor ist in allen Drehzahlbereichen butterweich, aber obwohl nicht kraftlos, fehlte mir irgendwie der rechte Bums.
Die ganze Maschine kam mir etwas zu klein für mich vor und hat den Charakter einer 100%igen Straßenmaschine.
Alles in allem kein schlechtes Mopped, aber ihr fehlt einfach das gewisse Etwas.
Richtig neugierig war ich auf die Yamaha Super-Ténéré
Äußerlich recht anständig verarbeitet , machte sie bei der Einweisung einen nicht ganz unkomplizierten Eindruck. Yamaha hat da wirklich eine echte Konkurrentin zur GS mit Vollausstattung auf die Beine gestellt. Auch die Sitzposition und der Abstand zum Cockpit wirkten sehr vertraut. Der Motor ist durchaus kraftvoll, im S-Modus sogar als bissig zu bezeichnen. Dies kann man aber mittels Schalter abstellen (T-Modus).
Bremsen, Kardan, Fahrwerk … alles prima. Der an dieser Maschine verbaute Leovince sorgte für eine sehr ansprechende Soundkulisse. Wenn da nicht dieses heftige Eigengewicht wäre. Man muss auf ihr schon arbeiten, damit sie genau das macht, was gewollt ist.
Fazit: Für große, schwere Kerle, die gerne auch mal mit Sozius und/oder Gepäck auf Tour wollen, ein wirklich tolles Motorrad. (aber mein Einsatzzweck ist ja ein anderer)
Auf Empfehlung eines Freundes kam nun die Moto Morini Granpasso unter meine Lupe.
Der Exot und Purist in der Gruppe ist in zwei Variation erhältlich: Standard und in der H83-Version, die extra für etwas kleinere Person nachgeschoben wurde. Letztere hat eine etwas flachere Hinterradfelge, auf der ein 180er an Stelle des 150er sitzt, das Öhlins-Federbein kommt in der -1cm Version daher und auch die Sitzbank ist geringfügig abgepolstert worden. Und genau diese musste ich mangels Vorrätigkeit testen.
Auffällig war sofort die hochwertige Verarbeitung: Lange nicht mehr so einen Lack auf Tank und Kunststoffteilen gesehen. Die Schweißnähte des Gitterrohrrahmens: Ein Gedicht.
So spartanisch die Gesamtausstattung ist, so hochwertig sind die verwendeten Komponenten: Marzochi gabel, voll einstellbares Öhlins Federbein, Zard-Sportschalldämpfer, Speichenfelgen, usw.
Schon im Stand produziert das Krad einen Sound, der wohl keinen Wunsch offen lässt (und ich bin vom Zach verwöhnt). Der überaus druckvolle, aber nicht unberechenbare Motor, macht vom ersten Moment an Spaß, das Fahrwerk bügelt alles glatt und gibt jederzeit eine einwandfreie Rückmeldung. Die Vorderradbremse ist eine Bank, hinten hingegen wirkt sie reichlich flau … vielleicht aber auch besser so, ohne ABS. Die Kupplung verlangt nach einem echten Männerarm, erinnerte mich an meine Probefahrt seinerzeit mit einem Ferrari.
Wenden mag sie nicht so recht: Der Lenkanschlag kommt sehr früh
Summa summarum ein echtes Funbike, wenn man nochmal bereit ist auf all die schicken Extras einer Yamaha oder BMW zu verzichten und das Risiko bereit ist einzugehen, das ein Exote nun einmal so mit sich bringt.
Und last but not least führte mich mein Weg zu Moto Guzzi.
Der erste Eindruck, als ich um den Vorführer herumschleiche, ist durchaus überzeugend: Sehr hochwertig und mit viel Liebe zum Detail kommt die Stelvio daher .. haufenweise Titan- und Edelstahlschrauben verbaut, schön bezogenen zweiteilige Sitzbank, sauber verlegte Kabel am Lenker.
Die Glubschaugenoptik ist schon stark gewöhnungsbedürftig, aber davon sieht man ja nichts, sowie man Platz genommen hat. Sitzposition und Abstand zu Lenker und Cockpit erinnern sehr an die GS.
Nach dem Druck auf den E-Starter ist er da, der unverwechselbare Guzzi-Sound, der trotz des Serienschalldämpfers mächtig ist und Emotionen weckt. Ein kurzer Gasschub und sie schüttelt sich ebenso von links nach rechts wie der Boxer.
Das Fahrwerk ist vorne und hinten einstellbar, von der Sensibilität fühlt es sich ähnlich an wie die Showas. Die Bremsen sind etwas flau, aber man kann ja dank ABS gedankenlos zugreifen.
Durch den V-Motor liegt der Schwerpunkt etwas hoch … das vermittelt zwar beim Schlängeln im Stadtverkehr den Eindruck, die Karre würde nur 200kg wiegen, in Landstraßenkurven habe ich aber das Gefühl, sie will immer weiter in die Kurve kippen.
Tja, und letztendlich der Motor: Sehr rau und voller Vibrationen, kommt er unten heraus sehr gut, aber jenseits der 5000 U/min ist da irgendwie nicht mehr viel.
In meinem internen persönlichen Ranking landet sie trotz einiger Schwächen dank ihres ausgeprägten Charakters somit zusammen mit der Super Ténéré auf Platz zwei.
Mein persönlicher Gewinner ist eindeutig: Moto Morini Granpasso 1200 !
Noch nie zuvor bin ich ein solch geiles Mopped gefahren … wenn sie nur nicht aus einer insolventen kleinen Klitsche mit ungewisser Zukunft stammen würde, ich hätte sie schon geordert.