Gedanken nach einem schweren Motorradunfall

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Nachdem ich den hier stehenden Text schon drei Mal gelöscht habe…….habe ich mich doch dazu entschlossen, ihn zu posten.

Normalerweise wundere ich mich immer über Leute (wie mich jetzt), die in ein Internetforum etwas persönliches Schreiben.

Aber ich denke der ein oder andere wird so etwas wie unten beschrieben evtl. schon erlebt haben und kann mal einen Satz dazu sagen…..vielleicht stell ich mich auch an.
Kennt ihr die Situation, bei einem wirklich schweren Motorradunfall dabei gewesen zu sein…..eines Menschen der euch nahe steht….. und selbst jetzt nach knapp 7 Wochen noch kein einziges Verlangen zu spüren, aufs Motorrad zu steigen?

Ich habe mir im Oktober meinen Traum einer 2018er GS erfüllt und die Tiger Explorer in Zahlung gegeben…….sogar das Raussuchen von irgendwelchen unnötigen Zubehörteilen hat wahre Freude hervorgerufen. Mein Schwiegervater hatte sich kurz nach meinem Kauf ebenfalls eine XR aus 2015 gekauft.

Doch am 31.12 war damit Schluss……wir sind mittags gegen halb Zwölf gestartet, und hatten den Neckar bei Heidelberg/Eberbach als Ziel für einen Kaffee angepeilt. Das Wetter bei uns in Südhessen hat 13°C versprochen und die Sonne hat geglänzt. Doch bevor wir an unserem Kaffeepoint angekommen sind, hat sich mein Schwiegervater vor einer abfallenden Spitzkehre verpasst und ist samt XR ca. 6m die Böschung hinuntergefallen.
Für mich, der vorausgefahren ist, ein Moment den ich schlecht in Worte fassen kann. Kein Handynetz, keine Möglichkeit zu reagieren…..Mopped abgestellt und den steilen Waldabhang hinunter gerannt…..im Wald um Hilfe geschrien wie ein hilfloser Schuljunge, den Körper eines geliebten Menschen in den Armen gehalten. Ein Wanderer hat das ganze gesehen, ist zum Auto gelaufen und hat die Leitwache alarmiert.
Minuten vergehen wie Stunden……..immer wieder der Schrei um Hilfe und die Angst nach Hause zu kommen und der Frau sagen zu müssen, dass der geliebte Vater nicht mehr heim kommt.

Nach wenigen Minuten (gefühlt hat es Stunden gedauert), die ersten Martinshörner sind zu hören…..dann noch einmal, und Hubschraubergeräusche.
Die Feuerwehrmänner und -frauen leisten grandiose Arbeit, bilden eine Leiterkette den Abhang hinunter zu uns und können die Bergung erfolgreich durchführen.
Heli Flug ins Uniklinikum Heidelberg, mit 6 gebrochenen Wirbeln, 7 Paar Rippenbrüchen, Aortendissektion und Hirnblutung……nachdem der Heli mit ihm über meinem Kopf weg geflogen ist, bin ich sang und klanglos hinter dem Feuerwehrauto in Tränen ausgebrochen.

Ich habe dann noch eine dreiviertel Stunde gebraucht und bin dann mit der GS ins Uniklinikum gefahren wo bereits meine Frau gewartet hat inkl. Begleitung. Die erste Januarwoche war mehr als ungewiss……nach 3 Wochen Intensiv ging es dann weiter auf Normalstation und mittlerweile ist er in der Reha und kann laufen…..keine Ausfälle zu erwarten, trotz zwei komplett ersetzter Wirbelkörper.

Und nun…..nachdem die Aussichten auf eine vollständige Genesung wieder da sind, stand ich vorhin vor der GS und dachte mir……Mensch……was ein geiles Teil…..aber im Moment wird mir immer noch mulmig, wenn ich daran denke im Juni und Juli damit in Urlaub zu fahren.

Was der ganze Post bringen soll…..gute Frage, vielleicht tut es (mir) gut, sich mal was unter Gleichgesinnten von der Seele zu schreiben. Vielleicht bin ich aber nach den letzten 7 Wochen reif für die Insel…who knows.

