
sampleman
Themenstarter
Ja, eigentlich hätten wir ja hier in München im Moment vollgeiles Moppedwetter, wenn...
... man alltags nicht arbeiten gehen müsste und
... am Sonntag die beste Ehefrau von allen nicht auch mal wieder Ansprache wünschen würde.
Naja, Ehescheidungen sind teuer, und womöglich nimmt sie die Katze mit - und, ach was rede ich, lass uns einen Ausflug machen, Schatz.
Erst mal was essen, also mit dem Auto (Motorrad will sie nicht, dabei habe ich ein echt gutes) von MUC nach Dietramszell in die Klosterstube gefahren, dort kein Platz mehr frei, dann in eine andere Wirtschaft, die wir noch nicht kannten. Dort Platz frei, aber als ich schon fast sitze, entscheidet sie, dass es ihr hier nicht gefällt und sie doch lieber woanders hin will.
(Und was, wenn ich mir einfach eine neue Katze aus dem Tierheim...)
Schließlich fahren wir nach Puppling (Pupplinger Au), super Gegend zum Bladen (ich blade nicht), Radfahren (kein Rad dabei) und Spazierengehen (na gut...). Erst einmal was essen im Aujäger. Hier ist auch mächtig voll, aber wir kriegen noch einen Platz. Innen - außen ist es noch etwas frisch. Karte ist auch da, aber es kommt keine Bedienung.
(Es ist ja auch nur makellos blauer Himmel draußen, ich habe ein neues Mopped vor der Tür stehen und es wird ja auch erst um sechs Uhr dunkel
)
Schließlich gibt es eine kleine Schweinshaxe mit Knödel und Salat zum fairen Preis, dazu ein bleifreies Weißbier - Essen und Trinken halten eben doch Körper und Seele zusammen. Danach gelingt es mir, die Kellnerin zur Annahme von Geld zu bewegen, wir gehen raus, es ist immer noch sonnig - Spazierengehen ist angesagt. Glücklicherweise ist die beste Ehefrau von allen kein Freund von Extremsport, so geht auch das vorbei, eine Dreiviertelstunde später sitzen wir im schwarzen Boliden (Fiat Punto 1.2 ELX) und sind auf dem Weg zur Autobahn. Von dort aus sind es nur noch knapp 40 Kilometer nach hause. Die AB ist voll, lauter Wochenendheimkehrer. Der Sonntag neigt sich langsam dem Ende zu.
"Und, willst du heute noch Motorrad fahren?" "Ach ja!" "Und wohin?" "Weiß nicht, eine Runde um den Ammersee vielleicht..."
Als ich schließlich, komplett in Montur, auf meiner GS sitze, ist es VIERTEL VOR FÜNF
Joah, Ammersee, eine halbe Stunde hinötteln, eine Dreiviertelstunde drumrumbullern, heim ötteln.
Und was wäre mit - Kesselberg?
Kesselberg ist geil, aber leider am Sonntag für Moppeds gesperrt (vielen Dank auch, ihr lieben Knieschleifer mit den offenen Brülltüten).
Aber der Kesselberg ist nur in Richtung Süden gesperrt. In Richtung Norden ist er offen. Also: Ab auf die A95, nach Garmisch, so weit ist das ja auch nicht, und dann die Sache von hinten aufgerollt. Wäre doch gelacht.
Autobahn ist bestimmt langweilig, also werden fix Navi, Handy und BT-Headset so programmiert, dass ich Musik vom Handy während der Fahrt hören kann. Das Ganze lenkt mich brutal ab, und es geht auch nicht lange gut. An einer Ampel mit Blitzer springt am Navi der Radarwarner an, danach schweigt die Musik. Ich weiß nicht warum, ist aber auch besser so.
Auf der AB lasse ich dann den Boxer von der Leine, wir haben ja nicht alle Zeit der Welt, bis nach Garmisch sind es 69 Kilometer. Bis etwa 150 km/h kann man es auf der GS relativ locker aushalten, außer dass die Kombi aus Klapphelm und hohem Windschild schweinelaut ist. Sie läuft aber über 180, und das wird dann schon echt lästig, weil doch ziemlich viel Preußenstahl und aufrecht sitzende Biomasse durch die Atmosphäre geschoben werden müssen. Dennoch, Garmisch wird zügig und ohne größere Zwischenfälle erreicht. Am Autobahnende entspannt sich vor mir ein wunderschönes Bergpanorama mit malerisch über den Gipfeln liegenden Wolkenschichten - jetzt 'ne Woche frei und drei Satz Unterwäsche im Koffer, das wär's. Isses aber nicht, ich werde heute Abend noch zuhause erwartet.
