Motorradfahren und Angst

Diskutiere Motorradfahren und Angst im Motorrad allgemein Forum im Bereich Community; Hallo Biker, Bezugnehmend auf einen Beitrag von Calenberger an anderer Stelle, stelle ich folgenden Beitrag zur Diskussion. LG Dimitri Lieber...
Toccaphonic

Toccaphonic

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Hallo Biker,

Bezugnehmend auf einen Beitrag von Calenberger an anderer Stelle, stelle ich folgenden Beitrag zur Diskussion.

LG Dimitri

Lieber Andreas,

"Motorradfahren, Angst und wie gehe ich damit um" ist auch für mich ein wichtiges Thema. Auch ich habe in meiner kurzen Laufbahn (noch kein Jahr) als Biker schon 3 Bike-Unfallstellen gesehen und bin auf der Autobahn schon 2 Stühlen (!) ausgewichen. Trotzdem fahre ich weiter mit großem Spaß.
Ich stelle mir nicht so sehr die Frage, ob ich fahren sollte. Für mich ist klar, dass ich fahren WILL!!!

Obwohl ich mir meiner Ängste sehr bewusst bin, lese ich Unfallstatistiken und Unfallstories mit großem Interesse. Interessanterweise steigern sie meine Angst nicht, sondern machen mich sicherer, denn ich lerne aus den Fehlern anderer. Ich denke dann nicht so sehr "Uh, das kann mir auch passieren!", sondern "Das passiert mir schonmal nicht mehr!". Damit meine ich natürlich nicht die uns allen bekannten tragischen Fälle. Vieles haben wir jedoch in der Hand, glaube ich.

Zur Angst: Alles ist ein Gift in der entsprechenden Dosis. Angst kann für uns alle sehr gesund sein. Je nach Intensität Deines Angstempfindens kann sie Dich veranlassen, nicht mehr auf's Bike zu steigen. Das ist zweifellos sehr gesund, da Biker ein 20-fach höheres Risiko als ein PKW-Fahrer haben, bei einem Unfall tödlich zu verunglücken. Angst kann Dich auch veranlassen, vorsichtig ein Spitzenmotorrad in Topzustand und in bester Schutzkleidung zu fahren, Deine fahrerischen Fähigkeiten und Deine Gefahrenfrüherkennung ständig zu verbessern. Auch dann ist sie sehr gesund! Wenn sie Dich jedoch verkrampft fahren lässt, dann wird Angst ein sehr gefährliches Gift.
Auch Verdrängung kann gut oder in entsprechender Dosis ein Gift sein.

Mir ist wie jedem von uns klar, dass es keine 100%-ige Sicherheit gibt. Aber immerhin kann ich Risikofaktoren einteilen in solche, die ich beeinflussen kann und in die anderen. Ich halte nichts vom verbreiteten Fatalismus der Art: "Es gibt keine totale Sicherheit, also ist gleich alles egal!" Meine Herangehensweise ist: Ich beeinflusse was ich kann und akzeptiere, was ich nicht beeinflussen kann. Ich verstoße auch gegen Regeln und Prinzipien, wenn ich mich sonst in Gefahr brächte. So erstelle ich mein ganz eigenes Risikoprofil nach bestem Wissen und Gewissen. Total sicher wird's so nicht, aber ein 20-fach höheres Sterberisiko habe ich so auch nicht mehr. Mir reicht das, um Angst, Spaß und Verdrängung in ein Verhältnis zu bringen, das
mir Motorradfahren zu einem super schönen Hobby macht.

Vielleicht war hier das Eine oder Andere drin, was Dir weiter hilft. War'n Versuch! :-)

LG
Dimitri
 
L

Lisbeth

Gast
angst ist einer der ältesten mechanismen. das hirn hat das vor urzeiten entwickelt, um das lebewesen zu schützen. dabei wird nicht mehr viel gedacht oder überlegt, im gegenteil, es soll ja schnell gehen und denken dauert, sondern mit hilfe von viel adrenalin werden automatismen abgespult. das hat bestimmt bei säbelzahntigern prima funktioniert, aber heute und vor allem auf einem motorrad kann das fatale wenn nicht letale folgen haben. angst lähmt das hirn.
daher meine meinung: mit angst sollte man nicht fahren, wohl aber mit respekt und vorsicht.
 