Vielen Dank fürs lesen.
 
Klausmong

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Schön wenn man sowas auch schreiben kann.
Es sind Deine Gedanken, die nimmt Dir keiner.
Und wenn es Dir hilft damit umzugehen, dann ist das voll Ok.

Ich hatte zum Glück noch nicht so eine Situation, und würde das gerne vermeiden.

Selbst schon einen Unfall, der auch gar nicht so leicht war, auch wenn ich am Ende unverletzt war.
mein Kumpel der mir reingekracht ist hatte mehrere Brüche, aber trotzdem nichts lebensbedrohendes.

Ich bin bewußt gleich wieder auf das Motorrad.
Wissend das ich sonst auch zögere, wenn ich es nicht sofort mache.
 
Hobbyfahrer

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Ich habe es gelesen und das was du erlebt hast geht mir auch immer durch den Kopf. Es ist schwierig jetzt die richtigen Worte zu finden aber toll das er es überlebt hat.

Wenn du dich nicht mehr wohl fühlst dann lass es sein und irgendwann kommt der Zeitpunkt eventuell wieder und wenn nicht dann ist das so.
 
Batzen

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Ich kann dich verstehen, vor mittlerweile fast 3 Jahren hatte meine Frau hinter mir fahrend einen Unfall, ich es im Rückspiegel gesehen und übers Headset miterlebt, auch in einem Waldstück mit Funkloch. Linker Fuß trotz guter Daytona Stiefel fast abgerissen, aber bei Bewusstsein. Zum Glück kam innerhalb von ein paar Minuten zufällig ein Trupp der Feuerwehr aus dem nächsten Ort vorbei, der RTW brauchte ca. 20 Minuten, gefühlte Ewigkeit, bis er da war. Not OP im nächsten KH, dann direkt weiter in die Uniklinik Erlangen für ein paar Wochen. Fuß wurde gerettet, wenn auch mit bleibenden Dauerschäden und GdB 50.
Der größte glückliche Unstand war, daß am diesem Samstagnachmittag ein Chirurg mit Fachrichtung Orthopädie in dem kleinen KH Notdienst hatte, er und ein Kollege haben mit Enthusiasmus in bestes gegeben und zu zweit am Fuß gleichzeitig operiert, einer die Blutversorgung, der andere die zertrümmerten Knochen. Größtes Lob vom Prof. in der Uni, welcher laut Schwestern immer einige Haare in der Vorarbeit von Kollegen findet... er hätte es nicht besser machen können.
Ja, Mopped fahren hatte ich auch für mind. 2 Monate nicht im Sinn, der Kopf war nicht frei dafür.
 
RUSH

RUSH

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Das ist sehr hart und darüber darf geschrieben werden - warum auch nicht.

Auch ich hab dergleichen noch nicht erlebt, weder mit mir bekannten noch unbekannten Menschen und darum bin ich sehr froh!

Für Dich und Deine Familie alles Gute!

Gönn Dir ein Training oder ein paar Fahrstunden für das Rantasten an die GS, das kann schon wieder werden!
 
Boxer Wolle

Boxer Wolle

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Hallo Ententreiber,
schwere Entscheidung.
Die Situation ist in Deinem Kopf und wird Dich immer begleiten.
Es kann zwei Antworten darauf geben.
Sie macht Dich zum besseren MotorradFahrer der noch lange fährt und damit alt wird.
Oder
Du hörst auf.
Das schöne dabei ist, Du must es nicht jetzt entscheiden.
Lass Dir Zeit.

Nach meinem Sturz mit dem Motorrad war meine Familie mein bester Radgeber.

Viele Grüße und alles erdenklich gute,
Wolle
 
Mangfalltaler

Mangfalltaler

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Danke dass Du Dein Erlebnis mit uns teilst, derartige Ereignisse können jedem passieren und das wissen wir auch, es wird nur gerne verdrängt.

Die Lehre daraus und aus vielen anderen Beispielen muss jeder für sich selbst ziehen.
 
G

Gast 32829

Gast
Nachdem ich den hier stehenden Text schon drei Mal gelöscht habe…….habe ich mich doch dazu entschlossen, ihn zu posten.