Auf dem Nadelöhr zwischen Autobahnende und Garmisch staut sich der Rückreiseverkehr - aber nicht in meine Richtung. Ich durchquere Garmisch recht zügig, darauf vertrauend, dass die Rennleitung gerade was besseres zu tun hat. Ich verlasse Garmisch Richtung Mittenwald auf der B2. Das ist jetzt nicht die genialste Motorradstrecke der Welt, auch wenn sie nach dem Ortsausgang ein paar schnelle Kurven zu bieten hat. Merkwürdiger Effekt: Hinter Garmisch ist die Musik wieder angesprungen, k.d. lang begleitet mich in die Bergwelt. Bei Klais widerstehe ich der Versuchung, nach Scharnitz in Tirol weiterzufahren und billigen Ösi-Sprit zu bunkern. Der Tank ist laut Tankuhr zwar halb leer, aber Klais-Scharnitz und zurück dauert inklusive Tanken bestimmt über eine halbe Stunde, und ich will den Kesselberg nicht bei Nacht abreiten.
Übrigens, Tipp für Leute mit mehr Zeit: Wer von Garmisch nach Mittenwald will, nimmt ab Klais die Staatsstraße 2542 (Am Quicken), die ist wesentlich netter zu fahren als die Bundesstraße nach Innsbruck.
Ich biege ab nach Krün auf die B11, die Kesselbergstraße. Und ich halte an und schalte die Musik ab. Musik und Moppedfahren geht doch nicht zusammen, zumindest nicht für mich.
Wer diese Strecke nicht kennt: Der eigentliche Kesselberg geht von Urfeld am Walchensee bis nach Kochel am (Kochel-)See. Auf neun Kilometern werden 240 Meter Höhendifferenz mit rund 30 Kurven überwunden. Eigentlich befährt man die Strecke idealerweise in die andere Richtung, aber da ist ja am Sonntag Sperre für Moppeds.
So befahre ich also das Nachspiel als Vorspiel: Die Strecke von Obernach bis nach Urfeld hat auch ein paar sehr schöne Kurven, allerdings auch einige eher tuckige Ortsdurchfahrten. Glücklicherweise ist hier oben so gut wie kein Verkehr.
Der Kesselberg gilt als fest im Visier der Rennleitung. Die gesamte Strecke ist auf 60 km/h beschränkt, überall wird vor Radarfallen gewarnt, und überdies taten sich einige Schergen des Freistaates vor ein paar Jahren damit hervor, dass sie Temposündern die Kräder unter dem Hintern wegbeschlagnahmten und kostenpflichtig wegschaffen ließen. Zur Nadelstichpolitik der Rennleitung gegen uns Motorradfahrer gehört auch, dass an der einstmals so beliebten Applauskurve der dort gelegene Parkplatz mit Aussicht für Moppeds gesperrt ist, nur noch Autos dürfen dort parken. Eine veritable Bundesstraße, die zwei große Städte verbindet (München und Innsbruck) einfach so für steuerpflichtige Kfz zu sperren, finde ich zwar etwas, nun ja, schikanös, aber ob das vom SPD-Wählen besser wird, ich weiß es nicht.
Jetzt ist die Sonne langsam aber sicher weg, es wird kühl, aber immerhin habe ich noch Tageslicht. In Urfeld beschließe ich, heute einfach mal davon auszugehen, dass auch Polizisten mal Feierabend haben. Wer soll am Kesselberg schon lasern, wenn niemand dort herum fährt?
Doch vorher ist mein ABS drauf und dran, Premiere zu feiern: Ein Taxifahrer beschließt, seinen Benz ohne zu gucken rückwärts auf die Hauptstraße zu ziehen. Ich ziehe heftig am Hebel, die Q ankert mit Nachdruck. Yay, so müssen Bremsen sein, und es hat noch nicht einmal was gerattert.