Toccaphonic

Toccaphonic

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Ich verwende "Angst" im weitesten Wortsinn. Darum sprechen wir von der selben Sache, denke ich.
 
N

Nordlicht

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angst lähmt das hirn.
daher meine meinung: mit angst sollte man nicht fahren, wohl aber mit respekt und vorsicht.
Da ich deiner These absolut nicht zustimmen kann, halte ich auch deine Schlussfolgerung für grundfalsch.
Erst ein Übermass an Angst lähmt. So, wie ein Übermass an Mut unvorsichtig macht. Ganz normale Angst schärft die Wahrnehmung, kann Reflexe beschleunigen und kann Überschreitungen der eigenen Grenzen eindämmen. Kann, nicht muss. Da stimme ich dem Threadstarter zu- es kommt auf die Dosis an. Der furchtlose Ritter kann genauso gefährlich werden wie der Schisser. Und zwischen beiden leben Tausende Menschen mit durchaus vorhandener Angst. Wenn dich deine Angst tatsächlich lähmt, dann stimme ich zu, dass ein anderes Hobby besser wäre. Wenn aber nur die Motorradwahl und Art der Bekleidung sowie der Grad an Aggressivität undoder Speed sich verändert, muss ich sagen: na und? Ich selbst habe durchaus Angst, einmal jemand umzunieten. Ich habe genug Tote gesehen, ich möchte keinen produzieren. Ich habe Angst vor Schmerz. Und allzu schräg mag ich es nicht in Kurven. Die Fussrasten kratzen schon mal, aber die knie schleifen nur, wennich besoffen stolpere :D
Na und? Im Notfall habe ich noch Reserven, die ich mir trotz oder wegen der Angst antrainiert habe und die ich abrufen kann. Meine Ängste lähmen mich nicht. Sie machen den aus mir, der ich bin!
 
Quhpilot

Quhpilot

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eine schwarze Quh,
Warum stürzt sich ein Bengel mit dem Dreirad oder dem Skateboard den
Berg runter ? Er kennt keine Angst. Erst wenn er Aua hat dann wächst
dieses Gefühl.

Wir alten Säcke haben schon viel Aua erlebt im Leben. Wer hat hier die
schöne Signatur ? "Älter werden ist nix für Angsthasen" Da ist was dran.

Und Angstzustände gehören behandelt. Wenn man nicht kurz nach der Angst
wieder zum normalen Zustand zurückfindet dann ist was faul. Dann braucht
man Hilfe. Und auf garkeinen Fall sollte man Motorrad fahren wenn man ständig
vor irgendwas Angst hat.
 
dergraf

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Vielleicht helfen auch ein paar ältere Statements. klick
 
N

Nordlicht

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Angst und Angstzustand haben soviel miteinander zu tun wie ein Niesen mit Lungenentzündung! Das eine ist alltäglich, das andere eine Krankheit. Und wenn das wieder als korinthenkackerei angesehen wird, tuts mir leid. Ich hab die Begriffe nicht erfunden :D
Gegenfrage: Wie soll man denn bittesehr Angst überwinden lernen, wenn man alles meidet, was Angst macht?
 
P

peterotto

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...ich bin im Juni dieses Jahres in der Nähe vom Bozen auf meiner 1200er mit 90 Km/h in einer Kurve geradeausgefahren und wachte im CT des dortigen Krankenhauses auf.
Inzwischen habe ich mit meiner "neuen" die 1000der Inspektion machen lassen. Mir ist nach diesen 1000 Km aufgefallen, das auf den Reifen noch 1cm breite "Angststreifen" sind.
Angst habe ich eigentlich nicht mehr als vor dem Unfall.....
Oder spielt sich das im Unterbewussten ab?
 