Normalerweise wundere ich mich immer über Leute (wie mich jetzt), die in ein Internetforum etwas persönliches Schreiben.

Aber ich denke der ein oder andere wird so etwas wie unten beschrieben evtl. schon erlebt haben und kann mal einen Satz dazu sagen…..vielleicht stell ich mich auch an.
Kennt ihr die Situation, bei einem wirklich schweren Motorradunfall dabei gewesen zu sein…..eines Menschen der euch nahe steht….. und selbst jetzt nach knapp 7 Wochen noch kein einziges Verlangen zu spüren, aufs Motorrad zu steigen?

Ich habe mir im Oktober meinen Traum einer 2018er GS erfüllt und die Tiger Explorer in Zahlung gegeben…….sogar das Raussuchen von irgendwelchen unnötigen Zubehörteilen hat wahre Freude hervorgerufen. Mein Schwiegervater hatte sich kurz nach meinem Kauf ebenfalls eine XR aus 2015 gekauft.

Doch am 31.12 war damit Schluss……wir sind mittags gegen halb Zwölf gestartet, und hatten den Neckar bei Heidelberg/Eberbach als Ziel für einen Kaffee angepeilt. Das Wetter bei uns in Südhessen hat 13°C versprochen und die Sonne hat geglänzt. Doch bevor wir an unserem Kaffeepoint angekommen sind, hat sich mein Schwiegervater vor einer abfallenden Spitzkehre verpasst und ist samt XR ca. 6m die Böschung hinuntergefallen.
Für mich, der vorausgefahren ist, ein Moment den ich schlecht in Worte fassen kann. Kein Handynetz, keine Möglichkeit zu reagieren…..Mopped abgestellt und den steilen Waldabhang hinunter gerannt…..im Wald um Hilfe geschrien wie ein hilfloser Schuljunge, den Körper eines geliebten Menschen in den Armen gehalten. Ein Wanderer hat das ganze gesehen, ist zum Auto gelaufen und hat die Leitwache alarmiert.
Minuten vergehen wie Stunden……..immer wieder der Schrei um Hilfe und die Angst nach Hause zu kommen und der Frau sagen zu müssen, dass der geliebte Vater nicht mehr heim kommt.

Nach wenigen Minuten (gefühlt hat es Stunden gedauert), die ersten Martinshörner sind zu hören…..dann noch einmal, und Hubschraubergeräusche.
Die Feuerwehrmänner und -frauen leisten grandiose Arbeit, bilden eine Leiterkette den Abhang hinunter zu uns und können die Bergung erfolgreich durchführen.
Heli Flug ins Uniklinikum Heidelberg, mit 6 gebrochenen Wirbeln, 7 Paar Rippenbrüchen, Aortendissektion und Hirnblutung……nachdem der Heli mit ihm über meinem Kopf weg geflogen ist, bin ich sang und klanglos hinter dem Feuerwehrauto in Tränen ausgebrochen.

Ich habe dann noch eine dreiviertel Stunde gebraucht und bin dann mit der GS ins Uniklinikum gefahren wo bereits meine Frau gewartet hat inkl. Begleitung. Die erste Januarwoche war mehr als ungewiss……nach 3 Wochen Intensiv ging es dann weiter auf Normalstation und mittlerweile ist er in der Reha und kann laufen…..keine Ausfälle zu erwarten, trotz zwei komplett ersetzter Wirbelkörper.

Und nun…..nachdem die Aussichten auf eine vollständige Genesung wieder da sind, stand ich vorhin vor der GS und dachte mir……Mensch……was ein geiles Teil…..aber im Moment wird mir immer noch mulmig, wenn ich daran denke im Juni und Juli damit in Urlaub zu fahren.

Was der ganze Post bringen soll…..gute Frage, vielleicht tut es (mir) gut, sich mal was unter Gleichgesinnten von der Seele zu schreiben. Vielleicht bin ich aber nach den letzten 7 Wochen reif für die Insel…who knows.