Okay, Urfeld ist überlebt, jetzt muss es kesseln.
Mit der TDM bin ich den Kesselberg bestimmt schon ein Dutzend mal gefahren, da weiß ich wie's geht. Ich weiß interessanterweise auch, wo meine persönlichen Grenzen liegen, nämlich nicht wesentlich oberhalb der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h, zumindest nicht in den Kurven. Mit der Q muss ich es noch herausfinden. Ich ziehe im dritten Gang in die erste Kehre, fühlt sich gut an. Am Kurvenausgang mache ich das Gas auf, die Q schüttelt sich etwas, zieht dann aber wie eine Dampflok los. Verglichen mit der TDM liegt das Drehzahlniveau um rund 500 Touren niedriger. Führe man mit ähnlicher Drehzahl - was grundsätzlich natürlich geht - dann hätte man schon fast ein Messer zwischen den Zähnen. Auf den Geraden könnte ich es jetzt knallen lassen wie ein Verrückter, aber das kann jeder. Der Nachteil beim Fahren auf der B11 in Richtung München: Nach ein paar Kurven ist bereits die Passhöher erreicht, jetzt geht es bergab, und das fährt sich nicht ganz so schön.
Aber immer noch schön genug. Mit beruhigendem Blubbern zieht die GS ihre Bahn. ein schneller Blick auf dem Tacho zeigt mir, dass ich hier mindestens so schnell unterwegs bin wie an den besten Tagen mit meiner TDM, eher schneller. Zwei Autos, die die Straße entlangtrödeln, werden elegant geschnupft und regen sich darüber auch nicht auf. Ansonsten habe ich den Kesselberg für mich allein. Alles im grünen Bereich. Unten am Ufer des Kochelsees laufe ich auf einen 5er BMW mit fetter Maschine auf. Der Mann will sich offenbar von mir nicht demütigen lassen, was ihn dazu treibt, mit knapp 100 nach Kochel reinzubrechen. Na, wenn er meint, ich habe meinen Spaß schon gehabt.
Zwischen Kochel und Pessenbach geht die B11 zwar schnurgeradeaus, ihr Straßenzustand verschlechtert sich jedoch innerhalb weniger Meter von "echt okay" auf "Polen". Es gibt da ein Tempolimit, das dem Rechnung trägt - und zur Hauptverkehrszeit steht da auch manchmal die Staatsmacht auf der Suche nach Opfern. Doch jetzt ist nicht Hauptverkehrszeit. Also Hahn auf und mal gucken. Mit 140 geht die GS über die Hoppelpiste wie das heiße Messer durch die Butter. Sehr geil. Auch andere Sachen fallen auf: So trägt die GS zwar einen hässlichen Rechteck-Scheinwerfer, der angeblich auch in den Straßenbahnwaggons der Mainzer Verkehrsbetriebe verbaut ist, aber dieser hässliche Scheinwerfer liefert ein wirklich gutes Abblendlicht, das auch noch automatisch leuchtweitengeregelt wird. Der Fernlichtschalter ist ein Kippschalter, der gleichzeitig die Lichthupe betätigt - da gefällt mir die Lösung an der 3VD besser. Dennoch: das gute Licht macht es leichter, mit der GS nachts unterwegs zu sein. Richtig viel Spaß macht es dennoch nicht, denn Blickführung in der Kurve geht nur, wenn man auch um die Ecke gucken kann. Also beschließe ich, hinter Königsdorf die B11 zu verlassen und in Richtung Autobahn zu fahren, denn irgendwann will ich ja auch mal ankommen.
