Svendura
Themenstarter
Mit einem fiesen Rrrrtsch zerfetzt der
stürmische Ostwind die nagelneue Landkarte,
die ich eben erst beim Tanken gekauft habe.
Willkommen in Dänemark. Es ist das lange
Maiwochenende und ich bin unterwegs nach
Norden zum Ringkøbing Fjord. Ein letztes Mal
möchte ich meine Ausrüstung checken, bevor ich
Ende Mai für einen Monat nach Irland fahre.
Bis dahin muss alles perfekt sein und gerade meinem neuen Zelt, dem
Denali III von Salewa, traue ich noch nicht so recht. Taugt es etwas, oder
nicht?
Bei ARAL in Flensburg tanke ich den winzigen 7,7 Liter Tank der KLX noch
einmal randvoll mit dem guten Ultimate 102. In Dänemark gibt es nur
Schonkost für die kleine Kawa. Mehr als 95 Oktan sind selten zu
bekommen und sie ist besseres gewöhnt.
Puh, ist das kalt und windig. In Ribe halte ich an, um eine Tasse heißen
Kaffee zu trinken und bei der Gelegenheit gleich meine Fleecejacke
unterzuziehen. Der Imbiss in Ribe ist wirklich eine Institution. Direkt an
der Durchgangsstraße gelegen bietet er nicht nur ausgezeichnete HotDogs
und Pommes, sondern verblüfft auch mit unglaublich reichhaltigen
Portionen. Wenn ich hier vorbeikomme, dann esse ich jedesmal hier. Aber
heute bleibt es beim Kaffee. Ich will für die Tour in vier Wochen noch ein
paar Kilo abnehmen. Dann reist die Campingausrüstung gewissermaßen
'für Lau' mit.
"Ist hier noch frei?" fragen mich zwei kleine Mädchen von vielleicht 8
Jahren und sehen mich erwartunsvoll an. "Ja, gerne. Nehmt
Platz."erwidere ich und schaue neidisch auf die unglaubliche Riesenportion
Pommes Frites auf einer ovalen Servierschale, die die beiden zwischen
sich auf den Tisch stellen. Es sind die dicken dänischen Pommes mit dem
Wellenschnitt und sie sehen perfekt aus und sie dampfen und... Nein, ich
esse heute abend. Grmpff...
Die nächsten Kilometer sind ebenso eintönig und ereignislos wie die ganze
Strecke durch Dänemark. Wie mit dem Lineal gezogen, verlaufen die
Straßen schnurgerade bis zum Horizont. Der stramme Ostwind nervt und
ich segele bei Seitenwind in leichter Schräglage stur mit 94 km/h
Kilometer um Kilometer vor mich hin. Der Drehzahlmesser der KLX steht
bei 6.000 U/min und damit gute 4.500 Umdrehungen unterhalb der roten
Marke.
In Varde fahre ich zum Tanken auf eine SHELL-Station. Wie so oft in
Skandinavien ist es eine Automatentankstelle, mit denen ich schon
häufiger Probleme hatte, weil ich einfach nicht begriffen habe, wie man sie
bedient. Misstrauisch stehe ich vor dem Automaten und studiere die
Bedienungsanleitung. Ein Däne, dessen Auto gerade in der Waschanlage
bearbeitet wird, hat wohl meine Ratlosigkeit bemerkt und kommt zu mir
herüber: "Brauchst du Hilfe?", fragt er mich und spricht es wie "Hieelfe"
aus, was total süß klingt. "Ja, bitte.", freue ich mich. VISA-Card rein,
Sprache deutsch wählen, Tanksäule #2, Rüssel rein und...nix. Ach ja, an
der Zapfpistole noch die Oktanzahl wählen: 95. Alles ganz einfach, aber
man braucht eine VISA-Karte mit PIN, die ich mir nach meiner
Schwedentour im letzten Jahr extra zum Tanken in Skandinavien besorgt
habe.