sampleman

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Ganz so einfach ist es vielleicht auch nicht. In seinem Buch "Die obere Hälfte des Motorrades" erklärt Bernt Spiegel, dass es beim Motorradfahren notwendig ist, eine Reihe von in Jahrtausenden antrainierte Reflexe zu besiegen. Er nennt da ein Beispiel: Der Mensch hat ein sehr gut ausgeklügeltes Gleichgewichtsorgan, sonst wäre aufrecht gehen gar nicht so einfach. Sowohl beim Reiten als auch beim Laufen ist es nicht erforderlich, sich stärker als ca. 15 Grad zur Seite zu neigen. Neigt man sich stärker, springt ein Notmechanismus an, der den Körper gegensteuern lässt, damit er nicht umfällt. Beim Motorradfahren ist es aber nicht nur aus Geschwindigkeits- sondern auch aus Sicherheitsgründen erforderlich, Schräglagen zu beherrschen, die weit größer sind als 15 Grad. Wenn es einem Menschen nicht gelingt, die dabei einsetzende Angst vorm Umfallen zu besiegen, dann kann er auf Dauer nicht sinnvoll Motorrad fahren - und er wird dabei auch kein gutes Gefühl haben.

Beim Tauchen ist es ähnlich. Man schwimmt da in 30 Metern Tiefe durchs Wasser, über einem steht eine Wassersäule lang wie zwei Omnibusse. Der Mensch gehört da nicht hin, und ein ganzer Rucksack voller Präzisionstechnik ist erforderlich, damit er in diesem fremden Medium nicht sofort stirbt. Es ist eine mentale Frage, ob man damit klar kommt oder nicht. Und da sowohl Tauchen als auch Motorradfahren überwiegend Freizeitbeschäftigungen sind, die man freiwillig macht, folgt daraus, dass Leute, die das Gefühl der potenziellen Gefahr nicht ertragen, diese Tätigkeit nicht ausführen sollten.

In diesem Zusammenhang führt es auch nicht weiter, andere Leute mit irgendwelchen Risikoeinschätzungen auf seine Seite ziehen zu wollen: Wenn man Angst davor hat, auf 250 kg Stahl und Gummi mit 100 in eine Kurve zu stechen, dann sollte man es schlicht und einfach lassen.
 
B

Boxer-lust

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Wer Angst hat beim Motorradfahren sollte aufhoeren!
Sicherlich ist Motorradfahren gefaehrlich und jede Fahrt kann die Letzte sein.
Angst nein.Respekt ja...
 
Gelblichtbremser

Gelblichtbremser

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Angst und Angstzustand haben soviel miteinander zu tun wie ein Niesen mit Lungenentzündung! Das eine ist alltäglich, das andere eine Krankheit. Und wenn das wieder als korinthenkackerei angesehen wird, tuts mir leid. Ich hab die Begriffe nicht erfunden :D
Gegenfrage: Wie soll man denn bittesehr Angst überwinden lernen, wenn man alles meidet, was Angst macht?
Richtig. Man kann sich nicht wegschließen und alles meiden was könnte gefährlich werden. Man kann sich aber mit Verstand und Umsicht in seinem Leben bewegen und wenn man beim Motorradfahren nicht das Bedürfnis hat den Helden zu spielen, gibt man sich selbst eine Chance das sein Hoppy besser verläuft.:cool:

Den Angst ist ein schlechter Ratgeber.
 
Zebulon

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Angst beim Motorrad fahren ist kontraproduktiv, Respekt hingegen lebensverlängernd.
 
L

Lisbeth

Gast
ich meine, hier denkt jeder ähnlich. es liegt nur an der mangelnden übereinstimmenden definition von angst. ich hab mich auf angst im sinne von hosen voll und hirntätigkeit einstellen bezogen. alle stufen der furcht, die davor kommen, müssen einen nicht vom leben abhalten. dürfen ja auch nicht. da kannst du dich ja gleich einsalzen. ich mache gerne mal sachen, vor denen ich mich fürchte. das sind herausforderungen, die frisch halten :D und man fühlt sich hinterher so richtig gut. das war auch beim motorradfahren so. zumindest am anfang nach 15 jahren pause. da verspürte ich ein klein wenig angst, als ich meine neuerwerbung 200 km weit nach hause fahren musste. ich wusste, dass ich es kann, weil ich vorher nochmal eine doppelstunde bei der fahrschule genommen hatte und ich wollte ganz dringend, weil es früher so genial war. und so hab ich halt meine komfortzone verlassen und die zähne zusammen gebissen. man sagt halt so, dass man da angst hatte. aber da wäre vermutlich ein anderer begriff besser dafür.
das ist doch erstaunlich. da haben wir eine sprache, mit der man sich höchst differenziert ausdrücken kann und schon bei einem so popeligen begriff wie angst versteht jeder was anderes darunter.
 