Die A95 teilt zu Zeiten des Rückreiseverkehrs von Garmisch bis zum Autobahnkreuz Starnberg das Schicksal vieler zweispuriger Autobahnen: man kann entweder mit 110 hinter irgendwelchen Schlafmützen auf der rechten Spur umhergurken oder sich mit 160 beim Tiefflieger-Geschwader auf der linken Spur einreihen - oder Slalom fahren. Ich entschließe mich für die Tieffliegervariante und gebe der Q Stoff. Mittlerweile zeigt die Tankanzeige nur noch wenige Balken an, ab Schäftlarn geht die gelbe Lampe an. Über die hell leuchtenden und gut zu sehenden Warnlampen hatte ich mich ja bereits tagsüber gefreut. Nachts dürfte dieser gelbe Scheinwerfer im Armaturenträger gern etwas dezenter strahlen. Zudem irritiert mich, dass ich es offenbar geschafft habe, einen ganzen Tank in gut 200 Kilometern leerzufahren. Leichte Panik befällt mich: Die Q hat laut Handbuch ein 25-Liter-Fass auf dem Rahmen, davon sind vier Liter Reserve. Wenn ich tatsächlich 20 Liter verfackelt habe, dann wären das ja fast zehn Liter auf 100 - eine TDM, die zehn Liter zieht, die hat nicht nur verschlissene Vergasernadeln, die hat gar keine mehr. Und ich dachte, Einspritzung ist sparsam...
Ich überschlage, dass bei normaler Fahrweise der Sprit auf jeden Fall bis München reichen müsste, schließlich sind es keine 30 Kilometer mehr bis nach hause. Aber krachen lassen bis zum Anschlag muss ich es jetzt auch nicht mehr, ich nehme lieber die Richtgeschwindigkeit beim Wort.
An der Jet-Tankstelle in der Fürstenrieder Straße zeigt sich dann die merkwürdige Wahrheit. Ich tanke voll bis zum Anschlag, und kriege gerade einmal 16,5 Liter in den Tank. Das entspricht bei 235 Kilometern einem Verbrauch von knapp über sieben Litern, das ist ein halber Liter mehr als bei der Tankfüllung zuvor - ein vertretbarer Verbrauch angesichts der Autobahnheizerei. Vielleicht liegt der für meinen Geschmack recht hohe Verbrauch auch daran, dass ich E-10 fahre. Ich werde mir mal eine Tankfüllung mit Super plus gönnen und vergleichen, glaube ich.
Aber warum ich in einen 25-Liter-Tank nur 16,5 Liter hineinbekomme, das würde ich auch gern einmal wissen.
PS: Diesen Text habe ich für die Kollegen vom TDM-Forum verfasst, deshalb enthält er einige Erklärungen zur GS, die hier allgemein bekannt sein müssten.
... man alltags nicht arbeiten gehen müsste und
... am Sonntag die beste Ehefrau von allen nicht auch mal wieder Ansprache wünschen würde.
Naja, Ehescheidungen sind teuer, und womöglich nimmt sie die Katze mit - und, ach was rede ich, lass uns einen Ausflug machen, Schatz.
Erst mal was essen, also mit dem Auto (Motorrad will sie nicht, dabei habe ich ein echt gutes) von MUC nach Dietramszell in die Klosterstube gefahren, dort kein Platz mehr frei, dann in eine andere Wirtschaft, die wir noch nicht kannten. Dort Platz frei, aber als ich schon fast sitze, entscheidet sie, dass es ihr hier nicht gefällt und sie doch lieber woanders hin will.

(Und was, wenn ich mir einfach eine neue Katze aus dem Tierheim...)
Schließlich fahren wir nach Puppling (Pupplinger Au), super Gegend zum Bladen (ich blade nicht), Radfahren (kein Rad dabei) und Spazierengehen (na gut...). Erst einmal was essen im Aujäger. Hier ist auch mächtig voll, aber wir kriegen noch einen Platz. Innen - außen ist es noch etwas frisch. Karte ist auch da, aber es kommt keine Bedienung.
(Es ist ja auch nur makellos blauer Himmel draußen, ich habe ein neues Mopped vor der Tür stehen und es wird ja auch erst um sechs Uhr dunkel

Schließlich gibt es eine kleine Schweinshaxe mit Knödel und Salat zum fairen Preis, dazu ein bleifreies Weißbier - Essen und Trinken halten eben doch Körper und Seele zusammen. Danach gelingt es mir, die Kellnerin zur Annahme von Geld zu bewegen, wir gehen raus, es ist immer noch sonnig - Spazierengehen ist angesagt. Glücklicherweise ist die beste Ehefrau von allen kein Freund von Extremsport, so geht auch das vorbei, eine Dreiviertelstunde später sitzen wir im schwarzen Boliden (Fiat Punto 1.2 ELX) und sind auf dem Weg zur Autobahn. Von dort aus sind es nur noch knapp 40 Kilometer nach hause. Die AB ist voll, lauter Wochenendheimkehrer. Der Sonntag neigt sich langsam dem Ende zu.