Obwohl es sicher 12° C sind, ist mir kalt. Das macht vermutlich der starke
Wind. Ich bin froh, als ich in Varde an einem Supermarkt vorbeikomme.
Das ist die Gelegenheit, mich etwas aufzuwärmen und gleich noch ein paar
Kleinigkeiten fürs Abendessen zu besorgen. Obwohl Sonntag ist, haben die
Supermärkte geöffnet.
Ich stelle das Motorrad neben dem Eingang zwischen den Gartenartikeln
ab, hänge Helm und Handschuhe an den Lenker und stiefele in den Laden.
Gleich hinter dem Drehkreuz haben die Smørrebrøds, wie ich die Dänen
insgeheim liebevoll nenne, ganz hinterhältig eine Truhe mit besonderen
Spezialitäten zur Eröffnung der Grillsaison platziert. Die Entrecotes sehen
anbetungswürdig aus.
Ich habe zwar Grillfleisch von zuhause im Tankrucksack, aber das können
dir mir im Laden ja nicht beweisen und so lege ich mit Unschuldsmine,
gerade so, als sei es die normalste Sache der Welt, ganz beiläufig ein paar
Entrecotes in den Einkaufskorb. Auf Brot verzichte ich, weil ich auf Diät bin
und lege stattdessen nur eine Flasche Sauce Bernaise dazu. So ein
Blubberlutsch kann eigentlich nicht viele Kalorien haben und außerdem
ist der ja mit Kräutern.
Jetzt ist es nicht mehr weit zum Campingplatz. Im Internet habe ich mir
mit Google Maps und Street View einen besonders kleinen und
abgeschiedenen Platz ausgesucht. Vesterlund Camping ist ein Platz nach
meinem Geschmack: Er bietet nichts außer Ruhe, Frieden und einer
weichen, dick bemoosten Wiese mit vielen Gänseblümchen. Kein
Freizeitangebot, kein großer Spielplatz, kein Remmidemmi. Das Gelände
grenzt direkt an einen Truppenübungsplatz an, was sehr interessant ist,
denn ich wusste gar nicht, dass die Dänen auch so eine Art Armee haben
mit richtigen Schießgewehren, Panzern und dem ganzen Zeug.
Ich wähle mir den am weitesten entlegenen Platz ganz hinten am
Waldrand und habe das riesige Gelände für mich allein. Ich bin die einzige
mit einem Zelt und die nächsten Nachbarn stehen mit ihrem Wohnwagen
ein halbes Fußballfeld weit weg. Nach meiner Erfahrung in Schottland
letztes Jahr, als das Wasser von unten durch den Zeltboden gedrückt hat,
habe ich mir für das neue Salewa einen Unterboden besorgt. Das heißt,
Claudia hat mir einen genäht, der besser ist, als jeder gekaufte mit
verstärkten Ecken, den passenden Ösen und sogar mit farbigen
Markierungen.
In dem Augenblick, als ich das Ground Sheet ausgebreitet und mit vier
Erdnägeln im Gras befestigt habe, beginnt es zu regnen und die Tropfen
prasseln energisch auf die Unterlage. Die Situation kommt mir sehr
bekannt vor und ich beeile mich, das Zelt aufzustellen, bevor alles
nassregnet.
Mit Schwung werfe ich die Gepäckrolle und alle meine Klamotten ins Zelt,
krabbele eilig hinterher und mache alle Reißverschlüsse von innen zu. Der
Regen trommelt sanft aufs Zelt, während ich die Therm-A-Rest aus dem
Rack Pack nehme und das kleine schwarze Ventil öffne. Leise zischend
strömt Luft in die Matte. Zwei, drei Atemstöße und sie ist perfekt
aufgepustet. Ich zerre den dicken Daunenschlafsack aus dem Stopfsack
und breite ihn auf der Matte aus. Fertig ist mein Bett. Darauf freue ich
mich schon, denn ich werde ganz sicher nicht friefen. Den Schlafsack hat
Claudia sich bei Kugler in München nach eigenen Vorgaben für ihre
Trecking Touren in der Arktis anfertigen lassen. Er ist mit 1,3 Kilo Daunen
der Kanadagans gefüllt. "Unter -20° solltest du den Reißverschluss
zumachen, oder zumindest einen Pyjama anziehen." hatte Claudia mich
instruiert. Für Dänemark der reinste Overkill, aber ich friere eben schnell.