Vielen Dank fürs lesen.
Wenn dir das schreiben beim verarbeiten des erlebten hilft, dann war das sich schon der Wert.
Was kannst du machen ?
  • alleine langsam wieder anfangen
  • eine guten Fahrlehrer nehmen
  • Fahrsicherheitstraining besuchen
  • Mentaltrainer
-

Ich wünsche dir das du das ausblenden kannst wenn du wieder auf der GS sitzt, sonst könnte es heikel werden wenn das immer mitfährt.


Josef
 
Huck

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Ich habe im September im Schock-Raum in der Notaufnahme gelegen und auf eine kleine OP an der Hand gewartet. Mein Arzt musste dann während der Behandlung zu einem Notfall im benachbarten Schock-Raum. Junger Kerl, Motocross, Unfall… Das Gehörte verfolgt mich bis heute…
 
gshogi

gshogi

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Oh ja, ich kenne das Gefühl.
So geschehen 2019 in der Toskana, zusammen mit einem Forumsmitglied, den ich zu meinem engsten Freunden zählen darf.

Uns überholt ein Italiener in gebückter Haltung. Hinten die Sozia drauf. Beide in Jeans.
Zwei Kurven weiter auf einer schwer einsehbaren Brücke sind die beiden in die linke Front einer Golf-Klasse gebrettert. Die A-Säule hatte eine Knick.
Neben dem Auto "zuckte" der Motorradfahrer, seine Sozia liegt 5 Meter weiter.
Also waren wir Ersthelfer.
.
.
.
Nachdem die beiden abtransportiert wurden, bekamen wir die zittrigen Knie.
Die Bilder gingen uns nicht mehr aus dem Kopf.
Stunden, Tage, eine Woche.....
Ich vergaß das Zucken und das blutige Röcheln des Verunglückten lange nicht.
.
Aber meine Frau und ich mussten wieder aufs Motorrad. Nach Deutschland, nach Hause.

Viele Gespräche mit unseren Freunden, viel Rotwein und noch einige Tage in unserer Bleibe halfen uns darüber hinweg.
Dennoch: Noch heute würden wir gerne wissen, ob ER es überlebt hat.

Die Zeit heilt die Wunden. Wir haben nie aufgehört zu fahren.
Die Tage nach dem Unfall allerdings eher defensiv.
 
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Samie

Samie

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Bewegend zu lesen, etwas ähnliches hab ich in Marokko mitgebracht. Zum Glück war es kein nahestehender Mensch, aber ein Mitfahrer einer Reisegruppe und da kommt man sich auch schon näher.
Obwohl ich zuhause noch einen Ersthelferkurs besucht hatte kam ich mir absolut hilflos vor!
Der Kollege war anfangs bewusstlos, ich dachte schon das war’s. Der Sani der ihn abholte (wenn man das so nennen kann) hatte nichts aber auch garnichts an Material oder Ausrüstung zur ersten Hilfe dabei. Einzig eine klapprige Liege die auch noch im Auto klemmte. Irgendwie konnten wir ihn dann einladen und mit Decken und Gurten einigermaßen fixieren.
Mir ging’s danach genauso, ich bekam voll den Flattermann. Die Frage ob weiterfahren oder nicht stellte sich aber in Marokko nicht musste ja irgendwie wieder heim. Vielleicht ganz gut so, dass ich gleich wieder drauf musste!
Aber nach so einem Erlebnis fährst du ganz anders!
Gute Besserung dem Verunfallten und leider kann dir keine die Entscheidung für oder gegen das Fahren keiner abnehmen. Lass es langsam angehen und überlege dir gut was du verlierst bzw. gewinnst.
 
jalla

jalla

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Hallo Ententreiber,
erstmal vielen Dank für dein geschriebenes Wort und ja es macht Sinn sich solch Erlebnis von der Seele zu sprechen, oder schreiben.
Es freut mich dass das Geschehene einen guten Ausgang fand.
Was deine Bedenken angeht, wieder aufs Bike zu steigen, nur soviel: Wenn du Bedenken hast, dann lass es lieber. Wenn du aber dich wieder mit Freude aufs Bike setzt dann genieße jeden Kilometer den du erfährst.