"Und, willst du heute noch Motorrad fahren?" "Ach ja!" "Und wohin?" "Weiß nicht, eine Runde um den Ammersee vielleicht..."
Als ich schließlich, komplett in Montur, auf meiner GS sitze, ist es VIERTEL VOR FÜNF

Joah, Ammersee, eine halbe Stunde hinötteln, eine Dreiviertelstunde drumrumbullern, heim ötteln.
Und was wäre mit - Kesselberg?
Kesselberg ist geil, aber leider am Sonntag für Moppeds gesperrt (vielen Dank auch, ihr lieben Knieschleifer mit den offenen Brülltüten).
Aber der Kesselberg ist nur in Richtung Süden gesperrt. In Richtung Norden ist er offen. Also: Ab auf die A95, nach Garmisch, so weit ist das ja auch nicht, und dann die Sache von hinten aufgerollt. Wäre doch gelacht.
Autobahn ist bestimmt langweilig, also werden fix Navi, Handy und BT-Headset so programmiert, dass ich Musik vom Handy während der Fahrt hören kann. Das Ganze lenkt mich brutal ab, und es geht auch nicht lange gut. An einer Ampel mit Blitzer springt am Navi der Radarwarner an, danach schweigt die Musik. Ich weiß nicht warum, ist aber auch besser so.
Auf der AB lasse ich dann den Boxer von der Leine, wir haben ja nicht alle Zeit der Welt, bis nach Garmisch sind es 69 Kilometer. Bis etwa 150 km/h kann man es auf der GS relativ locker aushalten, außer dass die Kombi aus Klapphelm und hohem Windschild schweinelaut ist. Sie läuft aber über 180, und das wird dann schon echt lästig, weil doch ziemlich viel Preußenstahl und aufrecht sitzende Biomasse durch die Atmosphäre geschoben werden müssen. Dennoch, Garmisch wird zügig und ohne größere Zwischenfälle erreicht. Am Autobahnende entspannt sich vor mir ein wunderschönes Bergpanorama mit malerisch über den Gipfeln liegenden Wolkenschichten - jetzt 'ne Woche frei und drei Satz Unterwäsche im Koffer, das wär's. Isses aber nicht, ich werde heute Abend noch zuhause erwartet.
Auf dem Nadelöhr zwischen Autobahnende und Garmisch staut sich der Rückreiseverkehr - aber nicht in meine Richtung. Ich durchquere Garmisch recht zügig, darauf vertrauend, dass die Rennleitung gerade was besseres zu tun hat. Ich verlasse Garmisch Richtung Mittenwald auf der B2. Das ist jetzt nicht die genialste Motorradstrecke der Welt, auch wenn sie nach dem Ortsausgang ein paar schnelle Kurven zu bieten hat. Merkwürdiger Effekt: Hinter Garmisch ist die Musik wieder angesprungen, k.d. lang begleitet mich in die Bergwelt. Bei Klais widerstehe ich der Versuchung, nach Scharnitz in Tirol weiterzufahren und billigen Ösi-Sprit zu bunkern. Der Tank ist laut Tankuhr zwar halb leer, aber Klais-Scharnitz und zurück dauert inklusive Tanken bestimmt über eine halbe Stunde, und ich will den Kesselberg nicht bei Nacht abreiten.
Übrigens, Tipp für Leute mit mehr Zeit: Wer von Garmisch nach Mittenwald will, nimmt ab Klais die Staatsstraße 2542 (Am Quicken), die ist wesentlich netter zu fahren als die Bundesstraße nach Innsbruck.
Ich biege ab nach Krün auf die B11, die Kesselbergstraße. Und ich halte an und schalte die Musik ab. Musik und Moppedfahren geht doch nicht zusammen, zumindest nicht für mich.
Wer diese Strecke nicht kennt: Der eigentliche Kesselberg geht von Urfeld am Walchensee bis nach Kochel am (Kochel-)See. Auf neun Kilometern werden 240 Meter Höhendifferenz mit rund 30 Kurven überwunden. Eigentlich befährt man die Strecke idealerweise in die andere Richtung, aber da ist ja am Sonntag Sperre für Moppeds.
