Hi
Jetzt gibt es eine eindeutige Rechtsauffassung. Salopp formuliert sagt sie: Wer Keyless verwendet hat selber Schuld wenn irgendetwas aus dem Auto geklaut wird.
Nachdem das Urteil aber feststellt, dass Keyless problemlos überwunden werden kann, dürfte jede Versicherung dieses Argument verwenden wenn auch das Fahrzeug weg ist.
Quelle: Heise Online
Urteil: Versicherung muss nach unbefugtem Pkw-Öffnen per Funksignal nicht zahlen
Das Amtsgericht München urteilte, dass ein Mann kein Geld für einen aus seinem Auto gestohlenen Koffer bekommt: beim Keyless-Go-System sei kein Aufbruch nötig.
Keyless-Go-Systeme gelten schon lange als unsicher.
19.10.2020 15:38 Uhr Von Stefan Krempl
Ein Pkw-Halter hat keinen Anspruch auf Schadenersatz bei einem Diebstahl aus seinem Auto, wenn dieses per Keyless-Go-System über Funk ver- und entriegelt und darüber ohne Gewalteinsatz unbefugt geöffnet werden kann. Das Versicherungsunternehmen muss nicht zahlen, wenn die Hausratsversicherung lediglich bei einem "Aufbrechen" des Fahrzeugs greift. Ein entsprechendes Urteil des Amtsgerichts München vom 12. März (Az. 274 C 7752/19) ist jetzt rechtskräftig, nachdem das Landgericht die Berufung dagegen Ende September zurückgewiesen hatte.
Das Keyless-Go-System gilt unter Experten seit Längerem als unsicher. ADAC-Prüfer konnten in Tests mit etwa 300 Fahrzeugmodellen fast immer die Sperre überwinden. Als Schwachstelle gilt unter anderem der Funkeinheitscode der Autoschlüssel, mit dem sich Öffnungs- und Schließchiffren oft nicht einmal unterscheiden lassen.
Dazu kommt, dass das Signal häufig dauerhaft gesendet wird. Angreifer können so alle aktiven Funkcodes vom Auto und vom Schlüssel mit einem eigenen Sender schier beliebig verlängern. Die Signale lassen sich auch durch Wände hindurch abfangen und bis zu 400 Meter weit übertragen. Die Polizei Niedersachsen gibt in einem Video Tipps, wie sich Betroffene angesichts der "Technik mit Tücken" schützen können.
Quelle:
Amtsgericht München, Pressemitteilung 46 vom 16.10.2020
Kein Aufbruch
Hausratversicherung muss nach Öffnen des PKW mittels Funksignal nicht zahlen
Das Amtsgericht München wies durch Urteil vom 12.03.2020 die Klage eines Piloten aus dem Raum Freiburg gegen ein Münchner Versicherungsunternehmen auf Zahlung aus Hausratsversicherung in Höhe von 3.314,72 Euro für einen aus seinem PKW entwendeten Koffer ab.
Der Pkw des Klägers kann mittels eines Keyless-Go-Systems über Funk ver- und entriegelt werden Am 10.12.2018 stellte der Kläger seinen PKW in der Münchener Straße in Frankfurt am Main ab und verließ es für fünf Minuten. In dieser Zeit wurden ein Reise- und ein Pilotenkoffer von einem unbekannten Täter entwendet. An dem Pkw befanden sich danach keine Aufbruchspuren. Der Kläger verständigte umgehend die örtlich zuständige Polizeidienststelle und erstattete Strafanzeige gegen Unbekannt. Dieses Verfahren wurde eingestellt, da kein Täter ermittelt werden konnte. Teile seiner Uniform, Ausweisdokumente und Pilotenlizenz wurden im von der Polizei ausgehändigt, nachdem sie in einer Mülltonne in unmittelbarer Nähe zum Tatort gefunden worden waren.
Der Pilotenkoffer nebst den seinem Arbeitgeber gehörenden Geräten sowie die Uniform wurden durch seinen Arbeitgeber ersetzt.
Der Vertrag über die Hausratsversicherung enthält die Klausel: „Entschädigt werden auch versicherte Sachen, die (…) durch Aufbrechen eines verschlossenen Kraftfahrzeugs entwendet…werden.“
Der Kläger trägt vor, dass er den Pkw sicher verschlossen habe. Wahrscheinlich sei der Pkw vom unbekannten Täter durch eine sogenannte „Relay Attack“ entriegelt worden, indem das Keyless-Go-System unbefugt mit einem Funksignal überwunden wurde. Er meint, dass auch eine unbefugte Öffnung des Pkw per Funksignal unter den Begriff „Aufbrechen“ falle.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass keine Einstandspflicht bestehe, da es vorliegend an einem „Aufbrechen“ fehle. Hierfür sei mehr erforderlich als jedes unbefugte Öffnen. Die Verwendung eines falschen Schlüssels sei aber gerade nicht gleichzusetzen mit einem „Aufbrechen“.
Der zuständige Richter am Amtsgericht München begründet sein Urteil u.a. so:
„Das vom Kläger vermutete unbefugte Öffnen des Pkw per Funksignal fällt nicht unter die Versicherungsbedingungen der Beklagten. (…) Der Wortlaut des Begriffs „Aufbrechen“ ist nach Auffassung des Gerichts eindeutig. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch (und auch der Definition des Duden) umfasst ein entsprechendes Vorgehen die Anwendung von Gewalt. Auch wenn nach Auffassung des Gerichts nicht zwangsläufig eine Beschädigung der Sache erforderlich ist, fällt unter „Aufbrechen“ nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sicher nicht jedes unbefugte Öffnen mittels Verstärkung eines Funksignals oder Verwendung eines „falschen“ Funksignals. (…)
Für die Kosten- und Risikokalkulation der Beklagten ist es zwangsläufig erforderlich, dass der Versicherungsumfang (und damit ihre zu erwartenden Risiken) klar abgegrenzt sind. Es können nicht einfach (später) zusätzliche versicherte Risiken durch Auslegung entgegen eines eindeutigen Wortlauts in den Vertrag aufgenommen werden. (…)
Für eine unterschiedliche Behandlung dieser Fälle spricht auch die Nachprüfbarkeit durch die Beklagte und die Beweislage. Bei dem versicherten gewaltsamen Aufbrechen dürfen in der Regel Spuren hinterlassen werden. Im Fall einer elektronischen Überwindung per Funksignal könnte die Abgrenzung zum schlichten Vergessen des Absperrens durch den Versicherungsnehmer nur deutlich unsicherer anhand der Angaben des Versicherungsnehmers und ggf. Zeugen erfolgen. Für die Beklagte wäre dies kaum nachprüfbar, und es bestünde nach Auffassung des Gerichts eine nicht unerhebliche Missbrauchsgefahr. (…)
Ein Versicherungsnehmer kann damit nicht davon ausgehen, dass auch ein unbefugtes Öffnen des Pkw ohne Anwendung von Gewalt einen Versicherungsfall darstellen sollte.
Urteil des Amtsgerichts München vom 12.03.2020, Aktenzeichen 274 C 7752/19
Das Urteil ist nach Zurückweisung der Berufung am 25.09.2020 rechtskräftig.
Klaus-Peter Jüngst
Zitatende
gerd