Inzwischen hat der Regen aufgehört und ich mache mich daran, die
Sturmleinen zu spannen, die ich selten benutze, aber der Ostwind zerrt an
diesem 29. April doch mächtig am Zelt.
Als alles aufgebaut und jedes Teil an seinem Platz ist, mache ich einen
Rundgang durchs Camp. Nur einige Dänen, Deutsche und Holländer
stehen mit weißer Ware auf dem Platz verstreut. Am liebsten stehen sie
ganz nah beieindander. Zelten scheint nicht mehr in Mode zu sein. In den
letzten Jahren habe ich mehrfach beobachtet, wie Campingplätze ihre
Zeltwiesen immer mehr verkleinert haben und stattdessen Parzellen mit
Stromanschluss eingerichtet haben. Egal, ich zelte noch immer gerne und
wenn man erst mal total alt ist, vielleicht 30 oder so, dann hört das
irgendwann sowieso von alleine auf.
Weil es so kalt und windig ist, verlege ich die Küche in die Apsis. So liebe
ich es, mit dem Dubs innen auf dem kuscheligen Schlafsack sitzen und
draußen brutzeln die Rib Eye Steaks, wie man Entrecote auch nennt. Das
ungemütliche Wetter hat aber den großen Vorteil, dass auch die Mücken,
Fliegen und anderes Geziefer noch nicht unterwegs sind und ich in Ruhe
im offenen Zelt sitzen kann.
Die Steaks sind innerhalb weniger Minuten knuspig lecker gebraten. Das
Fettauge in der Mitte, das Gütezeichen des Entrecote, lasse ich mir bis
zum Schluß und zwei kleine Dosen Bier habe ich auch noch im
Tankrucksack. Viel mehr braucht es nicht zum Glücklichsein.
Nach dem Essen gehe ich zum Waschhaus, spüle die Pfanne und das
Geschirr und mache mich anschließend fertig für die Nacht. Die
Waschräume auf Vesterlund Camping sind geheizt und angenehm warm.
Die Waschbecken hingegen sind voll auf Energiesparen ausgerichtet. Man
drückt auf den Knopf am Wasserhahn und hat dann für genau drei
Sekunden Wasser. Ich lerne schnell, mit einer Hand den Knopf
niederzuhalten, während ich die andere Hand wasche. Noch habe ich den
Baumstreichlern ein paar Tricks voraus.
Gerade merke ich, dass ich meine BeBe Abschminktücher vergessen habe
und die Wimperntusche nicht loswerde. Entweder sehe ich morgen früh
aus, wie die Tante von Nosferatu nach einer durchsoffenen Nacht, oder ich
schaffe es, regungslos auf dem Rücken liegend zu schlafen, ohne mich
einmal umzudrehen. Ich tippe schon jetzt auf Lösung A.
Ich verziehe mich schon ganz früh ins Zelt und mache alle Klappen und
Reißverschlüsse von innen zu. Ich hätte nicht gedacht, dass es im April in
Dänemark so kalt sein kann. Ich ziehe mich bis auf die
Thermounterwäsche aus und schlüpfe in den Daunenschlafsack. Eigentlich
möchte ich noch ein wenig lesen, aber dazu kommt es an diesem Abend
nicht mehr. Das Kindle liegt noch eingeschaltet auf meinem Bauch, als ich
einschlafe und es irgendwann später sanft auf den Zeltboden gleitet.