So befahre ich also das Nachspiel als Vorspiel: Die Strecke von Obernach bis nach Urfeld hat auch ein paar sehr schöne Kurven, allerdings auch einige eher tuckige Ortsdurchfahrten. Glücklicherweise ist hier oben so gut wie kein Verkehr.
Der Kesselberg gilt als fest im Visier der Rennleitung. Die gesamte Strecke ist auf 60 km/h beschränkt, überall wird vor Radarfallen gewarnt, und überdies taten sich einige Schergen des Freistaates vor ein paar Jahren damit hervor, dass sie Temposündern die Kräder unter dem Hintern wegbeschlagnahmten und kostenpflichtig wegschaffen ließen. Zur Nadelstichpolitik der Rennleitung gegen uns Motorradfahrer gehört auch, dass an der einstmals so beliebten Applauskurve der dort gelegene Parkplatz mit Aussicht für Moppeds gesperrt ist, nur noch Autos dürfen dort parken. Eine veritable Bundesstraße, die zwei große Städte verbindet (München und Innsbruck) einfach so für steuerpflichtige Kfz zu sperren, finde ich zwar etwas, nun ja, schikanös, aber ob das vom SPD-Wählen besser wird, ich weiß es nicht.
Jetzt ist die Sonne langsam aber sicher weg, es wird kühl, aber immerhin habe ich noch Tageslicht. In Urfeld beschließe ich, heute einfach mal davon auszugehen, dass auch Polizisten mal Feierabend haben. Wer soll am Kesselberg schon lasern, wenn niemand dort herum fährt?
Doch vorher ist mein ABS drauf und dran, Premiere zu feiern: Ein Taxifahrer beschließt, seinen Benz ohne zu gucken rückwärts auf die Hauptstraße zu ziehen. Ich ziehe heftig am Hebel, die Q ankert mit Nachdruck. Yay, so müssen Bremsen sein, und es hat noch nicht einmal was gerattert.
Okay, Urfeld ist überlebt, jetzt muss es kesseln.
Mit der TDM bin ich den Kesselberg bestimmt schon ein Dutzend mal gefahren, da weiß ich wie's geht. Ich weiß interessanterweise auch, wo meine persönlichen Grenzen liegen, nämlich nicht wesentlich oberhalb der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h, zumindest nicht in den Kurven. Mit der Q muss ich es noch herausfinden. Ich ziehe im dritten Gang in die erste Kehre, fühlt sich gut an. Am Kurvenausgang mache ich das Gas auf, die Q schüttelt sich etwas, zieht dann aber wie eine Dampflok los. Verglichen mit der TDM liegt das Drehzahlniveau um rund 500 Touren niedriger. Führe man mit ähnlicher Drehzahl - was grundsätzlich natürlich geht - dann hätte man schon fast ein Messer zwischen den Zähnen. Auf den Geraden könnte ich es jetzt knallen lassen wie ein Verrückter, aber das kann jeder. Der Nachteil beim Fahren auf der B11 in Richtung München: Nach ein paar Kurven ist bereits die Passhöher erreicht, jetzt geht es bergab, und das fährt sich nicht ganz so schön.
Aber immer noch schön genug. Mit beruhigendem Blubbern zieht die GS ihre Bahn. ein schneller Blick auf dem Tacho zeigt mir, dass ich hier mindestens so schnell unterwegs bin wie an den besten Tagen mit meiner TDM, eher schneller. Zwei Autos, die die Straße entlangtrödeln, werden elegant geschnupft und regen sich darüber auch nicht auf. Ansonsten habe ich den Kesselberg für mich allein. Alles im grünen Bereich. Unten am Ufer des Kochelsees laufe ich auf einen 5er BMW mit fetter Maschine auf. Der Mann will sich offenbar von mir nicht demütigen lassen, was ihn dazu treibt, mit knapp 100 nach Kochel reinzubrechen. Na, wenn er meint, ich habe meinen Spaß schon gehabt.
