Juli 2017. Meine erste GS/K50 war gerade frisch gestohlen, und ich wollte schraddeln, ohne noch im Besitz eines Mopeds zu sein. Ich erinnerte mich an eine Harley Fat Boy, welche die deutlich bessere Hälfte vor 6 Jahren von ihrem verstorbenen Vater geerbt hatte. Ich musste sie damals aus dem Westerwald in die Niederlande überführen - was schlimm genug war. Auf diesen 140 km verlor sie 4 ihrer Motorschrauben (EUR 110,- Bei BMW/Harley Kohl). Sie plante damals, den Führerschein zu machen - gab dieses Ansinnen jedoch nach der 3. Fahrstunde (im Winter) auf. Seit dem stand (und steht) die Harley auf dem Gnadenhof bei einem Freund, angemeldet, versichert und durch diesen gut gepflegt - und wartete darauf, von einem Dummen gefahren zu werden. Viel war an ihr nicht mehr im Originalzustand. Für den Eintrag der Auspuffanlage war der Vorbesitzer 400 km bis nach Norddeutschland gefahren, wo es wohl einen TÜV gab, der ausschließlich gehörlose Prüfer beschäftigte (oder so), und der für die weitreichende Toleranz gegenüber überfetten Mopeds aus Milwaukee bekannt war. Über den Tank verlief ein Lederstreifen, in den Zündhütchen von Schrotpatronen eingearbeitet waren, und am Stert hingen lederne Packtaschen mit Bömmeln. Zwei winzige Rückspiegelchen waren vorhanden, verloren aber bei laufendem Motor dank Vibrationen sofort ihre Funktion. Auch die restlichen 325 Kg dieses stählernen Wahnsinns waren höchst grenzwertig. Bremsen waren zwar vorhanden, zeigten aber keine spürbare Wirkung. Das scheint bei Harley zur Folklore zu gehören.
Mit diesem Monstrum aus Mordor wollte ich nun zum Treffpunkt meiner Kumpels vom Aachener Stammtisch fahren. Ich kam aber nur bis kurz vor den Ortsausgang von Vaals. Dort wurde ich von einem Polizisten auf einer F800 überholt und angehalten. Ich sollte ihm folgen - zu einer Überprüfung des technischen Zustands. Mir erschien diese geplante Überprüfung wie ein Worst-Case Szenario, welches möglicherweise mit einer einstweiligen Erschießung des Fahrers enden könnte. Am westlichen Ortsausgang von Vaals, hinter der ersten Serpentine der Mergelland-Route, wurde ich auf einen Schotterparkplatz gelotst. Dort wimmelte es von Polizei, und der RDW (der NL-TÜV) hatte ein großes Zelt errichtet. Als ich auf den Platz donnerte, schienen sich alle die Hände zu reiben. Da ich momentan das einzige Opfer war, standen plötzlich etwa 20 Beamte und Prüfer um micht herum. Die Stimmung schien ausgezeichnet (außer bei mir). Manche schienen gar Tränen vor Lachen in den Augen zu haben.
Bremsen und Spiegel und anderes Gedöns interessierten die blau Gewandeten nicht wirklich. Sie triggerten mehr auf die Geräuschemissionen. Ich sollte den Motor starten und eine bestimmte Drehzahl einhalten. Als ich dies tat, stoben alle Vögel im Umkreis von 500 m auf. In einer Pfütze bildeten sich Kreise, und der Zeiger vom Geräuschpegelmessgerät wickelte sich um den Anschlag. Ich sah allen Beteiligten an, dass sie mit mir wohl den 'Catch-of-the-day' gemacht hatten. Ein RDW Prüfer verschwand mit dem Messprotokoll im Zelt. 5 Minuten später kam er zurück, mit sorgengramer Miene. Als er mit seinen Kollegen sprach, wirkten auch diese nicht glücklich. Schließlich trat ein Polizist an mich heran, gab mir die Papiere und wünschte mir eine gute Fahrt.
Da ich mich immer noch wie der Staatsfeind Nummer 1 fühlte, fragte ich nach Details. Der Polizist antwortete (etwas kryptisch): "1996, nicht homologenisiert". Übersetzt: Für dieses Baujahr gibt es keine zulässige Geräuschemission. Wäre die Kiste auch nur 1 Jahr jünger gewesen, so wäre ich jetzt tot, und die Kiste weg. Und zwar dauerhaft weg.