@Gerd
Ohne eine Grundsatzdiskussion lostreten zu wollen:
Das von Dir auf der Powerboxerseite "Heimwerkermethode" genannte Bremsentlüftungsverfahren (so m.E. etwas abwertend
) ist DAS alte Werkstattverfahren. So hab ich's noch in den 60ern in Markenwerkstätten gelernt. Damals stand bei fast jedem Gesellen ein "Stift" (die heißen heute "Auszubildende", sind zumeist mindestens ähnlich lernresistent
und, schlimmer noch, mangels frühzeitig erfolgter Erziehungs- u. später zugelassener, wirksamer Gegenmaßnahmen
gegen "Resistenz" und "Renitenz", deutlich mehr "renitent"
). Beim Moped braucht's kaum zwei Leute zum Entlüften (der damals praktisch nicht vorhandenen) hydraulischen Bremsen, bei Pkws war das dann schon anders. Aber erst mit Zunahme der Verbreitung hydraulischer Bremsen und gleichzeitiger Optimierung der Arbeitsvorgänge wurden Druckentlüftungssysteme eingeführt, die einem einzelnen! Mann das Entlüften selbst von (immer weitere Verbreitung findenden) Mehrkreissystemen erlaubten (je nach Auslegung 4-8 Entlüftungsnippel, und das alles noch ohne ABS).
Das Verfahren ist, sachgerecht ausgeführt, auch heute noch problemlos in der Lage, auch "Lufttaschen" freizuspülen (Letzterwähnte waren bei vielen Kombis in den 70ern die Regelventile für die Hinterachsbremsen, die erhöht, über der Hi-Achse liegend an der Karosserie befestigt , mechanisch mit der Achse gekoppelt waren, um lastabhängig ein Überbremsen der Hi-Achse zu verhindern), 's kostet halt mehr Zeit o. benötigt mehr Personalaufwand.
Besagtes Verfahren ist übrigens auch heute noch durchaus verbreitet (wenn vllt auch nicht bei BMW
), findet man es doch z.B. auf Seite 327 von 517 des "Triumph Speed Triple" Werkstatthandbuches (mir vorliegend Auflage 1/2005), im Abschnitt "Bleeding Brakes/1.16" des "2009 Dyna Repair Manuals" u. vielen anderen.
Warum ich den von Dir beschworenen Dreck (Wasser, Rost?, Bremsabrieb), der über den Dichtring in die Bremsflüssigkeit gelangen könnte, erst noch den oberhalb der Sättel liegenden, normalerweise davon unberührten (empfindlichen) Hydraulikkomponenten zumuten muss, entzieht sich meinem Verständnis
(auch wenn der Vorgang so werksseitig vorgesehen wurde
). Enlüfte/Spüle ich "von oben", geht der Schlunz auf kürzestem Wege aus dem System, ohne vorher noch andere Hydraulikkomponenten zu verschmutzen. Übrigens haben alle meine Motorradbremssättel Edelstahl o. Titankolben, da rostet nichts (und die Sättel an meinen Autos, soweit sie rostende Stahlkolben haben, haben Staubmanschetten, die jährlich, anlässlich des Bremsflüssigkeitswechsel auch erneuert werden, da rostet auch nichts. Die "Endless"-Sättel meines 850 hatten sowas nicht, aber da waren die Kolben auch aus Edelstahl
). Der "Spalt" zwischen Dichtring u. Bremskolben ist kein solcher! Trocken gäbe es ihn nicht, die Dichtungen lägen direkt auf den Kolben auf, aber dann würde der Dichtring extrem schnell verschleissen (wenn denn Bewegung zw. Dichtung u. Kolben vorhanden ist). Tats. ist bei allen schleifenden Dichtungen (auch bei Wellendichtringen) immer ein wenige Moleküle dicker Flüssigkeitsfilm vorhanden (Dicke abhängig von der Flüssigkeit und weiteren Parametern), der die Dichtlippe/-fläche vom Gegenpart trennt und so für Schmierung der Dichtung u. minimalen Verschleiss sorgt. Nur über diese Verbindung kann im Bremskolbenbereich Wasser in die Bremsflüssigkeit gelangen. Die sehr geringe Relativbewegung der Bremskolben gegen die Dichtung (ein Bruchteil der Dichtungsbreite bei nicht zu stark taumelnder Scheibe o. Rdlagern mit viel Spiel) reduziert aber auch das auf ein Minimum, da ist kein kontinuierlich geschlossener Flüssigkeitsmantel zw. Dichtring u. Kolben vorhanden.
Grüße
Uli