Moin!
Als meine R1100S 2010 in der Werkstatt war, hatte der Händler nur noch eine K1300S als Ersatzmotorrad für den Heimweg verfügbar. Ich habe gesagt "Kannst behalten Deinen blöden Vierzylinder, haste wirklich nichts anderes?" "Na gut, einen C1 (das ist der Roller mit Dach) kann ich Dir noch mitgeben." Das wäre noch schlimmer gewesen, also bin ich dann, obwohl eigentlich auf Zweizylinder fixiert, mit der 1300S vom Hof gefahren. Ich weiß nicht, ob es 5 oder 10 Minuten gedauert hat bis ich dachte "Wow, das ist es!"
Auf meiner R1100S hatte ich auf längeren Etappen immer Nackenprobleme und so kam dann im April 2011 die K1300S ins Haus. Aus besonderen Gründen bin ich damit dann in den ersten 6 Wochen etwas über 9000 km keuz und quer durch Deutschland gefahren und hatte dermaßen Verspannungen im Schulterbereich, daß ich kaum geradeaus gehen konnte.
Habe mir dann für ein Wochenende eine R1200RT gemietet und bin damit von Freitag bis Montag 1700km gefahren (km-Kontingent deutlich überzogen). Danach gelangte ich zu der Überzeugung, ich werde in Zukunft zwei Motorräder haben, die R1100S für die kurze Runde und eine RT für lange Strecken (aber nicht bei Hitze).
Beim Händler gab es dann ungefähr folgendes Gespräch: "So, ich würde gern eine neue RT bestellen und gebe meine 1300S wieder in Zahlung." "Du bist wohl wahnsinnig, über 9000km in 6 Wochen, das schaffen andere in 3 Jahren nicht, dafür kann ich Dir keinen vernünftigen Preis machen, die mußt Du privat verkaufen." "Alles klar, verkauf ich selbst, aber jetzt will ich ne RT bestellen." "Wieso nimmst Du nicht den Vorführer?" "Ich möchte kein gebrauchtes Motorrad." "Wieviel hat sie denn runter?" "1850" "Und wieviel bis Du damit gefahren?" "1700" "Siehst Du, und die ersten 150km bin ich zwischen hier und zu Hause gefahren." "Aber mir gefällt die Farbe nicht." "Welche Farbe gefällt Dir denn?" "Eigentlich gefällt mir gar keine der aktuellen Farben. Die einzige Farbe, die mir je gefallen hat, war Piemontrot-Metallic in 2005." "Gut, wenn Du jetzt sagts, daß Du den Vorführer nimmst, machen wir sie die zum Selbstkostenpreis in jede Farbe, die Du willst." "Gut, ich hätte gern den Vorführer in Piemontrot-Metallic".
Und so kam es dann zur bis dahin höchsten Eskalationsstufe meines Motorradbesitzertums.
Die 1300S sollte dann schnell weg. Doch gerade noch rechtzeitig kam mir der Gedanke "verkauft ist schnell, nichts überstürzen."
Ich habe dann 1 Jahr lang eine Excel-Tabelle mit den wöchentlichen Kilometerzuwächsen der 3 rechten Motorräder gemacht, die R100CS, die ich seit 1982 habe, läuft außer Konkurrenz.
Am wenigsten fuhr ich mit der R1100S, also wurde sie im Folgejahr verkauft.
Ich hatte damals meinen Arbeitsplatz 136 Kilometer vom Wohnort entfernt. Da bin ich im Sommer morgens mit dem Motorrad über die Autobahn hin geballert und abends über Landstraßen zurück.
Den höchsten Autobahnschnitt habe ich mit der RT geschafft, da konnte ich auf der damals noch weitgehend unbeschränkten Bahn quasi unbegrenzt mit 190 entlang rasen. Mit der 1300S bin ich zwar kurze Abschnitte 250 gefahren, mußte dann aber auch immer wieder deutlich langsamer machen. Großer (leicht infantiler) Spaß mit der 1300S war es, wenn in einer geschwindigkeitsbeschränkten Etappe, z.B. entlang einer Raststätte, dicke Limousinen oder SUV ganz nah aufrückten und diese nach Aufhebung der Begrenzung meist rasant kleiner im Rückspiegel wurden. Aber das "Autobahn-Strecken-Motorrad", zumal bei schlechtem Wetter, war für mich eher die RT.
Auch für weitere Anfahrten über die Bahn zu gemeinsamen Motorradrunden mit entfernt wohnenden Freunden war, vor allem bei unklarer Wetterprognose, die RT der Favorit für die Anfahrt. Vor Ort habe ich dann aber immer häufiger gedacht "hier würde jetzt die 1300S mehr Spaß machen und Autobahn geht damit eigentlich genau so gut."
Und so ist dann 2015 auch die RT wieder gegangen und aus dem obigen Foto sind heute nur noch die R100CS und K1300S übrig.