N

Nordlicht

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Ja, Lisbeth, genau da liegt der Hase im Pfeffer. Deshalb wehre ich mich ja so vehement gegen diese Pauschalaussagen, die nur eine kleine Gruppe meinen aber eine riesige Menge Menschen treffen können. Wenn einem eine Aussage so wichtig ist, dass man sie im Internet posten möchte, dann kann man sich doch auch darum bemühen, dies möglichst exakt zu tun, oder? Und wenn ein Begriff unterschiedlich verstanden wird, dann wäre es an sich sinnvoller, die eigene Aussage zu präzisieren, so wie du es jetzt getan hast, anstatt ein und den selben Satz immer nochmal zu wiederholen...
Wenn ich mich nach meinem Unfall damals an die angeblich weisen Ratschläge der angeblich weisen Mitmenschen gehalten hätte, dann wäre ich wegen meiner Angst vor erneutem Wegrutschen damals auf Rollator umgestiegen. Satt dessen habe ich aber Trainings absolviert und bin gefahren, gefahren, gefahren. So, dass ich meine Angst in den Griff bekam und nicht sie mich. vielleicht reagiere ich deshalb so allergisch auf das unüberlegte Nachgeplapper eines Satzes, der so platt und pauschal einfach unwahr ist. fahren mit Angst ist KEIN PROBLEM, solange die Angst dich nicht lähmt.
Jeder, der mit Angst fährt und diese überwindet, beweist Mut. Für die, die angeblich keinerlei Angst beim Fahren kennen, habe ich andere Bezeichnungen im Sinn...
 
sampleman

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ich meine, hier denkt jeder ähnlich. es liegt nur an der mangelnden übereinstimmenden definition von angst.
Ich denke, die allermeisten Menschen haben in den verschiedensten Gelegenheiten Angst davor, dass ihnen etwas passiert, das für sie schmerzhaft und für ihre Angehörigen tragisch sein könnte. Ich denke auch, dass die allermeisten Motorradfahrer schon mal Situationen hatten, in denen sie gedacht haben "Scheiße, jetzt stürze ich gleich und tue mir weh".

Entscheidend sind für mich zwei Levels:

Das erste Level besteht darin, dass die Angst einen unsicher fahren lässt, zum Beispiel aus Angst vor Schräglage nicht in der Lage sein, eine saubere Linie in der Kurve zu fahren, oder wenn jemand aus genereller Anspannung heraus nicht mehr situationsbezogen angemessen bremst, sondern dauernd die Bremse zuknallt. Diese Angst muss überwunden werden, weil sie die Fahrsicherheit gefährdet. Wer nicht in der Lage ist, aus Angst sein Fahrzeug mit einer verkehrsangepassten Geschwindigkeit zu steuern, der muss sich diese Angst entweder abtrainieren oder - wenn sie immer noch nicht weggeht - das Fahren aufgeben.

Damit eng verbunden ist das zweite Level:

Niemand zwingt uns zum Motorradfahren. Motorradfahren muss unterm Strich mehr Spaß und Freude als Ärger und Sorgen machen, sonst wäre man dumm, wenn man es dennoch täte. Ich denke, es ist durchaus sinnvoll, auf die eigene innere Stimme zu hören, die sagt einem dann schon, bei welchem Tempo und welchem Fahrstil man sich am wohlsten fühlt.
 