Wird fortgesetzt...
www.svendura.de
stürmische Ostwind die nagelneue Landkarte,
die ich eben erst beim Tanken gekauft habe.
Willkommen in Dänemark. Es ist das lange
Maiwochenende und ich bin unterwegs nach
Norden zum Ringkøbing Fjord. Ein letztes Mal
möchte ich meine Ausrüstung checken, bevor ich
Ende Mai für einen Monat nach Irland fahre.
Bis dahin muss alles perfekt sein und gerade meinem neuen Zelt, dem
Denali III von Salewa, traue ich noch nicht so recht. Taugt es etwas, oder
nicht?
Bei ARAL in Flensburg tanke ich den winzigen 7,7 Liter Tank der KLX noch
einmal randvoll mit dem guten Ultimate 102. In Dänemark gibt es nur
Schonkost für die kleine Kawa. Mehr als 95 Oktan sind selten zu
bekommen und sie ist besseres gewöhnt.
Puh, ist das kalt und windig. In Ribe halte ich an, um eine Tasse heißen
Kaffee zu trinken und bei der Gelegenheit gleich meine Fleecejacke
unterzuziehen. Der Imbiss in Ribe ist wirklich eine Institution. Direkt an
der Durchgangsstraße gelegen bietet er nicht nur ausgezeichnete HotDogs
und Pommes, sondern verblüfft auch mit unglaublich reichhaltigen
Portionen. Wenn ich hier vorbeikomme, dann esse ich jedesmal hier. Aber
heute bleibt es beim Kaffee. Ich will für die Tour in vier Wochen noch ein
paar Kilo abnehmen. Dann reist die Campingausrüstung gewissermaßen
'für Lau' mit.
"Ist hier noch frei?" fragen mich zwei kleine Mädchen von vielleicht 8
Jahren und sehen mich erwartunsvoll an. "Ja, gerne. Nehmt
Platz."erwidere ich und schaue neidisch auf die unglaubliche Riesenportion
Pommes Frites auf einer ovalen Servierschale, die die beiden zwischen
sich auf den Tisch stellen. Es sind die dicken dänischen Pommes mit dem
Wellenschnitt und sie sehen perfekt aus und sie dampfen und... Nein, ich
esse heute abend. Grmpff...
Die nächsten Kilometer sind ebenso eintönig und ereignislos wie die ganze
Strecke durch Dänemark. Wie mit dem Lineal gezogen, verlaufen die
Straßen schnurgerade bis zum Horizont. Der stramme Ostwind nervt und
ich segele bei Seitenwind in leichter Schräglage stur mit 94 km/h
Kilometer um Kilometer vor mich hin. Der Drehzahlmesser der KLX steht
bei 6.000 U/min und damit gute 4.500 Umdrehungen unterhalb der roten
Marke.
In Varde fahre ich zum Tanken auf eine SHELL-Station. Wie so oft in
Skandinavien ist es eine Automatentankstelle, mit denen ich schon
häufiger Probleme hatte, weil ich einfach nicht begriffen habe, wie man sie
bedient. Misstrauisch stehe ich vor dem Automaten und studiere die
Bedienungsanleitung. Ein Däne, dessen Auto gerade in der Waschanlage
bearbeitet wird, hat wohl meine Ratlosigkeit bemerkt und kommt zu mir
herüber: "Brauchst du Hilfe?", fragt er mich und spricht es wie "Hieelfe"
aus, was total süß klingt. "Ja, bitte.", freue ich mich. VISA-Card rein,
Sprache deutsch wählen, Tanksäule #2, Rüssel rein und...nix. Ach ja, an
der Zapfpistole noch die Oktanzahl wählen: 95. Alles ganz einfach, aber
man braucht eine VISA-Karte mit PIN, die ich mir nach meiner
Schwedentour im letzten Jahr extra zum Tanken in Skandinavien besorgt
habe.