Da ich durch das viele Motorradfahren das Auto geschont habe, durfte ich zwei aktuelle Motorräder haben. Und so hatte die 1300S immer noch eine Begleitung, mit zunehmendem Alter der 1300S auch mit dem Gedanken, einen Ersatz dafür zu finden und die 1300S abzugeben.
Neben die 1300S gesellten sich nacheinander eine RnineT, R1200GS LC, R1200RS, Multistrada V4.
Geblieben ist die 1300S, aktuell steht eine R1250R daneben.
Die Knochen werden mit Mitte 60 langsam steifer und die jährlichen Motorradkilometer haben sich aus verschiedenen Gründen deutlich reduziert. Spitzkehren in den Alpen werden wohl kein Spaß mehr mit der 1300er. Zu Hause in Norddeutschland ist immer noch die 1300S vorn. Vor allem wegen des Windschutzes bei wenig Radau. So ruhig bin ich noch mit keinem anderen Motorrad 110 km/h gefahren, außer mit einem Naked Bike, aber das kann ich über längere Strecken mit dem Nacken nicht ab. Die vielen PS sind viel zu viel, Autobahn bin ich schon jahrelang nicht mehr gefahren und aufrückende Limousinen waren mir schon immer egal, allein mit diesem gewaltigen Motor hat das Beschleunigen bei höheren Tempi einfach Spaß gemacht. Dieser Motor zieht immer und überall, meine Multistrada V4 kam mir dagegen richtig schlapp vor, jedenfalls bevor ich mich an die niedrigeren notwendigen Gänge und höheren Drehzahlen gewöhnt hatte. Mit der 1300S kann man niedertourig im hohen Gang bummeln und es geht beim Dreh am Gasgriff immer voran.
Brauche ich alles nicht mehr, die letzte Probefahrt auf der Suche nach meinem Universalmotorrad (wie es die R100CS 20 Jahre lang war) war auf einer fürs Wochendende gemieteten Moto Guzzi V85TT. Alles super, wenn nicht die Wirbel am Helm gewesen wären.
Der K1300S am nächsten kam die R1200RS. Wenn der Radau am Helm nicht gewesen wäre. 5 Windschutzscheiben und 3 Helme später habe ich sie wieder verkauft.
Die 1300S ist bei Richtungswechseln träge wie ein Baumstamm, man kann sich dran gewöhnen. Alle Alpen-Urlaube haben damit funktioniert, manchmal hätte ich mir etwas handlicheres gewünscht. Wäre nicht der Radau am Helm gewesen, hätte die R1200RS die K1300S wegen der viel besseren Handlichkeit ersetzt.
Die von Serpel angesprochene Seitenwindempfindlichkeit stelle ich auch fest, Gewöhnungssache.
Erstausstattung bei mir waren ebenfalls die Metzeler Sportec M3, habe ich direkt nach der Großglockner-Überquerung in Nebel und Regen bei 7°C während des Urlaubs in Bad Reichenhall beim Motorradhändler runterschmeißen lassen. Für mich nach einigen Experimenten mit Supersportreifen a'la Pilot Power usw., die teilweise nicht mal 3000 Kilometer hielten beste Wahl seit langem der Metzeler Roadtec Z8. Nicht so super exakt im Geradeauslauf bei hoher Geschwindigkeit (die ich eh nicht mehr fahre), dafür harmonisch im Kurvenverhalten über die gesamte Laufzeit.
In die Sportkoffer geht nicht viel rein, auch kein 15"-Notebook, auf dem Weg zur Arbeit hatte ich immer noch eine BMW-Tasche auf dem Gepäckhalter.
Ich habe von MRA die Tourenscheibe drauf und von MV-Motorradtechnik um 5cm nach oben verlegte Stummel. Der Umbau ist einfach. Der Superbike-Lenker-Umbau von AC-Schnitzer kostet richtig viel, da dort auch die obere Lenkerbrücke getauscht werden muß inklusive Zündschloß-Umbau und Verlängerung/Verlegung diverser Leitungen.
Tiefergelegte Fußrasten gibt es auch, keine Ahnung, ob man das an eingeschränkter Schräglagenfreiheit merkt, ich habe meine 1300S im Gegensatz zur R1200RS und R1250R noch nirgends aufgesetzt.
Wenn Du da drauf passt, Dir der Windschutz genau so gut erscheint wie mir und das Gepäckvolumen ausreicht, ist die 1300er ein super Motorrad für Autobahnetappen, wenn auch nicht ganz so komfortabel wie eine RT. Dafür kommt der Rest an Wind von vorn und nicht von allen Seiten und hinten.
Wenn ich mich nach all den Motorrädern auf meine 1300S setze, dann denke ich jedesmal "jo, das isses!", auch wenn die Knochen es langsam nicht mehr so leicht mitmachen.