Ich selbst habe in meinem bisherigen Motorraddasein schon vieles erlebt und gesehen. Zwei Bekannte sind vor meinen Augen verstorben, andere waren lange auf einem Genesungsweg.
Mich hat es dennoch immer wieder zum Fahren hingezogen.

Ein Erlebnis was mich sehr beschäftigt hatte und mir heute ab und an noch durch den Kopf geht, war der Sturz meines Sohnes.
Wie kam es dazu.
Mein Sohnemann und ich wollten gemeinsam Urlaub in den Dolos machen. Gesagt, getan, beide Bikes zur Tour gepackt und los ging es. 10km vor unserem ersten Hotel in Steingaden, kam die Ausfahrt von der Bundesstraße. Ich fuhr vor meinem Sohn und dann seh ich im Rückspiegel die Maschine meines Sohnes über die Straße rutschen. An dem Begrenzungstein der Grünanlage seh ich das sich das Motorrad überschlägt und mein Sohn kam rutschend auf dem Rücken mit Wucht an diesen Begrenzungstein und kam dort zum liegen. Ich weis bis heute nicht, wie ich zum Stillstand kam und wie ich den Seitenständer gefunden hatte.
Mir bebte mein ganzer Körper. Ich rannte zu meinem Sohn, der mittlweilen wieder Stand und sich allem Anschein nach, nicht verletzt hatte. Ausser Klamotten und Blech/Plastikschaden nix passiert.
Und ich war mit den Nerven am Ende.
Nachdem wir dann das Motorrad wieder aufgerichtet hatten und zum laufen brachten, ging es für mich zittern zum Hotel.
Mein Blick war mehr im Rückspiegel als auf der Straße.

Nachdem ersten Abend hatte ich beschlossen, den Urlaub abzubrechen und Sohnemann wieder heile heimzubeleiten.
Der wollte zwar unbedingt in die Dolos, aber das konnte ich nach der Aktion einfach nicht mehr. Ich war vor lauter Angst dazu nicht mehr in der Lage.
Ich war heilfroh als wir den Heimathafen die Hofeinfahrt vom Sohnemann erreicht hatten.

Mein Sohn meinte dann beim gemeinsamen Kaffee, dass wir die gemeinsame Urlaubsfahrt unbedingt nachholen müssten.
Es sind mittlerweilen schon viele Jahre vergangen und ich hoffe er fragt mich nie mehr nach gemeinsamer Urlaubsfahrt.
Ich kann es einfach nicht. Meine Angst dass ihm wieder was passieren könnte, würde mich selbst nervlich so mitnehmen und da käme sicher keine Urlaubsfreude auf.

Sohnemann fährt noch Motorrad. Ja auch da kann was passieren.
Aber ich werde den Anblick im Rückspiegel nie vergessen können und fahre lieber alleine oder mit Motorradkumpels.
 
jm2c

jm2c

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Puh, darüber sprechen - oder schreiben - kann nicht schaden. Dass du es getan hast, ist, glaube ich, für dich ein Schritt, den du gebraucht hast. Du bist nicht allein und über das Erlebte zu sprechen, hilft immer. Gehen dir die Bilder nicht aus dem Kopf, hast du Schlafstörungen, denkst du ständig daran? Dann such dir professionelle Hilfe. So etwas passiert und wenn du das Gefühl hast, dass dich da etwas dunkles begleitet, dann warte nicht länger.
Ansonsten lass dir Zeit! Wenn die warmen Tage kommen, dann kommt auch die Lust auf eine Runde, oder sie kommt eben nicht. Es gibt andere schöne Hobbies und manchmal tut ein Tapetenwechsel auch gut. Setz dich nicht selber unter Druck!

Dennoch: Noch heute würden wir gerne wissen, ob ER es überlebt hat.
Manchmal denke ich mir das auch bei meinen Patienten - aber letzten Endes bin ich davon überzeugt, dass diese Ungewissheit auch ein Segen ist. Würde das Wissen etwas zum positiven ändern, oder meistens eher das Gegenteil bewirken? Ich finde gut, dass ihr geholfen habt und darauf könnt ihr Stolz sein.
 