Obwohl es sicher 12° C sind, ist mir kalt. Das macht vermutlich der starke
Wind. Ich bin froh, als ich in Varde an einem Supermarkt vorbeikomme.
Das ist die Gelegenheit, mich etwas aufzuwärmen und gleich noch ein paar
Kleinigkeiten fürs Abendessen zu besorgen. Obwohl Sonntag ist, haben die
Supermärkte geöffnet.
Ich stelle das Motorrad neben dem Eingang zwischen den Gartenartikeln
ab, hänge Helm und Handschuhe an den Lenker und stiefele in den Laden.
Gleich hinter dem Drehkreuz haben die Smørrebrøds, wie ich die Dänen
insgeheim liebevoll nenne, ganz hinterhältig eine Truhe mit besonderen
Spezialitäten zur Eröffnung der Grillsaison platziert. Die Entrecotes sehen
anbetungswürdig aus.
Ich habe zwar Grillfleisch von zuhause im Tankrucksack, aber das können
dir mir im Laden ja nicht beweisen und so lege ich mit Unschuldsmine,
gerade so, als sei es die normalste Sache der Welt, ganz beiläufig ein paar
Entrecotes in den Einkaufskorb. Auf Brot verzichte ich, weil ich auf Diät bin
und lege stattdessen nur eine Flasche Sauce Bernaise dazu. So ein
Blubberlutsch kann eigentlich nicht viele Kalorien haben und außerdem
ist der ja mit Kräutern.
Jetzt ist es nicht mehr weit zum Campingplatz. Im Internet habe ich mir
mit Google Maps und Street View einen besonders kleinen und
abgeschiedenen Platz ausgesucht. Vesterlund Camping ist ein Platz nach
meinem Geschmack: Er bietet nichts außer Ruhe, Frieden und einer
weichen, dick bemoosten Wiese mit vielen Gänseblümchen. Kein
Freizeitangebot, kein großer Spielplatz, kein Remmidemmi. Das Gelände
grenzt direkt an einen Truppenübungsplatz an, was sehr interessant ist,
denn ich wusste gar nicht, dass die Dänen auch so eine Art Armee haben
mit richtigen Schießgewehren, Panzern und dem ganzen Zeug.
Ich wähle mir den am weitesten entlegenen Platz ganz hinten am
Waldrand und habe das riesige Gelände für mich allein. Ich bin die einzige
mit einem Zelt und die nächsten Nachbarn stehen mit ihrem Wohnwagen
ein halbes Fußballfeld weit weg. Nach meiner Erfahrung in Schottland
letztes Jahr, als das Wasser von unten durch den Zeltboden gedrückt hat,
habe ich mir für das neue Salewa einen Unterboden besorgt. Das heißt,
Claudia hat mir einen genäht, der besser ist, als jeder gekaufte mit
verstärkten Ecken, den passenden Ösen und sogar mit farbigen
Markierungen.
In dem Augenblick, als ich das Ground Sheet ausgebreitet und mit vier
Erdnägeln im Gras befestigt habe, beginnt es zu regnen und die Tropfen
prasseln energisch auf die Unterlage. Die Situation kommt mir sehr
bekannt vor und ich beeile mich, das Zelt aufzustellen, bevor alles
nassregnet.
Mit Schwung werfe ich die Gepäckrolle und alle meine Klamotten ins Zelt,
krabbele eilig hinterher und mache alle Reißverschlüsse von innen zu. Der
Regen trommelt sanft aufs Zelt, während ich die Therm-A-Rest aus dem
Rack Pack nehme und das kleine schwarze Ventil öffne. Leise zischend
strömt Luft in die Matte. Zwei, drei Atemstöße und sie ist perfekt
aufgepustet. Ich zerre den dicken Daunenschlafsack aus dem Stopfsack
und breite ihn auf der Matte aus. Fertig ist mein Bett. Darauf freue ich
mich schon, denn ich werde ganz sicher nicht friefen. Den Schlafsack hat
Claudia sich bei Kugler in München nach eigenen Vorgaben für ihre
Trecking Touren in der Arktis anfertigen lassen. Er ist mit 1,3 Kilo Daunen
der Kanadagans gefüllt. "Unter -20° solltest du den Reißverschluss
zumachen, oder zumindest einen Pyjama anziehen." hatte Claudia mich
instruiert. Für Dänemark der reinste Overkill, aber ich friere eben schnell.