Zwischen Kochel und Pessenbach geht die B11 zwar schnurgeradeaus, ihr Straßenzustand verschlechtert sich jedoch innerhalb weniger Meter von "echt okay" auf "Polen". Es gibt da ein Tempolimit, das dem Rechnung trägt - und zur Hauptverkehrszeit steht da auch manchmal die Staatsmacht auf der Suche nach Opfern. Doch jetzt ist nicht Hauptverkehrszeit. Also Hahn auf und mal gucken. Mit 140 geht die GS über die Hoppelpiste wie das heiße Messer durch die Butter. Sehr geil. Auch andere Sachen fallen auf: So trägt die GS zwar einen hässlichen Rechteck-Scheinwerfer, der angeblich auch in den Straßenbahnwaggons der Mainzer Verkehrsbetriebe verbaut ist, aber dieser hässliche Scheinwerfer liefert ein wirklich gutes Abblendlicht, das auch noch automatisch leuchtweitengeregelt wird. Der Fernlichtschalter ist ein Kippschalter, der gleichzeitig die Lichthupe betätigt - da gefällt mir die Lösung an der 3VD besser. Dennoch: das gute Licht macht es leichter, mit der GS nachts unterwegs zu sein. Richtig viel Spaß macht es dennoch nicht, denn Blickführung in der Kurve geht nur, wenn man auch um die Ecke gucken kann. Also beschließe ich, hinter Königsdorf die B11 zu verlassen und in Richtung Autobahn zu fahren, denn irgendwann will ich ja auch mal ankommen.
Die A95 teilt zu Zeiten des Rückreiseverkehrs von Garmisch bis zum Autobahnkreuz Starnberg das Schicksal vieler zweispuriger Autobahnen: man kann entweder mit 110 hinter irgendwelchen Schlafmützen auf der rechten Spur umhergurken oder sich mit 160 beim Tiefflieger-Geschwader auf der linken Spur einreihen - oder Slalom fahren. Ich entschließe mich für die Tieffliegervariante und gebe der Q Stoff. Mittlerweile zeigt die Tankanzeige nur noch wenige Balken an, ab Schäftlarn geht die gelbe Lampe an. Über die hell leuchtenden und gut zu sehenden Warnlampen hatte ich mich ja bereits tagsüber gefreut. Nachts dürfte dieser gelbe Scheinwerfer im Armaturenträger gern etwas dezenter strahlen. Zudem irritiert mich, dass ich es offenbar geschafft habe, einen ganzen Tank in gut 200 Kilometern leerzufahren. Leichte Panik befällt mich: Die Q hat laut Handbuch ein 25-Liter-Fass auf dem Rahmen, davon sind vier Liter Reserve. Wenn ich tatsächlich 20 Liter verfackelt habe, dann wären das ja fast zehn Liter auf 100 - eine TDM, die zehn Liter zieht, die hat nicht nur verschlissene Vergasernadeln, die hat gar keine mehr. Und ich dachte, Einspritzung ist sparsam...
Ich überschlage, dass bei normaler Fahrweise der Sprit auf jeden Fall bis München reichen müsste, schließlich sind es keine 30 Kilometer mehr bis nach hause. Aber krachen lassen bis zum Anschlag muss ich es jetzt auch nicht mehr, ich nehme lieber die Richtgeschwindigkeit beim Wort.
An der Jet-Tankstelle in der Fürstenrieder Straße zeigt sich dann die merkwürdige Wahrheit. Ich tanke voll bis zum Anschlag, und kriege gerade einmal 16,5 Liter in den Tank. Das entspricht bei 235 Kilometern einem Verbrauch von knapp über sieben Litern, das ist ein halber Liter mehr als bei der Tankfüllung zuvor - ein vertretbarer Verbrauch angesichts der Autobahnheizerei. Vielleicht liegt der für meinen Geschmack recht hohe Verbrauch auch daran, dass ich E-10 fahre. Ich werde mir mal eine Tankfüllung mit Super plus gönnen und vergleichen, glaube ich.
Aber warum ich in einen 25-Liter-Tank nur 16,5 Liter hineinbekomme, das würde ich auch gern einmal wissen.
PS: Diesen Text habe ich für die Kollegen vom TDM-Forum verfasst, deshalb enthält er einige Erklärungen zur GS, die hier allgemein bekannt sein müssten.