Holgi1976

Holgi1976

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Ich weiß genau wovon Du schreibst…
Ich habe meine Frau schon 2 mal im Spiegel fallen sehen. Und das war seeeeehr schlimm!
Nach dem 2. Sturz haben wir ihre Intruder verkauft und eine Maschine mit ABS gekauft. Diese ist sie ganze 642 km im letzten Jahr gefahren. Ergebnis: wir haben die Guzzi verkauft.
Am 01.11.2021 war ich dann dran. Ich fahre seit über 30 Jahren Motorrad und bezeichne mich als guten Fahrer. Motorrad fahren ist mein Leben.
Wir hatten gutes und sonniges Wetter. Ich war im Kreisverkehr und hab den Landcruiser kommen sehen. Ich hab mich noch gefragt,ob der gar nicht bremsen will… wollte er nicht und hat er nicht. Also habe ich in Schräglage voll in den Anker getreten. Das hat mir das Leben gerettet. Den Aufprall konnte ich nicht mehr verhindern, aber das er mich überrollt. Ich bin links in den Vorderwagen eingeschlagen. Hätte mich der 77 jährige Fahrer frontal erwischt, würde ich diese Zeilen nicht mehr schreiben. Das Auto hatte ca 60kmh drauf und kam 80 Meter später zum stehen…

https://www.nwm-tv.de/news/news-anzeigen/?news_id=16495


Ich hatte den Fuß gebrochen, die Hand gebrochen, Oberlippe durchgebissen, schweres Schädel Hirn Trauma, eine Schultereckgelenkssprengung und überall Prellungen. Ich bin nach wie vor krank geschrieben und versuche mich grad in der Wiedereingliederung… Mein selbstgebautes Cutombike war Totalschaden.
Ich habe in den letzten 30 Jahren 6 Freunde durch unverschuldete Unfälle verloren. Für immer!
Ob ich noch mal auf ein Motorrad steige?
Die GSA, die ich mir am 2. Tag im Krankenhaus bestellt habe, sollte eigentlich ein Zweitmopped werden. Jetzt bin ich mit ihr schon über 1000 km in den letzten Wochen gefahren. Ich fahre weiter. Und das mit viel Freude. Ich denke, wir sind uns alle der Gefahren bewusst.


In diesem Sinne Ride safe!
 
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Bernd1901

Bernd1901

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Es hilft immer seine Gedanken zu äußern... oder auch sie zu teilen.
Letzen Endes wirst du aber für dich selbst entscheiden wie es weitergehen kann.
Ich selbst habe auch eine längere Pause eingelegt, weil ich nicht wusste ob es für mich noch geht.
Aber, ich mag einfach selbst zu gerne fahren.... also tue ich das auch. Und ich genieße es auch!
Trotzdem gibt es Situationen, wo es "Flashbacks" gibt. Aber auch damit lernt man umzugehen...
Halt es für dich wie du magst.. Zwinge dich nicht aus Moped, steige erst auf wenn du wirklich Lust darauf hast. Und entscheide dann wie du dich fühlst.
Für mich gibt es Tage, da fahre ich nur um den Block, weil ich mich nicht wirklich wohl fühle. Dann ist es halt so und das Moped schnell wieder in der Garage. Auf Tour, wenn ich Strecke machen muss, wird das dann ein ganz "ruhiger" Tag. Hauptsache nicht verkrampfen ;)
Und an anderen Tagen ist es, als wäre nie etwas geschehen... und die Kilometer laufen einfach so durch...
 
hydrantenfritz

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R 1100 GS Quasimodo wird im Juni 2024 zum Oldtimer.
Und nun…..nachdem die Aussichten auf eine vollständige Genesung wieder da sind, stand ich vorhin vor der GS und dachte mir……Mensch……was ein geiles Teil…..aber im Moment wird mir immer noch mulmig, wenn ich daran denke im Juni und Juli damit in Urlaub zu fahren.

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Vielen Dank fürs lesen.
Vielen Dank fürs Mitteilen....!

Reif für die Insel bist sicher nicht..das beschäftigt sicher jeden....
Mach es...und wenn es nicht passt....abbrechen..!
 
