Mich belustigt die Lust der Diskussionsteilnehmer an der Demontage von VW (die offenbar von weiten Teilen der Medien geteilt wird).
Also, was ist geschehen? VW hat bei den Abgasemissionen getrickst. Und weil VW viele Autos baut, haben sie auch bei vielen Autos getrickst. Damit sind sie weder die ersten noch die letzten. Okay, die EPA und ihre kalifornische Tochter sind ihnen draufgekommen und wollen jetzt an ihnen ein Exempel statuieren. GM hat zehn Jahre lang fehlerhafte Zündschlösser verbaut, das hat zahlreichen GM-Kunden den Tod und GM am Ende eine Strafe von 0,9 Mrd. USD gebracht. An VW will die EPA jetzt aber ein Exempel statuieren: 20 Milliarden Dollar Strafe stehen im Raum, zudem soll VW am besten alle betroffenen Autos zurückkaufen, dann stehen noch ein paar Dutzend Sammelklagen an, und damit das ganze eine schöne Drohkulisse bekommt, hat die Staatsanwaltschaft von New York schon mal vorsorglich ein paar US-Manager von VW angeklagt und will sie in den Knast schicken. Davon abgesehen könnte die ganze Geschichte VW rund 50 Milliarden Dollar kosten, damit kann man ein land wie Griechenland eine ganze Weile über Wasser halten. Ich war bei den Gesprächen zwischen EPA und VW nicht dabei, aber vermutlich hat VW sofort vorgeschlagen, das Ganze auf dem kleinen Dienstweg zu regeln, was die EPA aber abgelehnt hat, denn schließlich geht es gegen den größten Autohersteller der Welt, der aber nicht mehr GM heißt und in den USA sitzt, sondern VW from Krautland. Da kennen sie natürlich keine Gnade.
Nun ist aber die EPA nicht der liebe Gott. Sie ist auch kein Gericht, keine von der Bevölkerung gewählte Regierung, sondern eine Bundesbehörde. Ich stelle mir jetzt gerade mal vor, ich wäre ein mittelständisches Tischlereiunternehmen und man wirft mir vor, ich hätte giftiges Holzschutzmittel in meinem Kamin verfeuert. Gestorben ist daran keiner, unschön war das Ganze dennoch, und eine S.cheißaktion obendrein, es ist allerdings noch gar nicht raus, wer das Zeug in den Kamin gekippt hat und warum. Obendrein weiß ich selbst gar nicht so genau, was da gelaufen ist, denn das ist unter meinem Vorgänger passiert, ich war damals noch in der Logistik-Firma, die die Möbel der Tischlerei ausgeliefert hat. Und nun käme das Umweltbundesamt und wollte von mir ein Viertel meines 2014er Jahresumsatzes. Was würde ich machen? Mit den Schultern zucken und meine Reserven auflösen? Nein, ich würde mit meinem Anwalt telefonieren und der würde erst einmal Einspruch einlegen. Dann würde das ganze vor Gericht gehen. Vielleicht würde ich schlechte Presse von der Lokalzeitung und von einigen Ökoblättern bekommen, aber irgendwann würde das Interesse daran erlahmen. Nach einigen Jahren Prozessiererei würde von den geforderten zwei Millionen Euro Strafe nur noch 100.000 Euro übrig bleiben, dazu kämen 50.000 Euro Prozesskosten. Ich würde meinen Sponsorvertrag mit dem lokalen Fußballverein erneuern, ein paar Migranten einstellen und gut.
Was ich bestimmt niemals machen würde: Mich öffentlich hinstellen und betonen, wie unvergleichlich schlimm es doch war, ein paar Liter Holzbeize zu verbrennen und mit welcher unnachahmlichen kriminellen Energie dabei vorgegangen wäre. Ich würde höchstens mal einräumen, dass es natürlich furchtbar war, die ganzen gebeizten Hölzer zu verbrennen, anstatt sie für uferloses Geld in den Sondermüll zu geben. Und ich würde darauf verweisen, dass das jetzt ja glücklicherweise der Vergangenheit angehört, weil wir jetzt nur noch Naturbeize verwenden.
Die Leute stellen sich alle so hin, als hätte Müller irgendwas zu gewinnen, indem er größtmögliche vorauseilende Selbstkasteiung übt. Wozu? Die EPA will ganz offensichtlich - im Rahmen ihrer Möglichkeiten - hart durchgreifen, und deshalb nützt es mir bei denen gar nichts, einen auf reuigen Sünder zu machen. Meine Aktionäre werden mir was pfeifen, wenn ich durch fortgesetzte Selbstbezichtigung den Wert des Unternehmens schmälere, und die, die sich jetzt darüber ereifern, was für ein Sch.eißladen VW doch ist, die haben schon vorher Toyota gefahren.
Guckt euch mal Elon Musk an. De gibt nie was zu. Und alle lieben ihn.