Hallo Gerry
erstmal am Allerwichtigsten: Dir ist nichts passiert...
in Beantwortung Deiner Anfrage andernorts (dort wo Toeffsüchtige ihr Unwesen treiben) komme ich zu folgendem Ergebnis:
Erstmal müsste man wissen:
Stehende Kollonne überholt oder fahrende Kollonne?
Stehende Kollonnen dürfen Motorradfahrer in der CH auf einspurigen Strecken nicht überholen. Sie müssen ihren Platz in der Kolonne beibehalten. (Soviel zur Theorie. Ich halte mich auch nicht drann, naja nicht immer.).
Fahrende Kollonnen darf man überholen, solange kein Überholverbot besteht (sprich kein entsprechendes Verbotsschild, keine durchgezogene Sicherheitslinie, keine Kuppe kommt, keine unübersichtliche Kreuzung oder Kurve kommt und solange das Wiedereinspuren möglich ist usw.).
Für Überholende in der CH gilt Art. 35 Strassenverkehrsgesetz und hier insbesondere Absatz 3:
Art. 35
Kreuzen, Überholen
1 Es ist rechts zu kreuzen, links zu überholen.
2 Überholen und Vorbeifahren an Hindernissen ist nur gestattet, wenn der nötige Raum übersichtlich und frei ist und der Gegenverkehr nicht behindert wird. Im Kolonnenverkehr darf nur überholen, wer die Gewissheit hat, rechtzeitig und ohne Behinderung anderer Fahrzeuge wieder einbiegen zu können.
3 Wer überholt, muss auf die übrigen Strassenbenützer, namentlich auf jene, die er überholen will, besonders Rücksicht nehmen.
4 In unübersichtlichen Kurven, auf und unmittelbar vor Bahnübergängen ohne Schranken sowie vor Kuppen darf nicht überholt werden, auf Strassenverzweigungen nur, wenn sie übersichtlich sind und das Vortrittsrecht anderer nicht beeinträchtigt wird.
5 Fahrzeuge dürfen nicht überholt werden, wenn der Führer die Absicht anzeigt, nach links abzubiegen, oder wenn er vor einem Fussgängerstreifen anhält, um Fussgängern das Überqueren der Strasse zu ermöglichen.
6 Fahrzeuge, die zum Abbiegen nach links eingespurt haben, dürfen nur rechts überholt werden.
7 Dem sich ankündigenden, schneller fahrenden Fahrzeug ist die Strasse zum Überholen freizugeben. Wer überholt wird, darf die Geschwindigkeit nicht erhöhen.
Soviel mal zu Deiner Seite.
Aber auch die Autolenkerin hat Pflichten gemäss Art. 34 Abs. 3 SVG:
Art. 34
1 Fahrzeuge müssen rechts, auf breiten Strassen innerhalb der rechten
Fahrbahnhälfte fahren. Sie haben sich möglichst an den rechten Strassenrand
zu halten, namentlich bei langsamer Fahrt und auf unübersichtlichen
Strecken.
2 Auf Strassen mit Sicherheitslinien ist immer rechts dieser Linien zu
fahren.
3 Der Führer, der seine Fahrrichtung ändern will, wie zum Abbiegen,
Überholen, Einspuren und Wechseln des Fahrstreifens, hat auf den
Gegenverkehr und auf die ihm nachfolgenden Fahrzeuge Rücksicht zu
nehmen.
4 Gegenüber allen Strassenbenützern ist ausreichender Abstand zu
wahren, namentlich beim Kreuzen und Überholen sowie beim Neben und
Hintereinander fahren.
Art. 39
Zeichengebung
1 Jede Richtungsänderung ist mit dem Richtungsanzeiger oder durch deutliche Handzeichen rechtzeitig bekannt zu geben. Dies gilt namentlich für:
a.
das Einspuren, Wechseln des Fahrstreifens und Abbiegen;
b.
das Überholen und das Wenden;
c.
das Einfügen eines Fahrzeuges in den Verkehr und das Anhalten am Strassenrand.
2 Die Zeichengebung entbindet den Fahrzeugführer nicht von der gebotenen Vorsicht.
Nun zur Subsumption (davon sprechen Juristen, wenn sie das Gesetz auf die Sachlage knallen):
Betrachten wir uns den Fall, so stellen sich diverse Detailfragen:
Hat die Autolenkerin geblinkt und wenn ja, wann? Wie lange bevor Du bei ihrem Fahrzeug eingetroffen bist? Und hätte diese Zeit gereicht, damit Du abbremmsen kannst? Vermute mal aufgrund der Spuren, dass das nicht der Fall ist. Du hast sie nicht von hinten gerammt (also das Fahrzeug mein ich

), sondern sie hat Dich seitlich gerammt.
Das beweist, dass Du auf gleicher Höhe warst, als sie ausgeschert ist.
Wenn es jetzt nicht so war, dass Du Ihr Blinken (nein nicht das der Augenwimpern) viel früher gesehen hast oder hättest sehen können und müssen und dann noch auf die schnelle vorbeiziehen wolltest,
und wenn Du dort an dieser Stelle überholen durftest (siehe Art. 34)
und wenn Du deine Geschwindigkeit im Bereich des erlaubten gehalten hast (auch zum Überholen darf man nicht schneller, als erlaubt!)
und wenn Du keine erkennbaren Anzeichen hattest, dass sie unaufmerksam sein oder einen Fehler begehen wird
und wenn Du ... naja es gibt immer noch Details, die man kennen müsste, aber das wären mal die Wichtigsten
dann, ja dann wärst Du meiner bescheidenen Meinung nach raus aus dem Schneider.
Grund: Bestraft wird Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt zu der er in der entsprechenden Situation fähig war, nicht beachtet. Das setzt voraus, dass die Kollision für Dich voraussehbar war und dass sie für Dich vermeidbar war.
Wenn das alles nicht zutrifft, kann man Dir keine Sorgfaltspflichtsverletzung vorwerfen.
Vorausgesetzt, Du durftest an der entsprechenden Stelle überholen, trägt die gute Dame die alleinige Verantwortung.
Sie konnte und musste sich zuerst vergewissern, dass von hinten kein Verkehr kommt, bevor sie abbiegt.
Sie musste auch dem Gegenverkehr den Vortritt lassen.
Was sie nicht musste: Sie musste nicht mit einem Motorradfahrer in Überschallgeschwindigkeit rechnen, der es schafft aus dem Nichts aufzutauchen, nachdem sie den rückwärtigen Verkehr inklusive Seitenblick bereits korrekt überprüft, den Blinker gestellt hatte und sich anschickte, abzubiegen. Denn sie kann nicht zeitgleich nach Hinten und nach Vorne schauen.
Ein ganz ähnliches Beispiel, das Dir weiterhelfen könnte, falls Du mal Aussagen machen musst, findest Du vom höchsten Schweizer Gericht hier:
http://relevancy.bger.ch/php/clir/h...IV-83%3Ade&number_of_ranks=12878&azaclir=clir
So wer bis hierher gelesen hat, hat meine Bewunderung. Ich lese es nicht nochmals durch...
Gruss
alex37