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Mortenhh

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Angst ist doch nur ein Grundgefühl und Gefühle lassen sich nicht in Level (Stufen) einteilen.
Angst ist erstmal nicht bedrohlich sondern nützlich, wir lernen durch die Bewältigung der Angst.
Angst lässt uns nicht übermütig werden oder unvorsichtig.
Bedenklich wird es wenn die Angst zu groß wird, uns lähmt, falsche Entscheidungen treffen lässt oder zu Überreaktionen verführt.
In der Psychologie wird nicht ohne Grund zwischen gesunder Angst, Angststörungen und Phobien unterschieden.
Jeder der sich der Gefahren bewusst ist und nicht Lebensmüde ist, hat Angst davor getötet oder verletzt zu werden, die Angst lässt uns mit dem nötigen Respekt an die Sache gehen. Respekt vor dem Motorradfahren haben wir nicht aus Moralischen gründen oder Höflichkeit, Respekt ist nur eine Verbale Verpackung für Angst meiner Meinung nach, aber einer gesunden, ganz normalen Angst.
Mit zwanzig verhalten sich darum die meisten anders als mit zunehmendem alter, man kennt die Gefahren nicht also ist die Angst gering solange die Gefahr nicht eindeutig Sichtbar ist.
Angst und dadurch Respekt haben und die nötige Sorgfalt und Vorsicht ist Lebenserhaltend, wird die Angst Lähmend wird es bedrohlich.

Ich hatte z.B. höhen Angst meine Angst behinderte mich früher sogar, schon auf einer drei Meter Leiter verkrampfte ich und hoffte auf Rettung durch die Bergwacht.
Also habe ich mich selbst therapiert in dem ich mich der höhe gestellt habe.
Meter für Meter, angefangen mit dem Garagen Dach, einem Balkon im fünften Stock, Fernsehturm und schliesslich Bergsteigen mit zwei befreundeten Bergsteigern.
Natürlich haben wir nicht die Eiger-Nordwand bestiegen, für die beiden ist es eine Lächerlichkeit gewesen aber für mich ein grosser Schritt (eigentlich viele kleine).
Heute bin ich nicht frei von höhen Angst aber ich bin in höhen nicht mehr gelähmt, ich habe "Respekt" vor der höhe.

Der Freikletterer Alain Robert (Spiderman) sagte mal in einem Interview auf die frage ob er keine Angst habe (inhaltlich Zitiert):
"Natürlich habe ich Angst, sonst würde es mich nicht Reizen und ohne Angst würde ich unter Garantie Abstürzen. Die Angst darf nur nicht hinderlich werden aber Übermut ist noch gefährlicher."

Angst ist ein Gefühl und Gefühle sind nicht Konstant, ist die Angst zu Verunglücken einmal zu groß lasse ich mein Motorrad stehen, bin ich Übermütig lass ich es ebenfalls stehen.
Meistens fahre ich mit einer Gesunden Angst und habe einfach viel Spaß dabei!
 
Toccaphonic

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@Mortenhh: Du hast es noch einmal schön auf den Punkt gebracht, finde ich.

In Calenbergers Beitrag, auf den ich mich ursprünglich bezog, ging es neben dem Umgang mit diesen Empfindungen aber vielleicht noch um etwas Anderes, falls ich das inzwischen richtig verstanden habe. Über die Gefahren des Kradelns nachzudenken und mich zu fragen, welche Konsequenzen das für mich haben sollte, ist nämlich nur eine Sache. Was aber, wenn ich wirklich einen furchtbaren Unfall gesehen habe und die vorher theoretischen Gedanken nun zu einem schrecklichen Kopfkino werden. Wie geht man dann damit um? Hilft dann nur Verdrängung oder Aufhören?

