Die folgenden in Art. 1 bis 19 im Grundgesetz (GG) verbrieften Grundrechte waren oder sind derzeit noch (teilweise) eingeschränkt. Die damit verbundenen Fragen sind höchst komplex und die Auflistung versteht sich eher beispielhaft und ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Art. 2 Abs. 1 GG: Freie Entfaltung der Persönlichkeit
Mit Quarantäneanordnungen, Vorgaben für Kontaktreduzierungen und anderen Maßnahmen greift der Staat in das Recht der Freiheit der Person ein, etwa wenn Großeltern oder Freunde nicht mehr besucht werden können. Auch das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit ist eingeschränkt, wenn beispielsweise Geschäfte oder Betriebe geschlossen werden müssen.
Art. 4 Abs. 1 und 2 GG: Religionsfreiheit
Die bundesweiten Versammlungsverbote griffen zu Beginn der Pandemie massiv und beispiellos in die Religionsfreiheit von Christen, Juden, Muslimen und anderen Religionsgemeinschaften ein. Jeder Gottesdienst gilt als öffentliche Versammlung, die nicht mehr oder nur eingeschränkt stattfinden konnte. Die Freiheit der Religionsausübung war damit eingeschränkt. Allerdings haben die Religionsgemeinschaften diesen Einschnitten selbst zugestimmt. Christen waren besonders über die Oster- und Weihnachtsfeiertage betroffen, Muslime während des Fastenmonats Ramadan, Juden beim Pessachfest. Inzwischen wurden die Regelungen stark gelockert.
Art. 8 GG: Versammlungsfreiheit
Die Bundesländer haben unterschiedliche Versammlungsverbote erlassen und greifen damit in die Versammlungsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger ein. Dieses Grundrecht, das eng mit der Meinungsfreiheit verbunden ist, ist eines der zentralen Elemente eines freiheitlich-demokratischen Staates. Am 15. April 2020 hat allerdings das Bundesverfassungsgericht an den Wert des Grundrechts erinnert und in einem Beschluss deutlich gemacht, dass pauschale Verbote von Demonstrationen nicht verfassungskonform sind. Unter Einhaltung besonderer Schutzmaßnahmen (Höchstzahl von Teilnehmenden, Abstandsgebot usw.) und nach Einzelfallprüfungen können seither Demonstrationen wieder stattfinden.
Art. 11 Abs. 1 und 2 GG: Recht der Freizügigkeit
Manche Bundesländer haben zu Beginn der Pandemie die Einreise von Personen aus anderen Bundesländern verboten und damit das Recht auf Freizügigkeit praktisch außer Kraft gesetzt. Besonders drastisch waren dabei Fälle, bei denen etwa ein Besitzer einer Zweitwohnung in einem anderen Bundesland nicht in sein Eigentum konnte. Berührt war damit auch Art. 14 Abs. 1 GG (Eigentumsgarantie), weil Bürgerinnen und Bürger nicht mehr frei über ihr Eigentum verfügen können. Auch die Schließung der europäischen Binnengrenzen war in vielerlei Hinsicht eine Einschränkung der Reise- und Bewegungsfreiheit. Damit war europäisches Recht berührt. Schrittweise wurden die Grenzschließungen wieder aufgehoben.
Art. 12, Abs. 1 GG: Berufsfreiheit
Dieser Grundgesetzartikel garantiert die freie Berufswahl und die freie Berufsausübung. Vor allem Letztere war durch die Schließung von nicht systemrelevanten Einzelhandelsgeschäften massiv eingeschränkt worden. Auch hier gibt es inzwischen weitreichende Lockerungen, aber eben auch ein Fortdauern der Beschränkungen in zahlreichen Bereichen wie Gastronomie, Hotellerie oder im Kulturbereich (Theater, Oper, Konzerte, Kinos usw.).
Art. 13 Abs. 1 GG: Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung
Mit entsprechender Ermächtigung kann ein Amtsarzt unter Anwendung von Zwang die Wohnung einer infizierten Person betreten. Das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung ist damit beschränkt.
Darüber hinaus sind viele weitere elementare Rechte der Bürgerinnen und Bürger von den Corona-Maßnahmen betroffen. Vor allem das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Datenschutz), das vom Bundesverfassungsgericht in den Achtzigerjahren entwickelt wurde, steht hier in der Diskussion, wenn es etwa um die Übermittlung von Mobilfunkdaten an das Robert-Koch-Institut oder um die
Corona-Tracing-App geht.