GSLukas

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R1250 GS 40 Jahre Edition volle Hütte :)
Reden befreit! Alles in sich hineinzufressen und es nicht loszuwerden denke ich, ist immer der falsche weg. Ich weiss leider von was ich rede. Ich kann den Vorrednern/schreibern nicht viel dazufügen. Probiere es ob es geht steig auf den bock wenn du dich fühlst, lass es wenn du dir 2 stunden vorher schon Gedanken machst, soll ich denn fahren ? je weiter du es rausschiebst, je länger du überlegst zu fahren, umsoschlechter ist der tag / die fahrt. Probiere es und wenn du Merks, suxx es läuft nicht rund, umdrehen und nach Hause .. an nem anderen Tag wird es besser.
Kopf hoch der Sonne entgegen, Du schaffst das !
 
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Hallo Ententreiber,
ich finde es sehr gut, dass du darüber schreibst. Eine solche Situation will niemand erleben.
Ich bin als junger Mann von einem Pkw-Fahrer abgeräumt worden, der an einer Kreuzung ein Stoppzeichen missachtete. Die nächsten drei Monate verbrachte ich im Krankenhaus. Neun Brüche, Herztrauma, Lungenembolie überlebt.
Nachdem ich wieder laufen konnte, habe ich mir ein Motorrad gekauft und jeder fragte, ob ich noch nicht genug hätte. Ich hatte für mich entschieden, dass ich, falls Angst aufkommt, das Motorrad sofort abstelle und nie mehr fahre. Das war nicht der Fall.
Seitdem war ich bis heute nie ohne Motorrad und fahre mit Leidenschaft!
Der Unfall war am 01.03.1978...
 
palmstrollo

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Hallo Ententreiber.
Es gibt Menschen mit Empathie und Menschen ohne.
Die einen "verarbeiten" ein solches Erlebnis sehr langsam, andere wiederum sitzen 1 Stunde später wieder auf dem Motorrad.
Manche schreiben sich die Gedanken von der Seele, in der Hoffnung, dass es hilft. Andere fressen die Sorgen in sich hinein.
Es gibt verschiedene Arten, mit den Gedanken und der Situation fertig zu werden.

Ob du weiterhin (mit Freude) Motorrad fährst? Du wirst es ausprobieren müssen. Vermutlich wirst du deine Frau in deine Entscheidung mit einbeziehen.

Ich hatte 1983 einen schweren Motorradunfall auf der BAB, bei dem ich, auf der Fahrbahn liegend, von 2 PKW überrollt wurde. Beide sind weitergefahren ohne anzuhalten.
Nach Koma, Behandlung der gebrochenen Knochen etc. habe ich als 20jähriger erst mal wieder Laufen lernen müssen; wie ein kleines Kind. Ein paar Monate später saß ich wieder auf dem Motorrad. Mit kleinen Unterbrechungen wegen des Studiums tue ich das bis heute.
Ich für meinen Teil habe mir immer gesagt: "so lange es mir Spaß macht, fahre ich weiter".
Es kann jeden treffen; immer und überall. Ob schuldig oder nicht. Auch als Fußgänger.

Take care.
 
QVIENNA

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Ich für meinen Teil habe mir immer gesagt: "so lange es mir Spaß macht, fahre ich weiter".
Es kann jeden treffen; immer und überall. Ob schuldig oder nicht. Auch als Fußgänger.

Take care.
Das ist schon einmal eine wichtige und hilfreiche Aussage. Passieren kann überall was aber beim Motorradfahren ist Angst ein schlechter Begleiter.
Bin auch schon ein paar mal abgestiegen, glücklicherweise ohne gefährliche oder schwere Verletzungen. Jetzt sind wir ja alle selbsternannte „richtige Männer“, die mit der Axt in den Wald gehen, rohes Fleisch essen und Bären mit bloßen Händen erlegen.

Trotzdem rate ich dir, dieses Thema mit einem Psychologen professionell aufzuarbeiten. Ja, das kostet ein paar grüne Scheine. Manchmal denkt man sich in eine Situation so sehr hinein, dass man nur schwer wieder alleine herausfindet. Und da sind ein paar Gesprächsrunden mit einem Profi die beste Option.
 
Thema:

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