Ich denke, die Lehren aus dem Unfall darf man nicht verdrängen, sofern man an die korrekten Infos zum Unfallhergang kommt. Solange man aber fortan nur noch diese Bilder und nicht mehr die aktuelle Verkehrssituation vor Augen hat, sollte man vorerst nicht mehr fahren. Hier kann auch ein gesundes Maß an Verdrängung hilfreich sein. Gesunde Verdrängung unterdrückt meiner Ansicht nach zu starke Gefühlseindrücke, die einen überfordern würden. Mit der Zeit kann man sich dem unterdrückten Thema dann immer wieder zuwenden und es in kleineren Portionen, die man bewältigen kann, verarbeiten. Wie schnell
man damit durch ist, wird wohl sehr persönlich sein. Einige schrieben ja, sie würden bereits nach wenigen Minuten wieder wie gewohnt fahren. Ggf. kann dafür auch eine Auszeit mit späterem Wiedereinstieg und vorsichtigem Herantasten sinnvoll sein. Auch Aussteiger kann ich gut verstehen. Wer meint, dass dies für ihn das Beste ist, der hat sicher Recht. Wie es mit mir wäre? Keine Ahnung! Hoffentlich muss ich es nicht rausfinden. Was meint Ihr?

Mir fällt ein, ich habe einen Bekannten, der begeisterter Biker ist und als Rettungssanitäter arbeitet. Der hat sicher schon Bikerreste in sämtlichen Aggregatzuständen zusammengekehrt. Werde ihn mal zu seinem Umgang damit befragen und Euch dann berichten.
 
M

Mortenhh

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...
Mir fällt ein, ich habe einen Bekannten, der begeisterter Biker ist und als Rettungssanitäter arbeitet. Der hat sicher schon Bikerreste in sämtlichen Aggregatzuständen zusammengekehrt. Werde ihn mal zu seinem Umgang damit befragen und Euch dann berichten.
...
Hallo Toccaphonic,

bei einem ähnlichem Thema habe ich vor kurzem es schon einmal geschrieben, mir ist meine Wiederholung also bewusst, sollte es jemanden langweilen bitte meinen Beitrag überspringen.

Ich habe 16 Jahre auf einer Chirurgischen Intensivstation und im Rettungsdienst gearbeitet.
Habe hunderte oder tausende Verletzte, Sterbende und Tote Menschen gesehen, durch Unfälle jeglicher Art, Gewaltdelikte also tägliche und hin und wieder auch absurde Situationen.
Hätte ich durch das Gesehene übermässige ängste entwickelt könnte ich nicht weiterleben.
Zu Fußgehen viel zu gefährlich, Fahrradfahren viel zu gefährlich, Autofahren viel zu gefährlich, Motorradfahren viel zu gefährlich, Fensterputzen viel zu gefährlich, Fondue essen viel zu gefährlich, Kochen, Gemüse Schneiden, die Treppe runtergehen, alles viel zu gefährlich.

Ich könnte vermutlich nur in einem Atombunker mit Gummiwänden relativ gefahrlos leben, würde dort aber vermutlich wegen Bewegungsmangels an einem Herzinfarkt jung sterben.

Statistisch ist Motorradfahren viel gefährlicher als Autofahren, da es aber viel mehr Autos als Motorräder gibt habe ich etwa zwanzig mal mehr Autofahrer verletzt/tot gesehen, ich fahre trotzdem auch Auto.
Das Leben selbst bedeutet Gefahr und jede Aktivität steigert die Gefahr, die Aktivität Motorradfahren ist mir dieses mehr an Gefahr es wert weil Motorradfahren mir Spaß macht und für mich wichtig ist.

Wie geht man mit Erlebnissen dieser Art um, mit der Begegnung mit Verletzten, Sterbenden und Toten, hierfür gibt es kein Patentrezept, wir sind alle anders, darüber zu sprechen hilft.

Manch ein(e) Kollege(in) wirkte anfangs viel zu Sensibel hatte aber kein Problem und manch einer der anfangs ganz cool gewesen ist (interessanter weise habe ich dies nur bei Männlichen Kollegen erlebt) musste aufhören weil er es nicht verkraftete.
Warum?
Weil Frauen es gewöhnt sind über Gefühle zu sprechen und "coole" Jungs nicht aber doch nicht so cool sind.

Im Beruflichen ist es die Routine, in schweren Momenten hilft die Professionalität, es gibt aber auch Momente da hilft auch dies nicht mehr, es gibt Ereignisse deren Bilder einen ewig Verfolgen.
 
Thema:

Motorradfahren und Angst

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