Inzwischen hat der Regen aufgehört und ich mache mich daran, die
Sturmleinen zu spannen, die ich selten benutze, aber der Ostwind zerrt an
diesem 29. April doch mächtig am Zelt.
Als alles aufgebaut und jedes Teil an seinem Platz ist, mache ich einen
Rundgang durchs Camp. Nur einige Dänen, Deutsche und Holländer
stehen mit weißer Ware auf dem Platz verstreut. Am liebsten stehen sie
ganz nah beieindander. Zelten scheint nicht mehr in Mode zu sein. In den
letzten Jahren habe ich mehrfach beobachtet, wie Campingplätze ihre
Zeltwiesen immer mehr verkleinert haben und stattdessen Parzellen mit
Stromanschluss eingerichtet haben. Egal, ich zelte noch immer gerne und
wenn man erst mal total alt ist, vielleicht 30 oder so, dann hört das
irgendwann sowieso von alleine auf.
Weil es so kalt und windig ist, verlege ich die Küche in die Apsis. So liebe
ich es, mit dem Dubs innen auf dem kuscheligen Schlafsack sitzen und
draußen brutzeln die Rib Eye Steaks, wie man Entrecote auch nennt. Das
ungemütliche Wetter hat aber den großen Vorteil, dass auch die Mücken,
Fliegen und anderes Geziefer noch nicht unterwegs sind und ich in Ruhe
im offenen Zelt sitzen kann.
Die Steaks sind innerhalb weniger Minuten knuspig lecker gebraten. Das
Fettauge in der Mitte, das Gütezeichen des Entrecote, lasse ich mir bis
zum Schluß und zwei kleine Dosen Bier habe ich auch noch im
Tankrucksack. Viel mehr braucht es nicht zum Glücklichsein.
Nach dem Essen gehe ich zum Waschhaus, spüle die Pfanne und das
Geschirr und mache mich anschließend fertig für die Nacht. Die
Waschräume auf Vesterlund Camping sind geheizt und angenehm warm.
Die Waschbecken hingegen sind voll auf Energiesparen ausgerichtet. Man
drückt auf den Knopf am Wasserhahn und hat dann für genau drei
Sekunden Wasser. Ich lerne schnell, mit einer Hand den Knopf
niederzuhalten, während ich die andere Hand wasche. Noch habe ich den
Baumstreichlern ein paar Tricks voraus.
Gerade merke ich, dass ich meine BeBe Abschminktücher vergessen habe
und die Wimperntusche nicht loswerde. Entweder sehe ich morgen früh
aus, wie die Tante von Nosferatu nach einer durchsoffenen Nacht, oder ich
schaffe es, regungslos auf dem Rücken liegend zu schlafen, ohne mich
einmal umzudrehen. Ich tippe schon jetzt auf Lösung A.
Ich verziehe mich schon ganz früh ins Zelt und mache alle Klappen und
Reißverschlüsse von innen zu. Ich hätte nicht gedacht, dass es im April in
Dänemark so kalt sein kann. Ich ziehe mich bis auf die
Thermounterwäsche aus und schlüpfe in den Daunenschlafsack. Eigentlich
möchte ich noch ein wenig lesen, aber dazu kommt es an diesem Abend
nicht mehr. Das Kindle liegt noch eingeschaltet auf meinem Bauch, als ich
einschlafe und es irgendwann später sanft auf den Zeltboden gleitet.
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